1. Kostenentscheidung

Das Gericht hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu Recht dem Antragsteller auferlegt. Dazu bedurfte es allerdings nicht der Heranziehung des "Rechtsgedankens" des § 97 Abs. 2 ZPO. Diese Vorschrift ist vielmehr nach § 113 Abs. 1 S. 2 FamFG in Ehesachen unmittelbar anzuwenden, da § 150 FamFG diesen Fall nicht regelt und im Gegensatz zu § 243 FamFG (Unterhaltssachen) den Rückgriff auf die Kostenvorschriften der ZPO nicht ausschließt (s. auch Sternal/Weber, FamFG, 12. Aufl., 2023, § 150 Rn 13).

2. Verfahrenswert

Auch die Wertfestsetzung ist nicht zu beanstanden, da das FamG über die gegenstandslosen Folgesachen nicht entschieden hat und diese folglich auch nicht Gegenstand des Beschwerdeverfahrens geworden sind.

3. Anwaltsvergütung

Wird von einem Rechtsmittelgericht die Entscheidung der Vorinstanz aufgehoben und die Sache zur erneuten Entscheidung an die Vorinstanz zurückverwiesen, gilt grds. § 21 Abs. 1 RVG. Das Verfahren nach Zurückverweisung ist eine neue Angelegenheit, in der die Gebühren erneut entstehen.

Von diesem Grundsatz enthält § 21 Abs. 2 RVG für das Verbundverfahren allerdings eine wichtige Ausnahmevorschrift. Sie ist lex specialis zu § 21 Abs. 1 RVG. Die Vorschrift gilt nur in Scheidungsverbundverfahren nach § 121 Nr. 1 FamFG und erfasst ausschließlich die Zurückverweisung nach § 146 FamFG, nicht auch Zurückverweisungen nach § 117 Abs. 2 S. 1 FamFG i.V.m. § 538 Abs. 2 ZPO oder nach § 74 Abs. 4 S. 2, 3 FamFG. Die Vorschrift gilt damit nur für die Fälle, in denen

neben der Ehesache auch Folgesachen anhängig gemacht worden sind,
das FamG oder das OLG den Scheidungsantrag abgewiesen hat und
das Rechtsmittelgericht (OLG oder BGH) den Scheidungsantrag für begründet hält und daher die abweisende Entscheidung zur Scheidung aufhebt und die Sache an die Vorinstanz zurückverweist. Eine Entscheidung des Rechtsmittelgerichts in der Scheidungssache ist in diesem Fall nicht zulässig, da das Rechtsmittelgericht nicht über die vorinstanzlich noch anhängigen Folgesachen entscheiden darf.

Obwohl in diesen Fällen die Voraussetzungen des § 21 Abs. 1 RVG erfüllt sind, findet diese Regelung keine Anwendung. Das Verfahren vor und nach Zurückverweisung gilt als eine Angelegenheit i.S.d. § 15 Abs. 1 RVG. Der Anwalt erhält die Gebühren daher insgesamt nur einmal.

 

Beispiel 1

Das FamG weist den Scheidungsantrag (Werte: Ehesache 6.000,00 EUR; Versorgungsausgleich 1.200,00 EUR) zurück. Gegen die Abweisung des Scheidungsantrags wird Beschwerde erhoben. Das OLG hält den Scheidungsantrag für begründet und verweist die Sache an das FamG zurück.

Das Verfahren vor und nach Zurückverweisung gilt gem. § 21 Abs. 2 RVG als dieselbe Angelegenheit. Die Gebühren vor dem FamG entstehen nur einmal.

 
I. Verfahren vor dem FamG    
1. 1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV   652,60 EUR
  (Wert: 7.200,00 EUR)    
2. 1,2-Terminsgebühr, Nr. 3104 VV   602,40 EUR
  (Wert: 7.200,00 EUR)    
3. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV   20,00 EUR
  Zwischensumme 1.275,00 EUR  
4. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV   242,25 EUR
  Gesamt   1.517,25 EUR
II. Beschwerdeverfahren    
1. 1,6-Verfahrensgebühr, Nr. 3200 VV   624,00 EUR
  (Wert: 6.000,00 EUR)    
2. 1,2-Terminsgebühr, Nr. 3202 VV   468,00 EUR
  (Wert: 6.000,00 EUR)    
3. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV   20,00 EUR
  Zwischensumme 1.112,00 EUR  
4. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV   211,28 EUR
  Gesamt   1.323,28 EUR

Allerdings kann sich der Wert des erstinstanzlichen Verfahrens erhöhen, wenn nach Zurückverweisung noch weitere Folgesachen anhängig gemacht werden.

 

Beispiel 2

Das FamG weist den Scheidungsantrag (Werte: Ehesache 6.000,00 EUR; Versorgungsausgleich 1.200,00 EUR) zurück. Gegen die Abweisung des Scheidungsantrags wird Beschwerde eingelegt. Das OLG hält den Scheidungsantrag für begründet und verweist die Sache an das FamG zurück. Hiernach wird noch nachehelicher Ehegattenunterhalt (Wert: 3.600,00 EUR) anhängig gemacht und darüber auch verhandelt.

Abzurechnen ist zunächst wie im vorangegangenen Beispiel 1. Allerdings kann der Anwalt im Verfahren vor dem FamG infolge der Erhöhung des Verfahrenswertes jetzt noch eine weitere Vergütung fordern. Die Vergütung für das Beschwerdeverfahren bleibt davon allerdings unberührt.

 
I. Verfahren vor dem FamG    
1. 1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV   865,80 EUR
  (Wert: 10.800,00 EUR)    
2. 1,2-Terminsgebühr, Nr. 3104 VV   799,20 EUR
  (Wert: 10.800,00 EUR)    
3. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV   20,00 EUR
  Zwischensumme 1.685,00 EUR  
4. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV   320,15 EUR
  Gesamt   2.005,15 EUR
II. Beschwerdeverfahren    
1. 1,6-Verfahrensgebühr, Nr. 3200 VV   624,00 EUR
  (Wert: 6.000,00 EUR)    
2. 1,2-Terminsgebühr, Nr. 3202 VV   468,00 EUR
  (Wert: 6.000,00 EUR)    
3. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV   20,00 EUR
  Zwischensumme 1.112,00 EUR  
4. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV   211,28 EUR
  Gesamt   1.323,28 EUR

Liegen zwischen dem Abschluss des erstinstanzlichen Verfahrens und der Zurückverweisung allerdings mehr als zwei Kal...

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