Leitsatz (amtlich)

1. Die Gebührenforderung eines Rechtsanwalts aus einer Erfolgshonorarvereinbarung kann bereits dann durch einen Arrest gesichert werden, wenn die Parteien über den Gegenstand des Rechtsstreits eines materiell-rechtlichen Vergleich geschlossen haben; eines gerichtlichen Feststellungsbeschlusses bedarf es nicht.

2. Dass der Partei Prozesskostenhilfe bewilligt wurde, steht einer Erfolgshonorarvereinbarung nicht entgegen.

3. In Arzthaftungsverfahren ist regelmäßig die Vermutung gerechtfertigt, dass die Partei ohne eine Erfolgsvereinbarung von der Rechtsverfolgung abgehalten würde.

4. Die Kündigung des Anwaltsvertrages unmittelbar vor Beendigung des Rechtsstreits durch gerichtlichen Vergleich kann einen Arrestgrund begründen.

 

Verfahrensgang

LG Görlitz (Aktenzeichen 1 O 240/21 EV)

 

Tenor

Die sofortige Beschwerde der Antragsgegner gegen den Beschluss des Landgerichts Görlitz vom 7.12.2021 wird zurückgewiesen.

 

Gründe

I. Die Antragsgegner begehren Prozesskostenhilfe für das Verfahren über den Widerspruch gegen eine Arrestanordnung des Landgerichts vom 13.8.2021. Zugunsten der Antragstellerin, die die Antragsgegner als Rechtsanwaltskanzlei in einer Arzthaftungsstreitsache vor dem Landgericht Berlin und dem Kammergericht vertreten hat, war dort in Höhe einer Gebührenforderung nebst Kosten und Auslagen von 157.150 EUR der dingliche Arrest in eine Schadensersatzforderung gegenüber dem Beklagten des Ausgangsverfahrens angeordnet worden. Der zugrundeliegende Anspruch der Antragstellerin wird aus einer Honorarvereinbarung vom 13.2./26.2.2019 abgeleitet. Das Landgericht hat die Bewilligung von Prozesskostenhilfe mangels hinreichender Erfolgsaussichten abgelehnt. Die Behauptung der Antragsgegner, die Antragstellerin habe sich nicht an Absprachen gehalten, bringe einen Vergütungsanspruch nicht zu Fall. Ob hiergegen Einwendungen berechtigt seien, müsse in einem Gebührenprozess vor dem LG Berlin geklärt werden. Mit der sofortigen Beschwerde meinen die Antragsgegner, ein Vergleich mit dem Herzzentrum sei bislang nicht geschlossen worden, so dass es keine durch Arrest zu sichernde Forderung gebe. Die Erfolgsvereinbarung mit der Antragstellerin sei infolge der Kündigung des Mandatsverhältnisses hinfällig und überdies nach § 3a RVG nichtig, weil ihnen sowohl in erster Instanz als auch vor dem Kammergericht Prozesskostenhilfe bewilligt worden sei, der geltend gemachte Anspruch die gesetzlichen Gebühren indes weit übersteige. Zur Kündigung des Mandatsverhältnisses seien sie bewogen worden, weil die Antragstellerin versucht habe, sie zur Zustimmung zum Vergleichsschluss zu veranlassen, ohne ihnen Kenntnis über "die Parameter und das Endergebnis der Entschädigungssumme" zu vermitteln. Namentlich hätten sie zu keinem Zeitpunkt eine klare und verbindliche Auskunft über die Höhe der Gerichtskosten erhalten; stattdessen sei ihnen angedroht worden, dass das Gericht den Streitwert auch in Höhe von 2.446.939,90 EUR festsetzen könne.

II. Die sofortige Beschwerde der Antragsgegner ist nach §§ 127 Abs. 3, 567 ZPO zulässig, insbesondere innerhalb der Monatsfrist des § 127 Abs. 3 S. 3 ZPO erhoben. Sie bleibt jedoch ohne Erfolg. Für den Widerspruch gegen die Arrestanordnung des Landgerichts besteht keine hinreichende Erfolgsaussicht im Sinne des § 114 ZPO. Auf der Grundlage des beiderseitigen Parteivorbringens ist von dem Bestehen des geltend gemachten Arrestanspruches in voller Höhe auszugehen.

1. Gemäß § 916 I ZPO findet der Arrest zur Sicherung der Zwangsvollstreckung in das bewegliche oder unbewegliche Vermögen wegen einer Geldforderung oder wegen eines Anspruchs statt, der in eine Geldforderung übergehen kann.

a) Ein solcher Anspruch folgt hier aus dem Anwaltsvertrag in Verbindung mit der Erfolgshonorarvereinbarung vom 13./26.2.2019. Nach Ziff. 5 lit. b) schuldet der Auftragnehmer hiernach 25% der durchgesetzten Schadensersatzsumme zuzüglich Umsatzsteuer (5 lit. c) der Vereinbarung) und der verauslagten Kosten (5 lit. d) der Vereinbarung). Die Berechnung der Höhe der mit dem Arrestantrag geltend gemachten Forderung ist ausgehend von dem Vergleichsbetrag von 500.000,- EUR und der geltend gemachten Auslagen gem. der Rechnung der Antragstellerin vom 12.7.2021 (Bl. 28ff. d.A.) zwischen den Parteien nicht im Streit.

b) Allerdings ist der von der Antragstellerin mit der Gegenseite im vor dem Kammergericht anhängigen Verfahren 20 U 25/19 vereinbarte Vergleich nicht gem. § 278 Abs. 6 ZPO protokolliert worden, nachdem die Klägerin mit Schreiben vom 5.7.2021 der Antragstellerin das Mandat entzogen hat. Auf eine solche Protokollierung kommt es jedoch für einen zu sichernden Anspruch nach § 916 ZPO auch nicht an. Der Beschluss nach § 278 Abs. 6 ZPO hat nämlich nur feststellenden Charakter, indem er einen materiell-rechtlich zwischen den Parteien vereinbarten Prozessvergleich zum Vollstreckungstitel i.S. § 794 Abs. 1 Nr. 1 ZPO macht (BGH, Urteil vom 2.2.2012 - I ZB 95/10 juris; Zöller- Greger, ZPO, 34. Aufl. 2022, § 278 ZPO, Rn. 35). Ein auf den Ab...

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