Man mag es kaum glauben, dass ein deutscher Richter eine solche Entscheidung von sich gibt.

Streitgegenstand in einem Räumungsprozess ist der Räumungsanspruch als solcher und nicht die Kündigung. Die Kündigung ist noch nicht einmal ein Rechtsverhältnis, dessen Wirksamkeit und Unwirksamkeit festgestellt werden könnte. Feststellbar ist lediglich der Bestand eines Mietverhältnisses.

Daher ist es auch nach einhelliger Auffassung völlig irrelevant, wie viele Kündigungen ausgesprochen worden sind. Die Kündigung ist nicht Streitgegenstand und auch für den Streitgegenstand nicht entscheidend.

 
Hinweis

Der Streitwert für die Feststellung, dass ein Mietverhältnis durch keine von vier fristlosen Kündigungen beendet worden ist, bemisst sich gem. § 41 Abs. 1 GKG nach dem für die Dauer eines Jahres zu zahlenden Entgelts. Er erhöht sich nicht dadurch, dass die Feststellungsklage mehrere Kündigungen zum Gegenstand hat.

KG, Beschl. v. 12.1.2012 – 8 W 31/11[1]

 
Hinweis

Der Streitwert der Klage auf Räumung und Herausgabe von Gewerberäumen ist gem. § 16 Abs. 2 GKG zu bemessen; der Streitwert erhöht sich nicht bei einer auf mehrere Kündigungen gestützten Klage.

OLG München, Beschl. v. 9.7.2001 – 5 W 1857/01[2]

Wird ein Räumungsanspruch auf verschiedene Kündigungsansprüche gestützt, so handelt es sich nur um mehrfache Begründungen bzw. Hilfsbegründungen, an die das Gericht zudem nicht gebunden ist. Das Gericht braucht sich nur eine einzige Kündigung herauszusuchen, die es als begründet ansieht.

Daher kann es auch keine Kostennachteile geben, wenn das Gericht einzelne Kündigungen für unwirksam hält.

Etwas anderes ergibt sich auch nicht, wenn die Kündigungen zu unterschiedlichen Beendigungszeitpunkten führen, wie es sich unschwer aus § 41 Abs. 1 GKG ergibt.

Die von dem Gericht zitierten Entscheidungen des BGH betreffen völlig andere Fallkonstellationen.

Es bleibt zu hoffen, dass diese abwegige Entscheidung keine Nachahmer findet.

Rechtsanwalt Norbert Schneider

AGS 2/2020, S. 80 - 81

[1] AGS 2012, 489 = MDR 2012, 455 = NZM 2012, 535 = ZMR 2012, 638 = WuM 2012, 230 = NJW-Spezial 2012, 411 = RVGreport 2012, 433 = Info M 2012, 445 = RVGprof. 2013, 200.
[2] NZM 2001, 749 = NJW-RR 2002, 521.

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge