RVG §§ 15, 16; GewSchG § 1 Abs. 1 S. 1 u. 2

Leitsatz

Das Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Verfügung über Anordnungen nach § 1 Abs. 1 S. 1 GewschG und das Verfahren auf Verlängerung der Anordnungen nach § 1 Abs. 2 S. 2 GewSchG sind zwei verschiedene gebührenrechtliche Angelegenheiten.

AG Bad Kreuznach, Beschl. v 15.1.2009–2 C 646/07

1 Sachverhalt

Der dem Antragsteller im Wege der Prozesskostenhilfe beigeordnete Rechtsanwalt hatte für diesen eine einstweilige Verfügung nach § 1 Abs. 1 S. 1 GewSchG beantragt. Die Verfügung ist antragsgemäß ergangen. Die einstweilige Anordnung war befristet auf die Dauer von sechs Monaten. Die für dieses Verfahren angefallene Vergütung rechnete der Anwalt daraufhin mit der Landeskasse ab.

Vor Ablauf der sechs Monate beantragte der Anwalt für den Antragsteller die Verlängerung der Anordnungen gem. § 1 Abs. 1 S. 2 GewSchG. Dem Antrag wurde stattgegeben. Der Rechtsanwalt wurde auch für dieses Verfahren dem Antragsteller im Wege der Prozesskostenhilfe beigeordnet.

Der Anwalt beantragte daraufhin die Festsetzung seiner weiteren Vergütung für das Verlängerungsverfahren. Die Rechtspflegerin wies den Antrag mit der Begründung zurück, dass Anordnungs- und Verlängerungsverfahren gem. § 16 Nr. 6 RVG eine Angelegenheit seien, so dass keine weitere Vergütung mehr verlangt werden könne.

Der Erinnerung hat die Amtsrichterin abgeholfen und die beantragte Vergütung festgesetzt.

2 Aus den Gründen

Die Vergütung war antragsgemäß festzusetzen. Denn auf Seiten des Antragsteller-Vertreters ist durch die Beantragung einer Verlängerung der befristeten einstweiligen Verfügung nach dem Gewaltschutzgesetz ein Vergütungsanspruch in Höhe von 186,24 EUR entstanden.

Der Antragstellerin ist Prozesskostenhilfe ohne Zahlungsbestimmung für den Antrag auf Verlängerung der einstweiligen Verfügung bewilligt und der Antragsteller-Vertreter beigeordnet worden. Es ist ein verfahrensbeendender Beschluss ergangen, wonach der Antragsgegner die Verfahrenskosten zu tragen hat. Dem Prozessgegner ist Prozesskostenhilfe nicht bewilligt worden. Die nunmehr festgesetzte Vergütung steht dem Antragsteller-Vertreter auch über den bereits ausbezahlten Betrag in Höhe von 186,24 EUR als weitergehender Vergütungsanspruch zu. Denn entgegen der Auffassung des Vertreters der Staatskasse führt die Stellung eines Antrags auf Verlängerung einer befristeten einstweiligen Verfügung nach Gewaltschutzgesetz zur Entstehung eines eigenen Vergütungsanspruchs des unter Bewilligung von Prozesskostenhilfe beigeordneten Rechtsanwalts. Denn bei dem Antrag auf Erlass einer zunächst befristeten einstweiligen Verfügung auf der einen und bei dem Antrag auf deren Verlängerung auf der anderen Seite handelt es nicht um dieselbe Angelegenheit i.S.d. § 16 Nr. 6 RVG. Vielmehr handelt es sich bei dem Verlängerungsantrag um eine neue, einen eigenen Anspruch auf Vergütung auslösende Angelegenheit. Denn der Antrag auf Verlängerung stellt gerade keine "Änderung" der ursprünglichen Verfügung i.S.d. § 16 Nr. 6 RVG dar (vgl. hierzu die Entscheidung des OLG Hamburg JurBüro 1991, 1084, zu dem bis 30.6.2004 geltenden und dem § 16 Nr. 6 RVG inhaltlich weitestgehend entsprechenden § 40 Abs. 2 BRAGO). Vielmehr hat das ursprüngliche einstweilige Verfügungsverfahren durch den Beschluss des Gerichts seinen erstinstanzlichen Abschluss gefunden. Die begehrte Verlängerung der Geltungsdauer der in dieser einstweiligen Verfügung getroffenen Anordnungen stellt sich inhaltlich nicht anders dar als eine neuerliche einstweilige Verfügung mit dem Inhalt, dieselben Anordnungen für einen anderen, sich an die ursprüngliche Befristung anschließenden Zeitraum zu treffen. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass mit dem Inkrafttreten des GewSchG in dessen § 1 Abs. 1 S. 2 die Möglichkeit der Verlängerung der zunächst befristeten Anordnungen explizit vorgesehen ist. Denn auch vor Inkrafttreten des GewSchG war eine Verlängerung einer befristeten einstweiligen Verfügung ohne weiteres möglich. Dass diese Möglichkeit nun expressis verbis aufgenommen wurde, kann nur daraus resultieren, dass der Gesetzgeber für Anordnungen nach dem GewSchG wegen des scharfen Eingriffs der Anordnungen in die Freiheitsrechte des Antragsgegners eine Befristung der Anordnungen vorsehen wollte. Dann aber musste als logische Konsequenz in Hinblick auf die auf der Seite des Antragstellers drohenden Rechtsgutsverletzungen auch eine Möglichkeit der Verlängerung der Befristung aufgenommen werden. Diese Möglichkeit der Verlängerung aber stellt sich lediglich als Verfahrensvereinfachung dar. Denn dem Antragsteller ist es gleichwohl auch unbenommen, anstelle eines Antrags auf Verlängerung der bestehenden einstweiligen Verfügung einen Antrag auf Erlass einer neuerlichen einstweiligen Verfügung zu stellen. Ein solcher ist aber gerade inhaltlich nichts anderes als der bloße Verlängerungsantrag, denn auch bei diesem muss der Antragsteller durch neue Tatsachen glaubhaft machen, dass die Fortdauer der Verfügungsgründe gegeben ist (vgl. hierzu auch N. Schneider, AGS 2007, 492 f.)....

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