Revision und Anschlussrevision sind teilweise begründet. Sie führen zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht. Die angefochtene Entscheidung unterliegt uneingeschränkt revisionsrechtlicher Kontrolle. Die von dem Berufungsgericht möglicherweise vorgenommene Beschränkung der Zulassung der Revision auf die Angemessenheit der Vergütung zielt auf eine einzelne Rechtsfrage ab und ist deshalb unwirksam (BGH, Urt. v. 21.9.2006 – I ZR 2/04, NJW-RR 2007, 182 m.w.N.; v. 19.5.2009 – IX ZR 43/08, ZIP 2009, 1427).

I.  Das Berufungsgericht hat ausgeführt:

1.  Klage

Die Klageforderung über 328.947,19 EUR sei in Höhe von 179.145,57 EUR begründet. Die aus der Honorarvereinbarung vom 26./30.3.2001 hergeleiteten Restansprüche von 73.014,51 EUR stünden der Klägerin nur in geringem Umfang zu. Die Honorarvereinbarung sei nach § 3 Abs. 1 S. 1 BRAGO unwirksam, weil sie mit der Vergütung nicht in Zusammenhang stehende Regelungen enthalte. Mithin könne der Klägerin ein vertraglicher Anspruch auf Zahlung weiterer Gebühren nicht zugebilligt werden. Auch die gesetzlichen Gebühren könne sie nicht verlangen, weil sie durch die von den Beklagten geleisteten Zahlungen bereits abgegolten seien. Allerdings könne die Klägerin nach §§ 26 bis 28 BRAGO Erstattung von Auslagen über 5.109,05 EUR verlangen; die von der Klägerin vorgelegte Einzelaufstellung hätten die Beklagten nicht substantiiert bestritten.

Für die Tätigkeit innerhalb der Hauptverhandlung belaufe sich der Vergütungsanspruch der Klägerin auf 174.036,52 EUR. Die Honorarvereinbarung über ein Pauschalhonorar von jeweils 100.000,00 EUR entspreche der Form des § 3 Abs. 1 S. 1 BRAGO, weil sie nach ihrer äußerlichen Gestaltung individuell gefasst sei. Die Abrede sei nicht wegen einer Drohung (§ 123 BGB) wirksam angefochten worden; das geraume Zeit vor der Hauptverhandlung erfolgte Inaussichtstellen der Mandatsbeendigung sei nach Mittel und Zweck nicht als verwerflich anzusehen. Die Honorarvereinbarung stehe in Einklang mit dem in § 146 StPO enthaltenen Verbot der Mehrfachverteidigung, denn Rechtsanwältin Dr. K. sei allein für die Beklagte zu 1) und Rechtsanwalt H. allein für den Beklagten zu 2) bestellt worden. Die Wirksamkeit der Honorarabrede scheitere nicht an § 138 BGB, weil nicht ersichtlich sei, dass das vereinbarte Pauschalhonorar das für vergleichbare Verfahren vereinbarte Honorar um 100 % übersteige.

Die vereinbarte Vergütung sei aber unangemessen hoch (§ 3 Abs. 3 BRAGO) und deshalb auf das angemessene Maß herabzusetzen. Liege die vereinbarte Vergütung im Bereich der Strafverteidigung höher als das Fünffache der gesetzlichen Gebühren, spreche nach höchstrichterlicher Rspr. eine tatsächliche Vermutung dafür, dass sie unangemessen hoch und das Mäßigungsgebot verletzt sei. Die von den Beklagten mit der Klägerin vereinbarte Pauschalvergütung von 100.000,00 EUR für jeden Verteidiger überschreite die gesetzliche Gebühr um das Achtfache. Die Vergütung sei, weil keine einzelfallbezogenen Umstände vorgetragen seien, wonach die Vergütung für den Anwalt nicht auskömmlich sei, nach § 3 Abs. 3 S. 1 BRAGO auf den fünffachen Betrag der gesetzlichen Höchstgebühren herabzusetzen, mithin einen Betrag von insgesamt 144.768,00 EUR für beide Verteidiger. Daneben könne die Klägerin für die Zeit der Hauptverhandlung Auslagen von 29.268,52 EUR beanspruchen. Für die sich damit auf 174.036,52 EUR belaufende Gesamtforderung hätten beide Beklagten einzustehen, weil nach dem Wortlaut der Vereinbarungen eine gemeinschaftliche Verpflichtung gewollt sei.

Die Vergütungsforderung sei nicht durch Aufrechnung der Beklagten mit einem aus der Schlechterfüllung des Anwaltsvertrages hergeleiteten Schadensersatzanspruch über 762.783,29 EUR untergegangen. Ein solcher Anspruch sei nicht gegeben, weil nach dem Vortrag der Beklagten keine überwiegende Wahrscheinlichkeit dafür spreche, dass die Staatsanwaltschaft im Falle des von den Beklagten als sachgerecht erachteten Vortrags zu einer anderen Beurteilung des hinreichenden Tatverdachts gelangt wäre. Das LG sei in seiner Entscheidung über die Einstellung der Strafverfahren auch nach Vorlage weiterer Bilder und Dokumente sowie dem Inhalt der Aussage des Beklagten zu 2) weiterhin von einer Schuld der Beklagten ausgegangen. Durch die vorgelegten Dokumente sei auch nach Auffassung des Senats der Kernpunkt der Anklage nicht erschüttert worden.

2.  Widerklage

Die Widerklage sei in Höhe von 238.183,21 EUR begründet. Ein Rückzahlungsanspruch könne nicht aus einer Sittenwidrigkeit der Honorarvereinbarung hergeleitet werden. Infolge der freiwilligen Zahlung durch die Beklagten stehe einer Rückforderung wegen Formunwirksamkeit der Honorarvereinbarung vom 26./30.3.2001 nach § 3 Abs. 1 S. 1 BRAGO der Ausschlusstatbestand des § 3 Abs. 1 S. 2 BRAGO entgegen. Der Rückforderungsanspruch sei jedoch teilweise begründet, weil die Gebührenvereinbarung hinsichtlich der Stundenvergütung auf einen angemessenen Betrag zu reduzieren sei sowie einzelne...

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