Die Entscheidung ist falsch.

Unzutreffend ist bereits der Ansatzpunkt, dass die Streitwerte gestaffelt festzusetzen seien. Ein Blick ins Gesetz belegt das Gegenteil. Nach § 63 Abs. 2 GKG ist der Wert für die zu erhebenden Gerichtsgebühren festzusetzen. Unabhängig davon, ob Anträge im Verfahren geändert werden oder nicht, wird aber nur eine einzige Gerichtsgebühr erhoben, deren Höhe entweder 3,0 oder 1,0 beträgt (Nrn. 1210, 1211 GKG-KostVerz.). Daher kann es auch nur einen Wert geben. Unterschiedliche Gebühren nach Zeitabschnitten kennt das GKG – jedenfalls im zivilprozessualen Erkenntnisverfahren – nicht.

Bei den Anwaltsgebühren mag es etwas anders liegen; ein Gericht hat aber nach § 63 GKG nur den Wert für die Gerichtsgebühren festzusetzen, nicht für die Anwaltsgebühren. Diese werden im Verfahren nach § 33 RVG festgesetzt und setzen einen Antrag voraus, der hier ersichtlich nicht gestellt worden war.

Darüber hinaus kann sich ein Streitwert nicht ermäßigen, da eine einmal angefallene Gebühr durch eine Antragsreduzierung nicht wegfällt, wie sich unschwer im Umkehrschluss aus Nr. 1211 GKG-KostVerz. ergibt. Auch dies ist also unzutreffend.

Unzutreffend ist weiterhin, dass Prozesskosten Nebenforderungen seien. Nebenforderungen sind Kosten, die auf materiell-rechtlicher Grundlage neben der Hauptforderung eingefordert werden und in Abhängigkeit dazu stehen. Prozesskosten sind dagegen weder Haupt- noch Nebenforderungen, weil sie gar nicht Streitgegenstand sind. Daher ist in § 43 Abs. 3 GKG für Prozesskosten, die ohne die Hauptsache betroffen sind, eine eigene Wertregelung vorgesehen.

Völlig unerheblich für die Streitwertbemessung ist auch, ob die Anwälte Mehrarbeit haben oder nicht. Es geht hier um die gerichtliche Wertfestsetzung. Gerade diese Begründung des Gerichts zeigt aber die Intention des OLG Düsseldorf, den Wert hier möglichst gering festzusetzen, damit die beteiligten Anwälte auch möglichst wenig Gebühren erhalten.

Dem Gericht obliegt auch keine Fürsorgepflicht gegenüber den Parteien, Werte gering festzusetzen. Allenfalls besteht eine Fürsorgepflicht des Gerichts gegenüber der Staatskasse, die Werte richtig festzusetzen, damit die Staatskasse auch entsprechende Einnahmen erzielt.

Dass verschiedene Gegenstände, die während eines Rechtsstreits anhängig werden, zusammenzurechnen sind, ist in der Praxis an sich einhellige Auffassung.

Das Gericht verwechselt hier den nicht werterhöhenden Austausch einer Begründung mit dem werterhöhenden Austausch des Streitgegenstands.

Würde man die Entscheidung des OLG Düsseldorf ernst nehmen, hätte dies z.B. auch für eine außergerichtliche Tätigkeit einschneidende Konsequenzen, insbesondere für eine Kfz-Schadensregulierung.

 
Praxis-Beispiel

Der Anwalt wird mit einer Kfz-Unfallschadenregulierung beauftragt. Er macht zunächst Reparaturkosten in Höhe von 2.000,00 EUR geltend, die gezahlt werden. Hiernach fordert er 1.000,00 EUR Nutzungsausfallentschädigung an und, nachdem diese gezahlt worden ist und die ärztlichen Berichte vorliegen, nochmals 2.000,00 EUR Schmerzensgeld.

Nach der Logik des OLG Düsseldorf könnte der Anwalt seine Geschäftsgebühr für die außergerichtliche Tätigkeit lediglich aus 2.000,00 EUR beantragen, da nie ein höherer Betrag geltend gemacht worden ist. Zutreffend ist selbstverständlich, dass hier sämtliche Positionen zusammengerechnet werden und der Anwalt damit seine Vergütung aus 5.000,00 EUR erhält.

Nichts anderes gilt in einem Rechtsstreit.

Norbert Schneider

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