Das OLG Karlsruhe schließt sich mit seiner Auffassung der wohl auch in der Rechtsprechung überwiegenden Gepflogenheit an, für Statusprozesse auf Aktiv- und Passivseite Prozesskostenhilfe zu bewilligen.[1] Der BGH[2] hat die grundsätzliche Beiordnung in Statusprozessen bisher zwar nur auf der Passivseite diskutiert. Indes ist der Begründung seiner Entscheidung zu entnehmen, dass auch er in Statusprozessen die anwaltliche Beiordnung wegen der existenziellen Bedeutung der Angelegenheit grundsätzlich für erforderlich hält. Bei einer Differenzierung würde die Bewilligung von Prozesskostenhilfe auch davon abhängen, wer zuerst die Vaterschaft angefochten hat. Das wäre ein reines Zufallsergebnis und sachlich nicht zu rechtfertigen. Die gegenteiligen Auffassungen,[3] die die Beiordnung bei der Vaterschaftsfeststellung nur eingeschränkt zulassen wollen und zusätzlich zwischen Kläger und Beklagten differenzieren, dürften gegen die Verpflichtung der Gerichte zur Gewährung effektiven Rechtsschutzes verstoßen und damit das verfassungsrechtlich geschützte Willkürverbot tangieren.

Das OLG geht deshalb zutreffend davon aus, in Vaterschaftsfeststellungsprozessen aus Gründen der Waffengleichheit grundsätzlich selbst dem klagenden Kind Prozesskostenhilfe zu bewilligen. Denn in der Tat knüpft die Statusfeststellung an wichtige Rechtsfolgen – Unterhaltspflicht und erbrechtliche Ansprüche – an, die gleichermaßen für Beklagten- und Klägerseite gelten. Die diesbezügliche Begründung des OLG dürfte ihre Grundlage in einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts bereits aus dem Jahre 2001[4] gefunden haben, wonach in einem Verfahren mit Amtsermittlungsgrundsatz der unbemittelten Partei grundsätzlich Prozesskostenhilfe zu bewilligen und ein Anwalt beizuordnen ist, wenn eine bemittelte Partei vernünftigerweise einen Anwalt mit ihrer Vertretung beauftragt hätte. Der Grundsatz der Waffengleichheit ist ausdrücklich in § 121 Abs. 2 ZPO normiert, weshalb sich die immer wieder neu entfachende Diskussion jedenfalls nach geltendem Recht fast verbietet, obwohl die Frage der Anwendbarkeit auf Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit in der Vergangenheit streitig gewesen ist.

Es bleibt zu hoffen, dass die Entscheidung des OLG auch der für Anwälte leidigen Diskussion um die Inanspruchnahme einer anderweitigen zumutbaren Hilfe des Rechtsuchenden durch die Jugendämter ein Ende bereitet. Denn das OLG befürwortet die Erforderlichkeit der Anwaltsbeiordnung auch dann, wenn die Möglichkeit der Einrichtung einer kostenlosen Beistandschaft nach § 52a SGB VIII in Betracht komme, da es sich dabei lediglich um ein freiwilliges Hilfsangebot handelt, zu dessen Inanspruchnahme der Hilfesuchende nicht gezwungen werden könne. Liest man § 52a SGB VIII einmal aufmerksam, so ist der Formulierung der Vorschrift auch gerade zu entnehmen, dass es sich um einen zielgerichteten Auftrag an die Jugendämter handelt, entsprechende Angebote bereit zu halten, es nicht aber Sinn und Zweck sein soll, die Staatskassen zu entlasten. Dabei weist das OLG schließlich zutreffend darauf hin, dass die Ablehnung der Beistandschaft keine Mutwilligkeit i.S.d. § 114 S. 1 ZPO darstellen kann, da das Gesetz die Wahl des sichersten Weges nicht sanktioniert.

Allerdings wird die Diskussion mit dem Inkrafttreten des FamFG am 1.9.2009 für Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit neu entfacht werden, da nach der Begründung[5] des Gesetzgebers und auch nach dem von § 121 Abs. 2 ZPO abweichenden Wortlaut der Vorschrift für die Beiordnung nach § 78 Abs. 2 FamFG nicht mehr die Schwere des Eingriffs, sondern nur die Schwierigkeit der Sach- und Rechtslage maßgeblich ist und die Rechte der Beteiligten auch durch die Bestellung eines Verfahrenspflegers gewahrt werden können (§ 276 FamFG). § 78 Abs. 2 FamFG nimmt dem Rechtssuchenden den bislang auch durch das Bundesverfassungsgericht hervorgehobenen Grundsatz der Waffengleichheit. Der Gesetzgeber meint, die Gesetzesänderung sei deshalb geboten, weil es sich in Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit um nichtkontradiktorische Verfahren handele und der Grundsatz der Waffengleichheit auf die Besonderheiten des Zivilprozesses abstelle, in denen die Parteien die alleinige Verantwortung für die Beibringung der entscheidungsrelevanten Tatsachen tragen.[6] Diese Änderung des Gesetzgebers wird verfassungsrechtlichen Erwägungen daher voraussichtlich nicht standhalten und leider wieder einmal zu vielen vermeidbaren Rechtsmitteln und schließlich zur klärenden Beurteilung des BVerfG führen müssen.

Rechtsanwältin Lotte Thiel, Koblenz

[1] OLG Hamm AnwBl 1988, 79; OLG Düsseldorf FamRZ 1995, 241; OLG Frankfurt NJW 2007, 230.
[3] OLG Schleswig FamRZ 2004, 1881; OLG Bamberg FamRZ 1997, 377; OLG Bremen FamRZ 1989, 1104.
[4] BVerfG FamRZ 2002, 531.
[5] BT-Drucks 16/6308, 214.
[6] BT-Drucks a.a.O.

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