1. Allgemein

Gem. § 115 Abs. 1 S. 3 Nr. 1 bis 4 ZPO sind vom Einkommen verschiedene Beträge abzusetzen. Dabei handelt es sich überwiegend z.B. um Steuern, Sozialversicherungsbeiträge, Versicherungsbeiträge, Werbungskosten, Freibeträge für Erwerbstätige, für die Partei und Ehegatten und unterhaltsberechtigte Kinder, Kosten für Unterkunft und Heizung sowie Mehrbedarfe.

Neben diesen genannten Abzügen kommen weitere Abzüge gem. § 115 Abs. 1 S. 3 Nr. 5 ZPO in Betracht (besondere Belastungen). Hierunter fallen insbesondere diejenigen Belastungen, die durch den Regelsatz für den laufenden Bedarf i.S.d. § 28 SGB XII nicht gedeckt sind. Dieser Umstand allein führt jedoch noch nicht zu einer direkten Berücksichtigung der Belastung, sondern diese muss zudem auch angemessen sein (Reichling, in: BeckOK ZPO, Vorwerk/Wolf, 48. Ed., Stand: 1.3.2023, § 115 Rn 43). Es kommen Belastungen jeder Art und Höhe sowie Dauer infrage, sie müssen dabei aber über das Übliche hinausgehen (Lissner/Schmidt/Dietrich, a.a.O., Rn 69). Diese "Härteklausel" ermöglicht einen Spielraum für den Entscheider, um den Antragsteller vor unangemessenen Einschränkungen zu bewahren (Smid/Hartmann, in: Wieczorek/Schütze, ZPO, 5. Aufl., 2022, § 115 Rn 16). Die Entscheidung steht dabei im pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts und ist stets nach dem Einzelfall zu prüfen. Faktoren zur Prüfung sind dabei zum einen der Anlass der Belastung, die Höhe – auch im Verhältnis zum Einkommen – der Belastung und zum anderen der Zeitpunkt ihrer Entstehung (Lissner/Schmidt/Dietrich, a.a.O., Rn 70).

2. Rundfunkgebühren

In Rspr. und Lit. ist es streitig, ob Rundfunk- und Fernsehgebühren im PKH- und VKH-Recht als besondere Belastungen i.S.d. § 115 Abs. 3 S. 1 Nr. 5 ZPO in Abzug gebracht werden können.

Das OLG Braunschweig vertritt vorliegend die Ansicht, dass diese nicht vom sozialhilferechtlichen Regelsatz umfasst und daher absetzbar sind (so auch LSG Erfurt, Beschl. v. 15.2.2022 – L 1 SV 219/21 B; OLG Frankfurt, Beschl. v. 28.12.2015 – 4 WF 174/15; Schultzky, in: Zöller, ZPO, 34. Aufl., 2022, § 115 Rn 46; Reichling, in: BeckOK ZPO, a.a.O., § 115 Rn 43.1; Gottschalk/Schneider, in: Gottschalk/Schneider, Prozess- und Verfahrenskostenhilfe, Beratungshilfe, 10. Aufl., 2022, Rn 313; Schneider, NZFam 2022, 713). Argumentiert wird dies damit, dass diese bei der Bemessung und Berechnung der den Freibeträgen gem. § 115 Abs. 1 S. 3 Nr. 1b und Nr. 2a und b ZPO zugrunde liegenden sozialhilferechtlichen Regelsätze nicht berücksichtigt sind. Gebühren für Rundfunk und Fernsehen (GEZ) sind bei den regelbedarfsrelevanten Verbrauchsausgaben in Abteilung 09 für Erwachsene i.S.d. § 5 RBEG weiterhin nicht zu berücksichtigen, da Leistungsberechtigte nach dem SGB XII und dem SGB II von der Zahlung bundesweit befreit sind (BR-Drucks 486/20, 28 – Entwurf eines Gesetzes zur Ermittlung von Regelbedarfen und zur Änderung des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch sowie des Asylbewerberleistungsgesetzes; so auch schon früher BT-Drucks 17/3404, 62). Für Nichtleistungsempfänger führt diese Regelung dazu, dass der öffentlich-rechtliche Rundfunkbeitrag als einkommensmindernd bei der Berechnung des einzusetzenden Einkommens berücksichtigt werden kann (LAG Hamm, Beschl. v. 30.1.2023 – 14 Ta 210/22).

Nach der Gegenmeinung sind Rundfunk- und Fernsehgebühren (GEZ) aus dem persönlichen Freibetrag der Hilfe suchenden Partei zu bestreiten und daher nicht gesondert abzugsfähig (MüKo-ZPO/Wache, 6. Aufl., 2020, § 115 Rn 54; Fischer, in: Musielak/Voit, ZPO, 20. Aufl., 2023, § 115 Rn 31; Lissner/Dietrich/Schmidt, a.a.O., Rn 62a; OLG Celle FamRZ 2018, 1592 f.; VGH München, Beschl. v. 4.3.2016 – 12 C 14.2069 – BeckRS 2016, 44853; OLG Saarbrücken, Beschl. v. 2.1.2013 – 6 WF 420/12; LAG Mainz, Beschl. v. 7.2.2012 – 3 Ta 266/11 – BeckRS 2012, 66393; streitig: Giers, in: Praxishandbuch Familienrecht, Werkstand: 42. EL, Juni 2022, Teil W Verfahrenskostenhilfe, Rn 85). Diese Beiträge zählen zu den Kosten der allgemeinen Lebensführung. Der Beitrag für Rundfunk- und Fernsehgebühren ist im Rahmen der Regelbedarfsermittlung nur deswegen nicht in den Regelbedarfssätzen berücksichtigt worden, da die Leistungsempfänger nach dem SGB II und SGB XII ohnehin gem. § 4 Rundfunkbeitragsstaatsvertrag gebührenbefreit sind.

3. Stromkosten

Gem. § 76 Abs. 1 FamFG, § 115 Abs. 1 S. 3 Nr. 3 ZPO sind vom Einkommen die Kosten der Unterkunft und Heizung, soweit sie nicht in einem auffälligen Missverhältnis zu den Lebensverhältnissen der Hilfe suchenden Partei stehen, abzusetzen. Nach h.M. (BGH, Beschl. v. 8.1.2008 – VIII ZB 18/06; VG Würzburg, Urt. v. 6.7.2017 – W 8 K 17.30437; OVG Hamburg NZFam 2016, 560; LAG Hamm FamRZ 2016, 1953 ff.; Lissner/Dietrich/Schmidt, a.a.O., Rn 61; a.A. OLG Koblenz MDR 1995, 1165 f.) zählen jedoch normale Haushaltsstromkosten nicht zu den abzugsfähigen Positionen. Diese sind bereits durch die Leistungen für den Regelbedarf abgedeckt. Dies ist auch aus dem Wortlaut des § 20 Abs. 1 S. 1 SGB II ersichtlich, der vorsieht, dass der Regelbedarf ...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge