Die Beklagte ist nicht berechtigt, eine 1,1-Verfahrensgebühr festsetzen zu lassen. Nach den Angaben der Beklagtenvertreter waren sie für das Berufungsverfahren mandatiert. Dem hat der Kläger zuletzt nicht widersprochen. Zudem hat der Beklagtenvertreter dargelegt, dass eine Unterrichtung der Beklagten über die eingelegte Berufung erfolgt und die zugestellte Berufungsschrift übersandt worden sei. Weitere Tätigkeiten – wie etwa weitere Recherchen oder ein Beratungsgespräch mit der Beklagten über die Reaktion auf die Berufung – wurden nicht dargetan und waren in Ermangelung einer Berufungsbegründung auch noch nicht angezeigt. Schriftsätze wurden nicht gefertigt, insbesondere kein Sachantrag gestellt.

Nach Auffassung der Kammer ist in diesem Fall keine zur zweiten Instanz gehörende Tätigkeit entfaltet worden.

Grundsätzlich besteht in Lit. und Rspr. Uneinigkeit darüber, wann eine zur zweiten Instanz gehörige und damit Gebühr nach Nrn. 3200, 3201 VV auslösende Befassung der Sache anzunehmen ist (vgl. Gerold/Schmidt/Müller-Rabe, RVG, 18. Aufl., Nr. 3200 Rn 16 ff. und § 19 Rn 95 ff. m. w. Nachw.)

Die Aussage, dass dies bereits mit der "Entgegennahme der Information" der Fall sein soll, ist insoweit irreführend, da hiermit die bloße Entgegennahme der Berufungsschrift nicht gemeint sein kann. Diese ist gem. § 19 Abs. 1 Nr. 9 RVG ausdrücklich als Teil der vorausgegangenen Instanz benannt. Hierzu gehört nach Auffassung des Gerichts auch die Übersendung der Rechtsmittelschrift an die Mandantschaft.

Weitere Tätigkeiten werden vorliegend beklagtenseits nicht dargetan. Zwar lag eine Mandatierung für die Berufungsinstanz vor, jedoch führt allein die Mandatierung ohne weiteres Tätigwerden bzw. ohne weitere Beschäftigung mit der Sache nicht zum Entstehen der Verfahrensgebühr.

Da vorliegend die Berufungsschrift keine – als Zulässigkeitsvoraussetzung notwendige – Begründung enthielt (Gerold/Schmidt/Müller-Rabe) RVG, 18. Aufl. § 19 Rn 102 a.E.). somit ein weiteres Handeln beklagtenseits noch nicht veranlasst worden und demgemäß auch tatsächlich weder eine weitere Beschäftigung mit der Sache erfolgt noch Stellungnahmen gefertigt wurden, ist keine zur Berufungsinstanz gehörende Tätigkeit geführt worden.

Die 1,1-Verfahrensgebühr gem. Nrn. 3200, 3201 VV ist nicht entstanden.

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ludwig Kratz jun., Sirzenich

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