RPflG § 11;ZPO §§ 104, 567, 569

Leitsatz

  1. Wird in einem Termin über die Klage und eine erhobene Drittwiderklage verhandelt, die Widerklage später zurückgenommen und nach Klagerücknahme dieses Verfahren ohne weitere Verhandlung abgetrennt, so entsteht im abgetrennten Verfahren keine Terminsgebühr nach dem Streitwert der Widerklage. Soweit vor Verfahrenstrennung Gebühren entstanden sind, die teilweise auch den später abgetrennten Teil betreffen, sind diese Gebühren auf die beiden nach der Trennung entstandenen Prozesse zu verteilen, wobei der Anwalt grundsätzlich wählen darf, ob er die Gebühren aus dem Verfahren vor der Trennung oder aus den zwei getrennten Verfahren mit den jeweiligen Einzelwerten verlangt. Ist jedoch eine Gebühr – wie hier die Terminsgebühr – nach Abtrennung nicht entstanden, kann allein die Terminsgebühr aus dem Verfahren vor der Trennung geltend gemacht werden. Sie ist nach dem Verhältnis der Streitwerte auf die beiden getrennten Verfahren zu verteilen.
  2. Im Verfahren der sofortigen Beschwerde gegen einen Kostenfestsetzungsbeschluss ist eine Streitwertfestsetzung nach § 63 Abs. 1 GKG unzulässig.

OLG Brandenburg, Beschl. v. 3.1.2011 – 6 W 176/10

1 Sachverhalt

Die Beklagte zu 1), Halterin eines Kfz, erhob gegen Fahrer und Haftpflichtversicherer eines Lkw Klage wegen Schadensersatzansprüchen aus einem Verkehrsunfall, zunächst in Höhe von 12.196,56 EUR. Dieses Verfahren wurde beim LG unter dem Aktenzeichen 1 O 253/08 geführt.

In diesem Verfahren erhob die Klägerin als Nebenintervenientin wegen desselben Verkehrsunfalls Drittwiderklage gegen die Beklagte zu 1), den Beklagten zu 2) als Fahrer und die Beklagte zu 3) als Haftpflichtversicherer wegen eines Betrages in Höhe von 4.253,84 EUR.

In den Terminen zur mündlichen Verhandlung am 5.3.2009 und am 28.5.2009 in dem Verfahren 1 O 253/08 sind Anträge zur Klage und zur Widerklage gestellt worden.

Nachdem die Beklagte zu 1) die Klage in dem Verfahren 1 O 253/08 auf 13.266,43 EUR erweitert hatte, hat die Klägerin die Drittwiderklage mit Schriftsatz v. 28.4.2010 mit Zustimmung der Beklagten zurückgenommen, nachdem sie vom LG darauf hingewiesen worden war, dass ihre Widerklage unzulässig sei, weil sie nicht beklagte Partei sei.

Mit Verfügung v. 31.5.2010 ordnete das LG an, dass die Drittwiderklage als neue Klage einzutragen sei. So erhielt das abgetrennte, hier in Streit stehende Verfahren das Aktenzeichen 1 O 343/10. Mit Beschl. v. 8.6.2010 hat das LG der Klägerin nach Klagerücknahme die Kosten des Verfahrens auferlegt und den Streitwert auf 4.253,84 EUR festgesetzt.

In dem Verfahren 1 O 253/08 wurde am 18.11.2010 mündlich über die – erweiterte – Klage verhandelt und durch Urteil entschieden.

Der Rechtspfleger des LG hat mit Beschl. v. 23.8.2010 die von der Klägerin an die Beklagten zu erstattenden Kosten festgesetzt und dabei auch eine 1,2-Terminsgebühr in Höhe von 327,60 EUR netto zzgl. Mehrwertsteuer berücksichtigt.

Gegen diesen Beschluss wendet sich die Klägerin mit ihrer sofortigen Beschwerde, mit der sie geltend macht, die Festsetzung der Terminsgebühr sei unzulässig.

Der zuständige Rechtspfleger hat dem Rechtsbehelf nicht abgeholfen und ihn dem OLG zur Entscheidung vorgelegt.

Die sofortige Beschwerde hatte teilweise Erfolg.

2 Aus den Gründen

II. … Zugunsten der Beklagten war im vorliegenden Verfahren eine Terminsgebühr festzusetzen, allerdings nicht in dem vom Rechtspfleger angenommenen Umfang.

1. Die Trennung der Verfahren der Klage und der Drittwiderklage entsprechend § 145 Abs. 2 ZPO hat zur Folge, dass zwei gesonderte Prozessverfahren entstehen. Dabei bleiben die Prozessvorgänge, die vor der Trennung stattgefunden haben, für beide Verfahren wirksam (Musielak, ZPO, 7. Aufl. 2009, § 145 Rn 6). Deshalb bleiben auch die vor der Prozesstrennung entstandenen Gebühren bestehen. Soweit sie nach der Trennung erneut entstehen, geschieht dies nur aus den Werten der getrennten Verfahren.

Eine Terminsgebühr nach dem Streitwert der Klage im vorliegenden Verfahren ist nicht entstanden, nachdem das LG wegen der Unzulässigkeit der von der Klägerin erhobenen Drittwiderklage im Verfahren 1 O 253/08 diese abgetrennt und als neue Klage behandelt hat. Denn die mündlichen Verhandlungen, in denen über die – unzulässige – Drittwiderklage verhandelt worden ist, haben vor der Abtrennung stattgefunden. Nach der Abtrennung ist über die als neue Klage zu behandelnde Drittwiderklage nicht erneut verhandelt worden.

Soweit hier vor Verfahrenstrennung Gebühren entstanden sind, die teilweise auch den später abgetrennten Teil betreffen, sind diese Gebühren auf die beiden nach der Trennung entstandenen Prozesse zu verteilen. Denn nach der Trennung ergehen im Ausgangsverfahren und im abgetrennten Verfahren zwei separate Kostengrundentscheidungen, es ergeht keine Kostengrundentscheidung hinsichtlich der vor Trennung entstandenen Gebühren. Die Kostengrundentscheidungen betreffen jedoch nicht nur die Kosten, die ab der Trennung entstanden sind, sondern alle Kosten, die sich auf die jeweiligen, aus der Trennung entstehenden Einzelprozesse...

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