ARB 2004 §§ 3 Abs. 5, 26; StGB § 185

Leitsatz

Einem Versicherungsnehmer steht in einer arbeitsrechtlichen Angelegenheit kein Rechtsschutzversicherungsschutz zu, wenn er einen Kollegen derartig beschimpft, dass der Tatbestand der Beleidigung erfüllt worden ist und ihm daraufhin gekündigt wird. Der Kausalzusammenhang der vorsätzlichen Straftat zum Versicherungsfall wird auch nicht dadurch unterbrochen, dass die Kündigung im Ergebnis nicht haltbar ist oder durch einen Vergleich beseitigt wird. Der Arbeitnehmer schafft durch sein Verhalten selbst die Gefahrenlage einer Sanktion und kann nicht erwarten, dass die Gemeinschaft der Versicherten dieses Risiko abdeckt.

AG Düsseldorf, Urt. v. 13.10.2009–33 C 8632/09

Sachverhalt

Der Kläger unterhält bei der Beklagten einen Rechtsschutzversicherungsvertrag, dem die ARB 2004 mit Stand v. 1.1.2004 zugrunde liegen. Vom Versicherungsschutz umfasst sind auch arbeitsrechtliche Angelegenheiten. In § 3 Abs. 5 ARB ist ein Versicherungsschutz ausgeschlossen, wenn in diesen Fällen für den Versicherungsfall ein ursächlicher Zusammenhang mit einer vorsätzlich begangenen Straftat besteht.

Der Kläger ist als Kellner einer Gaststätte in der Düsseldorfer Altstadt tätig. Am 26.10.2008 kam es zwischen dem Kläger und dem weiteren Kellner L. zu einer verbalen Auseinandersetzung. Nach dem unstreitigen Vortrag der Parteien ist davon auszugehen, dass Herr L. den Kläger vor Gästen als "Schlampe" bezeichnete. Der Kläger hat daraufhin Herrn L. nicht mehr im Schankraum sondern im Bereich des Durchgangs zur Schwemme, als "Fotze, glatzköpfiger Idiot und Arschloch" bezeichnet. Im Nachgang zu diesem Vorfall wurde das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger wegen dieses Vorfalles gekündigt.

Der Kläger schaltete einen Rechtsanwalt ein und widersprach der Kündigung. Zugleich bat er um eine Deckungszusage der Beklagten. Die Beklagte erteilte eine Deckungszusage, wobei sie darauf hinwies, dass ein Versicherungsschutz dann nicht bestehe, wenn der Versicherungsfall mit einer vorsätzlich begangenen Straftat des Klägers zusammenhänge.

Die Kündigungsschutzklage wurde durch einen Vergleich beendet. Hierin wurde die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses vereinbart. Zugleich wurde festgestellt, dass der Arbeitgeber des Klägers wegen des Vorfalles und der gefallenen Äußerungen zu einer Abmahnung berechtigt ist und sich der Kläger bei Herrn L. entschuldigt.

Die Beklagte hat auf die Rechnung des jetzigen Prozessbevollmächtigten des Klägers über 2.458,59 EUR einen Teilbetrag in Höhe von 1.139,43 EUR gezahlt und weitere Zahlungen abgelehnt, weil der Versicherungsfall auf einer vorsätzlichen Straftat des Klägers beruhe.

Der Kläger ist der Ansicht, die Beklagte sei auch zur Zahlung des restlichen Betrages verpflichtet. Entgegen der Ansicht der Beklagten liege keine den Ausschluss nach § 3 Abs. 5 ARB 2004 begründende Straftat vor. Sein Arbeitgeber habe eine unberechtigte Kündigung ausgesprochen, gegen die er sich gewehrt habe. Dieses Handeln des Arbeitgebers habe den Kausalzusammenhang zwischen seiner Handlung und dem Versicherungsfall unterbrochen. Darüber hinaus liege eine Straftat auch deswegen nicht vor, weil er in der Wahrnehmung berechtigter Interessen gehandelt habe. Selbst wenn man dies nicht annehme, sei eine Straffreiheit wegen wechselseitig begangener Beleidigungen gegeben.

Die Beklagte ist der Ansicht, sie sei leistungsfrei, weil der Ausschlussgrund des § 3 Abs. 5 ARB 2004 vorliege. Eine strafrechtliche Verfolgung sei nicht erforderlich und auch der Vergleich ändere hieran nichts. Der Sachverhalt selbst stehe aufgrund der Vergleichsformulierung fest.

Aus den Gründen

Dem Kläger steht gegen die Beklagte ein Anspruch aus dem Rechtsschutzversicherungsvertrag nach Maßgabe der §§ 26, 2 b ARB 2004 nicht zu, denn zugunsten der Beklagten greift der Leistungsausschluss nach § 3 Abs. 5 ARB 2004 ein.

Für die Frage, ob eine vorsätzliche Straftat des Klägers vorliegt, ist von dem von ihm geschilderten Sachverhalt auszugehen, weil die Beklagte keinen eigenen Sachverhalt zu dem Geschehen v. 26.10.2008 vorträgt. Danach hat es eine Beleidigung des Klägers durch Herrn L. gegeben. Diese Beleidigung hat der Kläger seinerseits mit einer Beleidigung des Herrn L. durch die im Vergleich festgestellten Bezeichnungen "Fotze, glatzköpfiger Idiot und Arschloch", erwidert. Dieser Sachverhalt begründet zweifelsfrei den Tatbestand einer Beleidigung nach § 185 StGB in Form der Formalbeleidigung. Der Kläger handelte insoweit auch vorsätzlich, denn angesichts der gewählten Formulierungen wusste er um die beleidigende Wirkung der Äußerungen und wollte gerade auch diesen Zweck erreichen.

Für die Anwendung des § 3 Abs. 5 ARB 2004 reicht das Vorliegen einer vorsätzlichen Straftat aus.

Entgegen der Ansicht des Klägers führen auch die §§ 193, 199 StGB zu keiner anderen Betrachtungsweise.

Die Anwendung des § 193 StGB scheidet bei so genannten Formalbeleidigungen, deren beleidigender Charakter bereits aus der Form der Äußerung und den Umständen hervorgeht, aus (vgl. Schönke-Schröder-Lenckner zu § 193 Rn 26). Ei...

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