§ 4a RVG; §§ 916 ff. ZPO

Leitsatz

  1. Die Gebührenforderung eines Rechtsanwalts aus einer Erfolgshonorarvereinbarung kann bereits dann durch einen Arrest gesichert werden, wenn die Parteien über den Gegenstand des Rechtsstreits einen materiell-rechtlichen Vergleich geschlossen haben; eines gerichtlichen Feststellungsbeschlusses bedarf es nicht.
  2. Dass der Partei Prozesskostenhilfe bewilligt wurde, steht einer Erfolgshonorarvereinbarung nicht entgegen.
  3. In Arzthaftungsverfahren ist regelmäßig die Vermutung gerechtfertigt, dass die Partei ohne eine Erfolgsvereinbarung von der Rechtsverfolgung abgehalten würde.
  4. Die Kündigung des Anwaltsvertrages unmittelbar vor Beendigung des Rechtsstreits durch gerichtlichen Vergleich kann einen Arrestgrund begründen.

OLG Dresden, Beschl. v. 1.3.2022 – 4 W 3/22

I. Sachverhalt

Gestritten wird im Arrestverfahren um Prozesskostenhilfe (PKH) für das Verfahren über den Widerspruch gegen eine Arrestanordnung des LG. Zugunsten der Antragstellerin, einer Rechtsanwaltskanzlei, die die Antragsgegner in einer Arzthaftungsstreitsache vor dem LG und dem KG vertreten hat, ist in dem Arrestverfahren der dingliche Arrest in eine Schadensersatzforderung gegenüber dem Beklagten des Ausgangsverfahrens, einem Herzzentrum, in Höhe einer Gebührenforderung nebst Kosten und Auslagen von 157.150,00 EUR angeordnet worden. Der zugrundeliegende Gebührenanspruch der Rechtsanwaltskanzlei wird aus einer Honorarvereinbarung vom 13.2./26.2.2019 abgeleitet.

Das LG hat die Bewilligung von PKH für die Antragsgegner mangels hinreichender Erfolgsaussichten abgelehnt. Die Behauptung der Antragsgegner, die Rechtsanwaltskanzlei habe sich nicht an Absprachen gehalten, bringe einen Vergütungsanspruch nicht zu Fall. Ob hiergegen Einwendungen berechtigt seien, müsse in einem Gebührenprozess vor dem LG geklärt werden.

Mit der sofortigen Beschwerde meinen die Antragsgegner, ein Vergleich mit dem Herzzentrum sei bislang nicht geschlossen worden, sodass es keine durch Arrest zu sichernde Forderung gebe. Die Erfolgsvereinbarung mit der Antragstellerin sei infolge der Kündigung des Mandatsverhältnisses hinfällig und überdies nach § 3a RVG nichtig, weil ihnen sowohl in erster Instanz als auch vor dem KG PKH bewilligt worden sei, der geltend gemachte Anspruch die gesetzlichen Gebühren indes weit übersteige. Zur Kündigung des Mandatsverhältnisses seien sie bewogen worden, weil die antragstellende Rechtsanwaltskanzlei versucht habe, sie zur Zustimmung zum Vergleichsschluss zu veranlassen, ohne ihnen Kenntnis über "die Parameter und das Endergebnis der Entschädigungssumme" zu vermitteln. Namentlich hätten sie zu keinem Zeitpunkt eine klare und verbindliche Auskunft über die Höhe der Gerichtskosten erhalten; stattdessen sei ihnen angedroht worden, dass das Gericht den Streitwert auch i.H.v. 2.446.939,90 EUR festsetzen könne.

Das Rechtsmittel hatte keinen Erfolg. Auch nach Auffassung des OLG war PKH nicht zu gewähren. Denn für den Widerspruch gegen die Arrestanordnung des LG bestehe keine hinreichende Erfolgsaussicht i.S.d. § 114 ZPO. Auf der Grundlage des beiderseitigen Parteivorbringens sei von dem Bestehen des geltend gemachten Arrestanspruches in voller Höhe auszugehen.

II. Verfügungsanspruch

Das OLG bejaht eine zu sichernde Geldforderung (§ 916 Abs. 1 ZPO). Der Anspruch folge aus dem Anwaltsvertrag in Verbindung mit der Erfolgshonorarvereinbarung vom 13./26.2.2019. Nach Ziff. 5 lit b) der Vereinbarung schulde der Auftragnehmer hiernach 25 % der durchgesetzten Schadensersatzsumme zzgl. Umsatzsteuer (Ziff. 5 lit c) der Vereinbarung) und der verauslagten Kosten (Ziff. 5 lit d) der Vereinbarung). Die Berechnung der Höhe der mit dem Arrestantrag geltend gemachten Forderung sei ausgehend von dem Vergleichsbetrag von 500.000,00 EUR und der geltend gemachten Auslagen gem. der Rechnung der Antragstellerin vom 12.7.2021 zwischen den Parteien nicht im Streit. Das OLG hat auch keine Bedenken insoweit, als der Vergleich nicht gem. § 278 Abs. 6 ZPO protokolliert worden sei, nachdem die Klägerin mit Schreiben vom 5.7.2021 der Antragstellerin das Mandat entzogen hat. Auf eine solche Protokollierung komme es für einen zu sichernden Anspruch nach § 916 ZPO nicht an. Der Beschluss nach § 278 Abs. 6 ZPO habe nämlich nur feststellenden Charakter, indem er einen materiell-rechtlich zwischen den Parteien vereinbarten Prozessvergleich zum Vollstreckungstitel i.S.d. § 794 Abs. 1 Nr. 1 ZPO mache (Zöller/Greger, ZPO, 34. Aufl., 2022, § 278 ZPO, Rn 35).

III. Wirksamkeit der Erfolgshonorarvereinbarung

Das OLG hat keine Bedenken gegen die Wirksamkeit der Erfolgshonorarvereinbarung vom 13.9.2019. Die Auffassung, eine solche Vereinbarung dürfe mit einer Partei, der PKH bewilligt worden sei, nicht geschlossen werden, wenn hieraus eine höhere als die gesetzliche Vergütung resultiere, sei rechtsfehlerhaft. Mit § 4a Abs. 1 S. 3 RVG sei vielmehr die ausdrückliche Möglichkeit geschaffen worden, auch in Mandaten, die grds. der Beratungshilfe oder PKH unterfallen, ein Erfolgshonorar zu vereinbaren. Nach § 4a Abs. 1 S. 1 RVG dürfe ein Erfolgshonorar (§ 49b Abs. 2 S. 1 BRAO) ...

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