1. Besetzung des Gerichts

Die Entscheidung setzt zum Leitsatz zu 1. die bisherige Rspr. des BGH zur Besetzung des Senats in den Fällen der Entscheidung über eine Pauschgebühr – egal, ob nach § 42 RVG für den Wahlanwalt oder nach § 51 RVG für den Pflichtverteidiger – fort. Ein Wort eines Strafsenats des BGH dazu war jetzt im Hinblick auf die Entscheidung des Großen Senats für Zivilsachen, die der 3. Strafsenat zitiert, erforderlich.

2. Zulässigkeit des Pauschgebührenantrags

Die Entscheidung entspricht auch hinsichtlich des Leitsatzes zu 2. der h.M. in der Rspr. der OLG. Letztlich wird man sich dieser Auffassung nicht verschließen können. Denn mit dem Kostenfestsetzungsantrag nach § 464b StPO hat der Verteidiger sein Ermessen nach § 14 Abs. 1 S. 1 RVG gegenüber der Staatskasse ausgeübt. Er ist an dieses einmal ausgeübte Ermessen bei der Bestimmung der Billigkeit der angefallenen Gebühren innerhalb des Gebührenrahmens gebunden (vgl. Gerold/Schmidt/Mayer, RVG, 25. Aufl., 2021, § 14 Rn 4). Die Ausübung des Ermessens ist Bestimmung der Leistung durch den Verteidiger und erfolgt gem. § 315 Abs. 2 BGB durch Erklärung gegenüber seinem Mandanten bzw. aufgrund der in der Strafprozessvollmacht vereinten Abtretung von Erstattungsforderungen gegen die Landeskasse dieser gegenüber. Zwar geht die überwiegende Auffassung in Rspr. und Lit. davon aus, dass grds. die Möglichkeit einer nachträglichen Kostenfestsetzung im Rahmen des § 464b StPO besteht (Gerold/Schmidt/Burhoff, a.a.O., § 42 Rn 12 m.w.N.). Es ist aber wohl zutreffend, wenn insoweit darauf hingewiesen wird, dass das Leistungsbestimmungsrechts des Rechtsanwalt gem. § 14 Abs. 1 RVG rechtsgestaltender Natur ist und mit seiner durch den Zugang (§ 130 Abs. 1 BGB) beim Auftraggeber bewirkten wirksamen Ausübung verbraucht ist. Dann kann es nicht mehr geändert oder widerrufen werden, es sei denn, der Rechtsanwalt hatte sich eine Erhöhung ausdrücklich vorbehalten, ist über Bemessungsfaktoren getäuscht worden (Anfechtung) oder hat einen gesetzlichen Gebührentatbestand übersehen (Gerold/Schmidt/Mayer, a.a.O., § 14 Rn 4).

3. Verfahrensweise des Verteidigers

Das bedeutet: In den Fällen, in denen eine Pauschgebühr nach § 42 RVG in Betracht kommt, muss der Verteidiger zuerst den Antrag nach § 42 RVG stellen. Mit der dann ggfs. festgestellten Pauschgebühr kann er dann in das Kostenfestsetzungsverfahren gehen. Wird dieses gleichzeitig neben dem Pauschgebührverfahren betrieben, muss das Kostenfestsetzungsverfahren "offen gehalten" werden (vgl. dazu OLG Jena RVGreport 2010, 414 = StRR 2011, 79 = JurBüro 2010, 642 = AGS 2011, 287), indem dort ggfs. Rechtsmittel gegen die Kostenfestsetzung eingelegt werden. Teilweise geht die Rspr. der OLG noch darüber hinaus und sieht für einen Antrag auf Feststellung einer Pauschgebühr nach § 42 RVG bereits dann keinen Raum mehr, wenn der Verteidiger nach Ausübung seines Ermessens zur Bestimmung der angefallenen Gebühren Kostenfestsetzung (nur) beantragt hat (KG AGS 2012, 336; KG RVGreport 2016, 303 = JurBüro 2016, 132 = Rpfleger 2016, 109; OLG Celle StraFo 2008, 398 = RVGreport 2008, 382 = AGS 2008, 546; OLG Düsseldorf RVGreport 2013, 54 = JurBüro 2013, 80 = StRR 2013, 238; OLG Hamm, Beschl. v. 26.6.2012 – 5 RVGs 80/12).

Rechtsanwalt Detlef Burhoff, RiOLG a.D., Leer/Augsburg

AGS 5/2022, S. 209 - 211

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