Der Verfahrenswert beträgt gem. § 45 Abs. 1 Nr. 1 FamGKG in Kindschaftssachen, die die Übertragung oder Entziehung der elterlichen Sorge oder eines Teils der elterlichen Sorge betreffen, 3.000,00 EUR. Sofern dieser Wert nach den besonderen Umständen des Einzelfalls unbillig ist, kann nach § 45 Abs. 3 FamGKG ein höherer oder niedrigerer Wert festgesetzt werden. Nach dem Willen des Gesetzgebers kann dies insbesondere dann der Fall sein, wenn das Verfahren besonders umfangreich und schwierig ist oder wenn die Beteiligten nur über ein geringes Einkommen verfügen und das Verfahren sich einfach gestaltet (BT-Drucks 16/6308, S. 306). Eine Abweichung vom Festbetrag ist also nur ausnahmsweise geboten, wenn der zu entscheidende Fall hinsichtlich des Arbeitsaufwandes für das Gericht und für die Verfahrensbevollmächtigten erheblich von einer durchschnittlichen Sorgerechtssache abweicht und der Verfahrenswert im Einzelfall zu unvertretbar hohen oder unangemessen niedrigen Kosten bzw. Gebühren führt. Insoweit kann nicht unmittelbar auf die in der Rspr. nach der bis zum 31.8.2009 geltenden Rechtslage entwickelten Grundsätze zurückgegriffen werden (vgl. hierzu OLG Frankfurt, Beschl. v. 4.2.1999 – 1 UF 77/97, NJW-RR 2000, 952), weil an die Stelle des bisherigen Regelwertes ein (relativer) Festwert getreten ist (vgl. Gerhardt/von Heintschel-Heinegg/Klein-Keske, Handbuch des Fachanwalts Familienrecht, 8. Aufl., S. 2037).

Die Anhebung des Verfahrenswertes erscheint regelmäßig angezeigt, wenn in einem Sorgerechtsverfahren die Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens geboten ist und das AG die Beteiligten – unabhängig von einer gesonderten Kindesanhörung – in mehr als einem Termin anhört. Die Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens ist insbesondere in rechtlich und tatsächlich schwierigen Sorgerechtssachen erforderlich. Sofern das AG ein Gutachten einholt, handelt es sich in der Regel um Verfahren, die länger als üblich andauern. Außerdem führt die Einholung eines Gutachtens zu einem verhältnismäßig umfangreichen Akteninhalt, den das Gericht und die Verfahrensbevollmächtigten erfassen und auswerten müssen. Der Arbeitsaufwand weicht jedenfalls dann erheblich von einer durchschnittlichen Sorgerechtssache ab, wenn zusätzlich zur Einholung des Sachverständigengutachtens mehrere Termine zur Erörterung und Anhörung der Beteiligten durchgeführt werden.

Demgemäß erscheint hier im Hinblick darauf, dass ein schriftliches Sachverständigengutachten eingeholt wurde und dass zwei Erörterungstermine durchgeführt wurden, eine Erhöhung des Verfahrenswertes auf 5.000,00 EUR angemessen. Dabei war auch die Dauer der Erörterungstermine zu berücksichtigen, die unter anderem darauf beruhte, dass die Antragsgegnerin über keine ausreichenden Kenntnisse der deutschen Sprache verfügt.

Demgegenüber kommt den Einkommensverhältnissen der Beteiligten, die nur (ergänzende) Leistungen nach dem SGB II beziehen, hier keine maßgebliche Bedeutung zu.

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