Die sofortige Beschwerde ist zulässig (§§ 104 Abs. 3, 567, 569 ZPO). Das Rechtsmittel des Klägers hat in der Sache nur zu einem geringen Teil Erfolg. Sie führt zur Berücksichtigung der Reisekosten des Prozessbevollmächtigten des Beklagten bis zur Höhe der fiktiven Reisekosten eines innerhalb des Gerichtsbezirks am weitesten vom Gerichtsort entfernt ansässigen Rechtsanwalts und zur Abänderung des Erstattungsbetrages um 80,20 EUR auf 1.566,61 EUR.

I.Ü. erwies sich die sofortige Beschwerde jedoch als unbegründet.

Zu Recht hat das LG in der angefochtenen Entscheidung eine Erstattung der tatsächlich angefallenen Reisekosten des Prozessbevollmächtigten für die Strecke von Bremerhaven nach Augsburg verneint, da hier die Zuziehung eines nicht im Bezirk des Prozessgerichts niedergelassenen Rechtsanwaltes nicht zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung notwendig war (§ 91 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 S. 1 Hs. 2 ZPO).

Ob eine bestimmte Rechtsverfolgungs- oder Rechtsverteidigungsmaßnahme notwendig i.S.d. § 91 ZPO ist, lässt sich sinnvollerweise nur über eine typisierende Betrachtung entscheiden. In der Regel wird eine Partei, die einen Rechtsstreit zu führen beabsichtigt, einen Rechtsanwalt in der Nähe ihres Wohn- bzw. Geschäftssitzes aufsuchen, um dessen Rat in Anspruch zu nehmen und für eine sachgerechte Information des Rechtsanwalts zu sorgen (s. BGH AGS 2004, 359 m.w.N. und BGH, Beschl. v. 8.3.2012 – IX ZB 174/10), sodass die Mehrkosten durch die Beauftragung eines Anwalts am dritten Ort regelmäßig nicht erstattungsfähig sind.

Die vom BGH entwickelten besonderen Voraussetzungen für die ganz ausnahmsweise unbegrenzte Erstattung bei der regelmäßigen Beauftragung eines sogenannten "Hausanwaltes" liegen hier gerade nicht vor (vgl. BGH, Urt. v. 21. 1.2004 – IV ZB 32/03, JurBüro 2005, 263). Dies wäre der Fall, wenn ein bundesweit tätiges Unternehmen bei regelmäßig auftretenden rechtlichen Auseinandersetzungen, wie zum Beispiel bei einem großen Versicherer nach endgültiger Leistungsablehnung, seine Akten einem Rechtsanwalt überlässt, der aufgrund ständiger Geschäftsbeziehungen derartige Verfahren sowohl außergerichtlich als auch gerichtlich weiter bearbeitet (s. BGH, Beschl. v. 28.6.2006 – IV ZB 44/05, NJW 2006, 3008). Den maßgeblichen Grund für die kostenrechtliche Billigung der Vertretung des Versicherers durch einen externen Rechtsanwalt hat der BGH darin gesehen, dass diesem anstelle sonst vom Versicherer einzustellender Mitarbeiter bei allen streitig werdenden Leistungsablehnungen die Mitgliedsakten regelmäßig ohne weitere Instruktionen zur selbstständigen Weiterbearbeitung der Sache nach den ihm bekannten Geschäftsgrundsätzen seines Auftraggebers überlassen worden sind (BGH, Beschl. v. 20.5.2008 – VIII ZB 92/07, NJW-RR 2009, 283). Eine vergleichbare Betrauung des Prozessbevollmächtigten des Verfügungsklägers mit einer vorprozessualen Betreuung und Aufbereitung der Sachen, wie sie sonst üblicherweise in Rechtsabteilungen vorgenommen werden, ist hier aber nicht ersichtlich. Vorliegend handelte es sich – um die Geltendmachung von Unterlassungsansprüchen auf wettbewerbsrechtlicher Grundlage durch einen Verband zur Verfolgung gewerblicher Interessen. Es liegt damit keine betriebswirtschaftliche Entscheidung eines Unternehmens vor, die in großer Zahl bundesweit und mit unterschiedlichen Gerichtsständen anfallenden Rechtsangelegenheiten in vorgerichtlicher und gerichtlicher Bearbeitung auf eine Rechtsanwaltskanzlei auszulagern. Anders als in den vorzitierten Entscheidungen des BGH und auch in denen des Senats (zuletzt Senatsbeschl. v. 4.1.2018 – 11 W 1750/17) zum sogenannten "Hausanwalt", war hier auch von Anfang an eine gerichtliche Auseinandersetzung am Gerichtsstand der Beklagten absehbar. Die vorliegende Konstellation der Beauftragung des Rechtsanwalts seines Vertrauens ist gerade nicht mit der Ausnahmesituation einer Beauftragung eines "Hausanwaltes" i.S.d. Rspr., vergleichbar.

Auch das Interesse, sich durch einen Rechtsanwalt ihres Vertrauens vertreten zu lassen, erlaubt es einer Partei nicht, ohne kostenrechtliche Nachteile einen auswärtigen Rechtsanwalt mit ihrer gerichtlichen Vertretung unabhängig davon zu beauftragen, wie weit dessen Kanzlei von ihrem Wohn- oder Geschäftssitz und dem Gerichtsort entfernt ist. Etwas anderes gilt nur dann, wenn ein auswärtiger Rechtsanwalt beauftragt werden musste, weil die Rechtsanwälte am Gerichtsort oder am Wohn- bzw. Geschäftssitz der Partei nicht die erforderlichen Spezialkenntnisse haben (BGH, Beschl. v. 22.4.2008 – XI ZB 20/07, BeckRS 2008, 10901). Das bedeutet, dass die Beauftragung eines spezialisierten auswärtigen Rechtsanwalts am dritten Ort zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung nur dann ausnahmsweise notwendig ist, wenn ein vergleichbarer ortsansässiger Rechtsanwalt nicht beauftragt werden kann (BGH, Beschl. v. 20.12.2011 – XI ZB 13/11, BeckRS 2012, 03797 [= AGS 2012, 434]). Dies ist vorliegend nicht der Fall.

Der Umstand, dass aufgrund jahrelanger Zusammenarbeit zwischen dem Proz...

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