RVG VV Vorbem. 3 Abs. 3

Leitsatz

Ist eine mündliche Verhandlung nicht vorgeschrieben, hat eine solche nicht stattgefunden und war eine solche auch nicht durch das Gericht in Aussicht gestellt, scheidet die Festsetzung einer Terminsgebühr nach Vorbem. 3 Abs. 3 VV i.V.m. Anm. Abs. 1 Nr. 1 zu Nr. 3104 VV aus.

OLG Brandenburg, Beschl. v. 29.10.2008–9 WF 173/08

1 Aus den Gründen

1.  Die Festsetzung einer Terminsgebühr nach Vorbem. 3 Abs. 3 i.V.m. Anm. Abs. 1 zu Nr. Nr. 3104 VV scheidet im vorliegenden Fall deshalb aus, weil eine Terminsgebühr nicht entstehen kann, wenn für das gerichtliche Verfahren eine mündliche Verhandlung nicht vorgeschrieben ist und das Gericht durch Beschluss entscheidet (BGH NJW 2007, 2644; KG KGR 2008, 679). Mit der Zubilligung einer Terminsgebühr wird bezweckt, dass derjenige Prozessbevollmächtigte, der im ersten Rechtszug des Zivilverfahrens an sich erwarten kann, in der mündlichen Verhandlung eine Terminsgebühr zu verdienen, keinen Gebührennachteil erleidet, wenn durch eine andere Verfahrensgestaltung auf eine mündliche Verhandlung verzichtet wird (BGH NJW 2008, 668 [= AGS 2007, 610]; NJW 2006, 157). Ist aber eine mündliche Verhandlung nicht vorgeschrieben, hat eine solche nicht stattgefunden und war eine solche auch nicht durch das Gericht in Aussicht gestellt, kann der dargestellte Zweck der Terminsgebühr nicht erreicht werden.

2.  Im vorliegenden Fall handelt es sich um ein Verfahren über die vereinfachte Festsetzung von Unterhalt Minderjähriger gem. den §§ 645 ff. ZPO. In diesem Verfahren ist dem AG die Durchführung einer mündlichen Verhandlung freigestellt, § 128 Abs. 4 ZPO (vgl. auch Musielak/Borth, ZPO, 6. Aufl. 2008, § 649 Rn 2). Die Festsetzung einer Terminsgebühr kommt daher aus grundsätzlichen Erwägungen für dieses Verfahren nicht in Betracht.

Eine mündliche Verhandlung hat im Übrigen auch nicht stattgefunden bzw. ist auch seitens des Gerichts nicht in Aussicht gestellt worden. Dies steht der Festsetzung einer Terminsgebühr entgegen und gilt auch, soweit sich der Beschwerdeführer allein auf die Vorbem. 3 Abs. 3 VV beruft. Nach dieser amtlichen Vorbem. entsteht die Terminsgebühr für die Vertretung in einem Verhandlungs-, Erörterung- oder Beweisaufnahmetermin oder durch die Wahrnehmung eines von einem gerichtlich bestellten Sachverständigen anberaumten Termins oder die Mitwirkung an auf die Vermeidung oder Erledigung des Verfahrens gerichteten Besprechungen auch ohne Beteiligung des Gerichts, allerdings nicht für reine Besprechungen mit dem Auftraggeber. Diese Vorbem. will keinen von den weiteren Gebührentatbeständen eigenständigen Gebührentatbestand schaffen, sondern dient vielmehr der Erläuterung der in den nachfolgenden Nrn. 3100 ff. der VV zum RVG aufgeführten Gebührentatbeständen. Auch durch die Vorbem. 3 Abs. 3 VV wird die Terminsgebühr nicht zu einer von den einzelnen Gebührentatbeständen losgelösten Gebühr für anwaltliche Besprechungen in Streitigkeiten, in denen eine mündliche Verhandlung vor Gericht nicht vorgesehen ist, umgestaltet (BGH NJW 2007, 2644; KG KGR 2008, 679).

Mit dem enthaltenen Hinweis auf die Mitwirkung an auf die Vermeidung und Erledigung des Verfahrens gerichteten Besprechungen sind also nur solche Verfahren gemeint, bei denen es einer mündlichen Verhandlung bedarf. Anders macht weder der Begriff "Terminsgebühr" noch der Umstand, dass nach dem bereits geschilderten Sinn und Zweck die Vermeidung einer mündlichen Verhandlung erfasst werden soll, Sinn.

Mitgeteilt von RiOLG Frank Goetsche, Brandenburg

Anmerkung

Den mitgeteilten Gründen der Entscheidung kann indirekt entnommen werden, dass der Anwalt eine außergerichtliche Besprechung mit dem Ziel der Erledigung bzw. Vermeidung des vereinfachten Unterhaltsfestsetzungsverfahrens geführt hat. Anders lässt sich nämlich die Bezugnahme des Beschwerdeführers auf eine Terminsgebühr nach Vorbem. 3 Abs. 3, 3. Var. VV nicht erklären. Unter dieser Prämisse (Durchführung einer außergerichtlichen Besprechung) ist die Entscheidung des OLG Brandenburg unzutreffend, da eine Terminsgebühr entstanden ist, die auch hätte festgesetzt werden müssen. Eine Einschränkung dahingehend, dass die Terminsgebühr nach Vorbem. 3 Abs. 3, 3. Var. VV nur anfällt, wenn für das betreffende Verfahren eine mündliche Verhandlung oder Erörterung vorgeschrieben ist, sieht das Gesetz nämlich weder dem Wortlaut noch dem Sinn und Zweck nach vor.[1]

Zunächst zum Wortlaut: An keiner Stelle in Vorbem. 3 Abs. 3, 3. Var. VV ist davon die Rede, dass die Besprechung eine eigentlich vorgesehene mündliche Verhandlung in dem zugrunde liegenden gerichtlichen Verfahren ersetzen soll. Dies ergibt sich auch daraus, dass für die Entstehung einer solchen Terminsgebühr die Erteilung eines Verfahrensauftrags ausreicht, das betreffende Verfahren aber noch gar nicht anhängig sein muss.[2] Insofern ist gar nicht in allen Fällen sicher vorauszusehen, ob der Anwalt in Bezug auf ein Verfahren tätig werden wird, dass eine mündliche Verhandlung erfordert. Voraussetzung für die Terminsgebühr für eine außergerichtliche B...

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