Die Entscheidung des OLG ist im Ergebnis richtig. Die Begründung ist allerdings widersprüchlich. Das OLG stützt seine Entscheidung letztlich auf § 39 Abs. 1 S. 3 FamGKG, wonach eine Zusammenrechnung nicht stattfinde und nur der höhere Wert gelte. Zutreffend ist es allerdings, bereits von vornherein nur einen einzigen Gegenstand anzunehmen. Selbst wenn zum Umgangsrecht wechselseitige Anträge gestellt werden, handelt es sich nicht um Antrag und Widerantrag, sondern lediglich um gegenläufige Anträge zum selben Verfahrensgegenstand.[1] Daher wendet die Rspr. auch zutreffend § 45 Abs. 1 FamGKG an und nicht § 39 Abs. 1 S. 3 FamGKG. Beide Vorschriften haben nämlich unterschiedliche Rechtsfolgen. Während bei einer Bewertung nach § 45 Abs. 1 FamGKG aus den widerstreitenden Anträgen eine Unbilligkeit nach § 45 Abs. 3 FamGKG hergeleitet werden kann, sodass der Verfahrenswert anzuheben ist, müsste bei Anwendung des § 39 Abs. 1 S. 3 FamGKG bereits ein Antrag für sich genommen schon die Unbilligkeit i.S.d. § 45 Abs. 3 FamGKG in sich tragen, weil ja hier nur ein Anspruch bewertet wird, nämlich der höherwertige.

In allen Familiensachen der freiwilligen Gerichtsbarkeit verhält es sich grds. so, dass gegenläufige Anträge nicht als Antrag und Widerantrag i.S.d. § 39 Abs. 1 FamGKG anzusehen sind, sondern als gegenläufige Anträge im Rahmen desselben Verfahrensgegenstands.[2] Anders verhält es sich, wenn vom Antragsgegner eine andere Kindschaftssache eingeführt wird. Stellt z.B. der Antragsteller einen Antrag zum Sorgerecht und der Antragsgegner einen Antrag zum Umgangsrecht, dann liegt ein Fall des § 39 FamGKG vor. Beide Kindschaftssachen sind zu bewerten und sodann nach § 39 Abs. 1 S. 1 FamGKG zusammenzurechnen.[3]

Rechtsanwalt Norbert Schneider

AGS 5/2020, S. 234 - 235

[1] OLG Bamberg AGS 2017, 477 = JurBüro 2017, 129 = FamRZ 2017, 1082 = FuR 2018, 86; OLG Celle AGS 2012, 421 = JurBüro 2012, 426 = FamRZ 2012, 1746.
[2] Unzutreffend daher AG Mayen AGS 2017, 474 = NJW-Spezial 2017, 605 = NZFam 2017, 862.
[3] OLG Frankfurt AGS 2018, 27 = FamRZ 2018, 204 = JurBüro 2018, 141 = NZFam 2017, 1114 = NJW-Spezial 2017, 765.

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