Der Entscheidung ist zuzustimmen. In der gerichtlichen Praxis ist immer wieder festzustellen, dass Rechtspfleger in Beschwerdeverfahren gegen Kostenfestsetzungsbeschlüsse in Straf- und Bußgeldsachen Abhilfeentscheidungen treffen. In den der Entscheidung des LG Aachen sowie der Entscheidung des OLG Rostock (AGS 2018, 330) zugrunde liegenden Fällen wurde die jeweilige Nichtabhilfe-Entscheidung deklaratorisch aufgehoben. Ungleich schwerer wiegen natürlich die Fälle, in denen Rechtspfleger der Beschwerde gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss in unzulässiger Weise abhelfen und damit eine Entscheidung durch die Beschwerdeinstanz verhindern.

Allerdings ist für die Abhilfe zwischen der sofortigen Beschwerde und der Erinnerung zu unterscheiden:

1. Sofortige Beschwerde

a) Bei Anwendung der strafprozessualen Vorschriften kann der Rechtspfleger der sofortigen Beschwerde gegen einen Kostenfestsetzungsbeschluss in Straf- und Bußgeldsachen nur abhelfen, wenn die Voraussetzungen des § 311 Abs. 3 S. 2 StPO gegeben sind (Verwertung von Tatsachen oder Beweisergebnissen zum Nachteil des Beschwerdeführers, aufgrund des nachträglichen Vorbringens wird die Beschwerde für begründet erachtet; vgl. OLG Celle StraFo 2018, 525 = RVGreport 2019, 109 = Sonderausgabe StRR 12/2018, 2; OLG Düsseldorf Rpfleger 1999, 234; OLG Hamm NJW 1999, 3726; OLG Rostock AGS 2018, 330; Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 64. Aufl., § 464b Rn 7). Eine Abhilfebefugnis besteht daher nach weit überwiegender Auffassung grds. nicht (KG RVGreport 2012, 76; OLG Brandenburg Rpfleger 1999, 174; OLG Celle, a.a.O.; OLG Frankfurt am Main Rpfleger 1999, 119; OLG Hamm Rpfleger 1999, 436; 2004, 732; OLG Karlsruhe Rpfleger 1999, 64; OLG Rostock RVGreport 2017, 130 = NStZ-RR 2017, 126; AGS 2018, 330; OLG Saarbrücken Rpfleger 1999, 175; AGS 2014, 251 = RVGreport 2014, 103; LG Hildesheim JurBüro 2015, 194 = RVGreport 2015, 152 = StRR 2015, 199; LG Koblenz, Beschl. v. 5.2.2010 – 9 Qs 15/10; Hansens, Rpfleger 1999, 105).

Deshalb ist eine Abhilfeentscheidung entbehrlich (OLG Hamm, a.a.O.; LG Hildesheim, a.a.O.). Das LG Aachen hat zutreffend entschieden, dass eine gleichwohl ergangene Nichtabhilfeentscheidung vom Beschwerdegericht (deklaratorisch) aufzuheben ist (so auch OLG Rostock AGS 2018, 330).

b) Soweit die Gegenauffassung eine Abhilfemöglichkeit durch den Rechtspfleger zulässt (vgl. OLG Koblenz MDR 1999, 505; OLG Köln Rpfleger 1999, 121; OLG München Rpfleger 1999, 16; OLG Schleswig SchlHA 2011, 207; OLG Stuttgart JurBüro 1999, 88), wird dies insbesondere damit begründet, dass die ein Abhilfeverfahren ausschließenden Besonderheiten des strafprozessualen Beschwerdeverfahrens für das Kostenfestsetzungsverfahren nicht passen. Denn den Besonderheiten des strafprozessualen Beschwerdeverfahrens liegt das gesteigerte Beschleunigungsbedürfnis des Strafverfahrens zugrunde, was in Kostenfestsetzungsverfahren nach rechtskräftigem Abschluss des Hauptsacheverfahrens nicht mehr besteht (vgl. OLG Schleswig SchlHA 2011, 207).

c) Werden die strafprozessualen Beschwerdevorschriften für anwendbar gehalten, ist im Regelfall eine Abhilfeentscheidung des Rechtspflegers ausgeschlossen, sodass es nicht zu einer Teilabhilfe mit anschließender Unterschreitung der in § 304 Abs. 3 StPO geregelten Mindest-Beschwerdesumme i.H.v. 200,01 EUR kommen kann. Die Frage, ob die sofortige Beschwerde nach Teilabhilfe in diesen Fällen als befristete Erinnerung gem. § 11 Abs. 2 RpflG zu behandeln ist, stellt sich deshalb nur bei Anwendung der zivilprozessualen Beschwerdevorschriften. Nach wohl h.M. in der obergerichtlichen Rspr. kommt es dann für die Ermittlung des Beschwerdewerts nach der teilweisen Abhilfe nur auf den nach der Abhilfe verbleibenden Betrag an. Erreicht dieser Betrag die Mindest-Beschwerdesumme i.H.v. 200,01 EUR nicht, ist das verbleibende Rechtsmittel als befristete Erinnerung gem. § 11 Abs. 2 S. 1 RpflG zu behandeln (vgl. z.B. KG MDR 2007, 235; OLG Celle AGS 2011, 354 = RVGreport 2010, 468).

2. Erinnerung gem. § 11 Abs. 2 RPflG

a) Übersteigt der Wert des Beschwerdegegenstands 200,00 EUR nicht und ist damit gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss nach den allgemeinen verfahrensrechtlichen Vorschriften ein Rechtsmittel nicht gegeben, findet gem. § 11 Abs. 2 S. 1 RPflG die Erinnerung statt, die innerhalb einer Frist von zwei Wochen einzulegen ist (BVerfG, Beschl. v. 16.10.2014 – 2 BvR 718/14; vgl. zur früheren Rechtslage auch BVerfG NJW-RR 2001, 1077 = AGS 2002, 185; BGH AGS 2007, 589; OLG Düsseldorf AGS 2009, 299; NJW-RR 2012, 446; OLG Stuttgart StraFo 2007, 261 = NStZ-RR 2007, 254 = Rpfleger 2007, 427). Anwaltszwang besteht gem. § 13 RPflG, §§ 306 Abs. 1, 311 Abs. 1 StPO und § 78 Abs. 1 ZPO nicht. Auf die Erinnerung sind gem. § 11 Abs. 2 S. 7 RPflG die Vorschriften über die sofortige Beschwerde in §§ 567 ff. ZPO sinngemäß anzuwenden.

Die Erinnerung gem. § 11 Abs. 2 RPflG ist nur dann gegeben, wenn der erforderliche Wert des Beschwerdegegenstandes i.H.v. 200,01 EUR nicht erreicht wird. Kein Fall des § 11 Abs. 2 RPflG

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