ZPO §§ 269 Abs. 3, 91 Abs. 1 S. 1, 98

Leitsatz

Die Kosten eines außergerichtlichen Vergleichs gehören nur dann zu den zu erstattenden Kosten des Rechtsstreits, wenn die Parteien das vereinbart haben.

BGH, Beschl. v. 25.9.2008 – V ZB 66/08

1 Aus den Gründen

I. Die Klägerin wehrte sich vor dem Prozessgericht mit einer Vollstreckungsgegenklage gegen die Vollstreckung des Beklagten aus einem notariell beurkundeten Grundstückskaufvertrag, der eine Vollstreckungsunterwerfung der Klägerin wegen der Kaufpreisforderung von 470.000,00 EUR enthält. Während des Rechtsstreits bestätigten die Parteien vor dem Urkundsnotar in einer als Nachtrag bezeichneten Urkunde den Kaufvertrag. Der Beklagte wurde dabei durch seinen Prozessbevollmächtigten vertreten. Die Parteien vereinbarten darin unter Hinweis auf den Ausgangsrechtsstreit vor dem LG Dresden und "zur Beschleunigung des Vollzugs des Kaufvertrags und zur Minimierung gegenseitiger Kostenrisiken" Änderungen zur Abwicklung des Kaufvertrags, einen vorläufigen Verzicht des Beklagten auf die Vollstreckung und zusätzlich, dass die Klägerin die bislang angefallenen Zwangsvollstreckungskosten und die "Kosten dieser Urkunde" zu tragen habe.

In einem ergänzenden Schriftwechsel einigten sie sich darauf, dass die Klägerin die Kosten des "Anwalts [des Beklagten] für das gerichtliche Verfahren vor dem LG Dresden" tragen solle. Die Klägerin nahm anschließend ihre Klage zurück. Auf Antrag des Beklagten erlegte das Prozessgericht ihr die Kosten des Rechtsstreits auf, dessen Wert es auf 470.000,00 EUR festsetzte.

Der Beklagte hat, soweit hier von Interesse, eine Termins- und eine Einigungsgebühr nebst Umsatzsteuer für die Teilnahme seines Prozessbevollmächtigten an der Verhandlung vor dem Notar zur Festsetzung angemeldet. Das LG hat diese Kosten antragsgemäß festgesetzt. Die sofortige Beschwerde der Klägerin hat das OLG zurückgewiesen. Dagegen richtet sich ihre von dem OLG zugelassene Rechtsbeschwerde.

II. Das Beschwerdegericht meint, die Termins- und die Einigungsgebühr seien richtig berechnet und auch angefallen. Der Nachtrag sei ein Vergleich i.S.v. Nr. 1000 Abs. 1 S. 1 VV, an dem der Prozessbevollmächtigte des Beklagten mitgewirkt habe. Die Vereinbarungen seien über einen bloßen Verzicht des Beklagten auf die Vollstreckung aus dem Kaufvertrag hinausgegangen. Diese Kosten hätten dem Beklagten auferlegt werden müssen, weil der Nachtrag eine Kostenregelung nicht enthalte. Damit gälten diese Kosten als gegeneinander aufgehoben. Die Kostengrundentscheidung sei aber dessen ungeachtet für das Kostenfestsetzungsverfahren verbindlich. Der Ansatz der Gebühren für die Teilnahme des Prozessbevollmächtigten des Beklagten an der Verhandlung über den Nachtrag scheitere auch nicht daran, dass diese möglicherweise keinen vollstreckungsfähigen Inhalt habe. Bislang seien die Kosten eines außergerichtlichen Vergleichs zwar aus diesem Grund als nicht berücksichtigungsfähig angesehen worden. Dieses Erfordernis habe der BGH aber aufgegeben.

III. Diese Erwägungen halten einer rechtlichen Prüfung nicht stand. Die Gebühren für die Teilnahme des Prozessbevollmächtigten an dem Termin zur Beurkundung des Nachtrags zum Kaufvertrag der Parteien sind nicht erstattungsfähig. Das führt zu einer entsprechenden Abänderung des Kostenfestsetzungsbeschlusses.

1.  In der Sache zutreffend geht das Beschwerdegericht allerdings davon aus, dass die Parteien mit dem Nachtrag einen außergerichtlichen Vergleich geschlossen haben. Sie haben sich darin nämlich unter gegenseitigem Nachgeben über die zwischen ihnen streitige Frage geeinigt, ob dem Beklagten ein vollstreckbarer Anspruch aus dem Kaufvertrag zustand. Dabei hat der Beklagte die Bestätigung des Kaufvertrags und seine Umsetzung unter veränderten Modalitäten und die Klägerin die Beendigung der Zwangsvollstreckung erreicht.

2.  Im Ergebnis zutreffend ist auch die weitere Annahme des Beschwerdegerichts, dass die Kosten dieses Vergleichs in der Sache als gegeneinander aufgehoben gelten.

a)  Diese Rechtsfolge ergibt sich bei einem Prozessvergleich aus § 98 S. 1 ZPO. Für einen außergerichtlichen Vergleich, wie ihn die Parteien hier abgeschlossen haben, gilt die Vorschrift jedenfalls dann entsprechend, wenn der außergerichtliche Vergleich zur Prozessbeendigung führt (BGHZ 39, 60, 69; BGH, Urt. v. 25.5.1988 – VIII ZR 148/87, NJW 1989, 39, 40; Beschl. v. 26.6.2003 – III ZB 57/02, BGHR 2003, 1046 [Ls.], Volltext bei juris; Beschl. v. 15.3.2006 – XII ZR 209/05, NJW-RR 2006, 1000; Senat, Beschl. v. 8.12.2006, V ZR 249/05, NJW 2007, 835, 836 [= AGS 2007, 430]; MünchKomm-ZPO/Giebel, 3. Aufl., § 98 Rn 23; Musielak/Wolst, ZPO, 6. Aufl., § 98 Rn 2; Stein/Jonas/Bork, ZPO, 22. Aufl., § 98 Rn 6; Wiezcorek/Schütze/Steiner, ZPO, 3. Aufl., § 98 Rn 4; Zöller/Herget, ZPO, 26. Aufl., § 98 Rn 5). So liegt es hier. Die Parteien haben den Nachtrag nach der Vorbemerkung vereinbart, um den zwischen ihnen anhängigen Rechtsstreit kostengünstig zu beenden und den Vollzug des Kaufvertrags ohne Zwangsvollstreckung zu erreichen. Im Anschluss an den...

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