1. Berücksichtigung des Erfüllungseinwandes

Der Entscheidung des LG Berlin ist im Grundsatz zuzustimmen. Materiell-rechtliche Einwendungen sind in der Tat im Kostenfestsetzungsverfahren grds. nicht zu berücksichtigen, weil dieses Verfahren zur Klärung streitiger Fragen nicht vorgesehen und auch nicht geeignet ist (BGH RVGreport 2007, 110 [Hansens]; BGH RVGreport 2006, 223 [Ders.] = AGS 2007, 219; OLG Celle RVGreport 2017, 159 [Ders.] = AGS 2018, 39: Nichtigkeit des Anwaltsvertrages).

2. Tilgungsbestimmung aus den Umständen

Jedoch stellt sich die Frage, ob hier im Kostenfestsetzungsverfahren die als solche unstreitige Zahlung nicht doch hätte berücksichtigt werden können. Umstritten war hier allein die Erfüllungswirkung. Das LG Berlin weist zu Recht darauf hin, dass sich angesichts des Umstandes, dass die Beklagte bei den beiden Überweisungen den Zahlungszweck nicht mitgeteilt hatte, diese Zahlungen dann nach Maßgabe der §§ 366, 367 BGB auf ältere Forderungen der Kläger zu verrechnen gewesen wären.

Allerdings hätte das LG Berlin m.E. prüfen müssen, ob sich der Zweck der beiden Teilzahlungen nicht aus den Umständen ergibt. Den Klägern stand aufgrund ihrer erfolgreichen Feststellungsklage ein Rückzahlungsanspruch wegen der unter Vorbehalt gezahlten Mieterhöhung i.H.v. 39,97 EUR ab März 2020 zu. Bis wann die Kläger diese der Beklagten nicht zustehende Mieterhöhung gezahlt hatten, lässt sich den Beschlussgründen nicht entnehmen. Immerhin ist davon auszugehen, dass diese spätestens mit Erlass des amtsgerichtlichen Urteils die Zahlungen eingestellt haben. Ebenso wenig lässt sich der Entscheidung des LG Berlin entnehmen, ob die Kläger ihre Rückzahlungsforderungen überhaupt gegen die Beklagte geltend gemacht hatten. Außerdem hätte sich die Frage gestellt, warum die Beklagte ausgerechnet in zwei Teilbeträgen einen Geldbetrag an die Prozessbevollmächtigten der Kläger gezahlt hat, der genau dem Erstattungsbetrag entspricht, nicht jedoch etwa einem Vielfachen des monatlichen überzahlten Mietzinses i.H.v. 39,97 EUR. Außerdem wäre interessant zu wissen gewesen, wann der Beklagten der Antrag auf Kostenfestsetzung zugegangen ist. Erfolgte nämlich die Zahlung nach Zugang des genau auf den Betrag von 229,12 EUR lautenden Kostenfestsetzungsantrags, so spricht vieles dafür, dass die Beklagte genau diesen Betrag erstatten wollte. Die Tilgungsbestimmung kann nämlich stillschweigend getroffen werden (BGH NJW 2010, 2208). Sie liegt darin, dass der hier in zwei Teilzahlungen geleistete Betrag gerade dem Betrag einer der mehreren Forderungen der Kläger gegen die Beklagte, nämlich dem Kostenerstattungsanspruch entsprochen hat (s. BGH NJW 2001, 3781; BGH NJW 2008, 338).

Insgesamt muss jedoch festgestellt werden, dass die Beklagte den Streit über die Erfüllungswirkung ganz einfach dadurch hätte vermeiden können, dass sie auf den Überweisungsträgern den Zahlungszweck angegeben hätte.

3. Exkurs: Anfall und Erstattungsfähigkeit der Hebegebühr

Die Entscheidung des LG Berlin gibt Anlass, Ausführungen zur Hebegebühr zu machen.

a) Anfall der Hebegebühr

Für die Auszahlung von entgegengenommenen Geldbeträgen, auch für unbare Zahlungen (s. Abs. 1 und 2 der Anm. zu Nr. 1009 VV), steht dem Rechtsanwalt die in Nr. 1009 VV bestimmte Hebegebühr zu. Ist – wie hier – Geld in mehreren Beträgen gesondert ausgezahlt oder überwiesen worden, wird die Hebegebühr nach Abs. 3 der Anm. zu Nr. 1009 VV von jedem Betrag gesondert erhoben. Dies wäre hier im Fall des LG Berlin dann der Fall gewesen, wenn es sich bei den beiden Teilzahlungen um Leistungen der Beklagten auf den Rückzahlungsanspruch der Kläger hinsichtlich der überzahlten Miete gehandelt hätte. Anders wäre dies hingegen, wenn die Beklagte die beiden Teilzahlungen zur Erfüllung des Kostenerstattungsanspruchs der Kläger geleistet hätte. In diesem Fall wäre durch die Abführung der Zahlungen an die Kläger oder durch die Verrechnung der Teilzahlung auf den Vergütungsanspruch der Klägervertreter nach Abs. 5 der Anm. zu Nr. 1009 VV keine Hebegebühr ausgelöst worden.

b) Berücksichtigung im Kostenfestsetzungsverfahren

Entsteht dem Prozessbevollmächtigten der obsiegenden Partei die Hebegebühr deshalb, weil der Gegner zur Erfüllung des in der Hauptsacheentscheidung oder in einem Vergleich geschuldeten Betrags an den Rechtsanwalt überweist, so kann die durch die Auszahlung an den Berechtigten angefallene Hebegebühr im Kostenfestsetzungsverfahren nach den §§ 103 ff. ZPO berücksichtigt werden (BGH RVGreport 2007, 153 [Hansens] = AGS 2007, 212 m. Anm. N. Schneider). Dies gilt insbesondere dann, wenn die Einschaltung des Prozessbevollmächtigten in den Zahlungsvorgang nach dem Inhalt des Vergleichs aus besonderen Gründen gerechtfertigt ist (so BGH, a.a.O.) oder sich die zahlungspflichtige Partei in einem gerichtlichen Vergleich verpflichtet hatte, den Vergleichsbetrag zu Händen des Anwalts der Gegenpartei zu zahlen (OLG Schleswig AGS 1999, 163).

In einem solchen Fall, in dem sich die Verpflichtung zur Zahlung des Vergleichsbetrags ...

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