Der weitere Auftrag, den Beweistermin wahrzunehmen, ist ein gesonderter Auftrag, der nach Nr. 3401 VV vergütet wird und eine 0,65-Verfahrensgebühr sowie eine 1,2-Terminsgebühr nach Nrn. 3402, 3104 VV nebst Auslagen und Umsatzsteuer auslöst.

Insoweit stellt sich die Frage, ob für den R eine oder mehrere Angelegenheiten vorliegen.

Diese Frage ist eindeutig dahingehend zu beantworten, dass von mehreren Angelegenheiten auszugehen ist. Die Wahrnehmung von Terminen gehört gerade nicht zu den Aufgaben eines Verkehrsanwalts und schließt den Anwendungsbereich der Nr. 3400 VV im Gegenteil aus.

Auch § 15 Abs. 6 RVG spricht eindeutig dafür, dass hier mehrere Angelegenheiten vorliegen. Würde es sich um dieselbe Angelegenheit handeln, wäre § 15 Abs. 6 RVG überflüssig. Es ist hier aber vielmehr davon auszugehen, dass verschiedene Angelegenheiten vorliegen und dann das Gesamtaufkommen beider Angelegenheiten dahingehend begrenzt wird, dass nicht mehr abgerechnet werden darf, als wenn von vornherein ein Gesamtauftrag erteilt worden ist.

Rechnet man beide Angelegenheiten zunächst einmal getrennt ab, ergibt sich folgende Abrechnung:

 
 
I. Verkehrsanwaltstätigkeit    
1. 1,0-Verfahrensgebühr, Nr. 3400 VV   334,00 EUR
  (Wert: 5.000,00 EUR)    
2. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV   20,00 EUR
  Zwischensumme 354,00 EUR  
3. 19 % Umsatzsteuer   67,26 EUR
  Gesamt   421,26 EUR
II. Vertretung im Beweistermin    
1. 0,65-Verfahrensgebühr, Nr. 3401, 3100 VV   217,10 EUR
  (Wert: 5.000,00 EUR)    
2. 1,2-Terminsgebühr, Nr. 3104 VV   400,80 EUR
  (Wert: 5.000,00 EUR)    
3. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV   20,00 EUR
  Zwischensumme 637,90 EUR  
4. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV   121,20 EUR
  Gesamt   759,10 EUR

Nunmehr ist aber noch § 15 Abs. 6 RVG zu beachten: Das Gesamtaufkommen der Gebühren ist dahingehend zu kürzen, dass R nicht mehr Gebühren erhält, als wenn er von vornherein mit beiden Tätigkeiten beauftragt worden wäre.

Wäre R von vornherein mit beiden Tätigkeiten beauftragt worden, dann hätte ein Prozessauftrag vorgelegen. Er hätte also insgesamt eine 1,3-Verfahrensgebühr und eine 1,2-Terminsgebühr erhalten. Dies hat also zur Folge, dass die Summe der verdienten Verfahrensgebühren (1,0 + 0,65) auf eine 1,3-Verfahrensgebühr zu kürzen ist, also um 0,35.

Eine Kürzung der Auslagen findet nicht statt, da § 15 Abs. 6 RVG ausdrücklich nur von Gebühren spricht, nicht aber auch von Auslagen bzw. von Vergütung (arg. e. § 1 Abs. 1 RVG). Die Gesamtabrechnung, die R zu erstellen hat, ist also jetzt um einen Abzug von 0,35 zu bereinigen, wobei ihm unbelassen bleibt, die Kürzung bei der 1,0-Verfahrensgebühr oder bei der 0,65-Verfahrensgebühr abzuziehen, da dies am Gesamtergebnis nichts ändert. Abzurechnen wäre also wie folgt:

 
 
I. Verkehrsanwaltstätigkeit    
1. 1,0-Verfahrensgebühr, Nr. 3400 VV   334,00 EUR
  (Wert: 5.000,00 EUR)    
2. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV   20,00 EUR
  Zwischensumme 354,00 EUR  
3. 19 % Umsatzsteuer   67,26 EUR
  Gesamt   421,26 EUR
II. Vertretung im Beweistermin  
1. 0,65-Verfahrensgebühr, Nr. 3401, 3100 VV   217,10 EUR
  (Wert: 5.000,00 EUR)    
2. gem. § 15 Abs. 6 RVG anzurechnen   – 116,90 EUR
  0,35 aus 5.000,00 EUR    
3. 1,2-Terminsgebühr, Nr. 3104 VV   400,80 EUR
  (Wert: 5.000,00 EUR)    
4. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV   20,00 EUR
  Zwischensumme 521,00 EUR  
5. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV   98,99 EUR
  Gesamt   619,99 EUR

Autor: Rechtsanwalt Norbert Schneider, Neunkirchen

AGS 4/2023, S. 152 - 153

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