Wird ein Anwalt in einer erledigten Sache erneut beauftragt, so liegt für ihn grds. nur eine einzige Angelegenheit vor (§ 15 Abs. 5 S. 1 RVG). Er erhält daher seine Gebühren und Auslagen nur einmal (§ 15 Abs. 2 RVG). Bereits vereinnahmte Vergütungen sind dann auf die weitere Vergütung anzurechnen, wobei es sich nicht um eine Anrechnung i.S.d. RVG handelt, sondern rechtlich um eine Teilerfüllung des Gesamtanspruchs, vergleichbar einer Vorschusszahlung.

Wird der Auftrag zum weiteren Tätigwerden in derselben Angelegenheit allerdings erst nach Ablauf von zwei Kalenderjahren erteilt, wird nach § 15 Abs. 5 S. 2 RVG eine neue Angelegenheit fingiert, sodass der Anwalt seine Gebühren und Auslagen erneut erhält.

Voraussetzung ist eine Frist von zwei Kalenderjahren. Das FamG hat hier offensichtlich eine Zwei-Jahres-Frist berechnet. Das ist jedoch unzutreffend. Die Frist des § 15 Abs. 5 2 RVG beginnt und endet nicht unterjährig, sondern beginnt und endet mit Ablauf des jeweiligen Kalenderjahres. Ausgehend von den Feststellungen des FamG, wonach sich das Verfahren im Jahre 2015 erledigt habe, wäre also die Zwei-Kalenderjahres-Frist erst mit Ablauf des Jahres 2015 in Gang gesetzt worden und hätte mit Ablauf des Jahres 2017 geendet, sodass der neue Auftrag noch innerhalb der Frist gelegen und daher keine neue Vergütung ausgelöst hätte.

Die Frage ist aber, ob die Sache nicht bereits 2014 erledigt war. Immerhin ist im September 2014 die Akte weggelegt worden. Andererseits kommt es für die Erledigung der Angelegenheit nicht darauf an, wie das Gericht verfährt, sondern darauf, ob die Tätigkeit des Anwalts erledigt war. Die Weglage nach der AktO besagt also nichts.[1] Die Tätigkeit des Anwalts kann sich vielmehr auch noch nach Weglage der Akten durch das Gericht fortsetzen. Hinzu kommt, dass das Gericht das Verfahren durch Beschluss ausdrücklich zum Ruhen gebracht, also gerade nicht beendet hat. Bei einem Ruhen des Verfahrens ist es aber in der Rspr. einhellige Auffassung, dass dies nicht zu einer Beendigung oder Erledigung der Sache führt und folglich die Zwei-Kalenderjahres-Frist des § 15 Abs. 5 S. 2 RVG nicht in Gang setzt.[2]

Norbert Schneider

AGS 5/2019, S. 213 - 214

[1] Sächsisches OVG RVGreport 2018, 138 = NJW-Spezial 2018, 477.
[2] BGH AGS 2006, 323 = NJW 2006, 1525 = FamRZ 2006, 861 = Rpfleger 2006, 437 = MDR 2006, 1316 = RVGreport 2006, 219 = JurBüro 2006, 424; OLG Köln AGS 2011, 321.

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