1. Festsetzung des Streitwertes

In den meisten Fällen fallen in den gerichtlichen Verfahren vor dem SG keine Gerichtsgebühren an, sodass auch kein Streitwert festzusetzen ist. Vorliegend hat es sich jedoch gem. § 197a SGG um ein kostenpflichtiges Verfahren gehandelt, in dem somit Gerichtsgebühren anfallen. In einem solchen Verfahren ist deshalb gem. § 63 GKG von Amts wegen ein Streitwert festzusetzen. Dies sei deshalb – so das Bay. LSG – erforderlich, damit der Kostenbeamte die in dem gerichtskostenpflichtigen Verfahren anfallenden Gerichtsgebühren ansetzen kann.

a) Allgemeine Verfahrensgebühr

Soweit – wie hier – in dem betreffenden Verfahren überhaupt Gerichtskosten erhoben werden, fällt eine Gebühr für das Verfahren im Allgemeinen an. In dem Verfahren vor dem SG Augsburg ist deshalb nach Nr. 7110 GKG KV eine 3,0-Verfahrensgebühr entstanden.

b) Vergleichsgebühr

Nach Nr. 7600 GKG KV entsteht bei Abschluss eines gerichtlichen Vergleichs eine 0,25-Vergleichsgebühr, soweit ein Vergleich über nicht gerichtlich anhängige Gegenstände geschlossen worden ist. Das Bay. LSG hat darauf hingewiesen, dass der Abschluss eines gerichtlichen Vergleichs über die in diesem Verfahren anhängigen Gegenstände durch die allgemeine Verfahrensgebühr abgegolten wird. Die gerichtliche Vergleichsgebühr nach Nr. 7600 GKG KV falle auch dann nicht an, soweit ein gerichtlicher Vergleich über anderweitig gerichtlich anhängige Gegenstände geschlossen worden ist. Dies folge aus dem eindeutigen Wortlaut der Anm. zu Nr. 7600 GKG KV, der erfordere, dass der Vergleich über nicht gerichtlich anhängige Gegenstände geschlossen worden sein müsse. Dies hat nach den weiteren Ausführungen des Bay. LSG seinen Grund darin, dass ein Vergleich über anderweitig gerichtlich anhängige Gegenstände bereits durch die in den dortigen Verfahren jeweils erhobene Verfahrensgebühr abgegolten sei.

2. Auswirkungen auf die Festsetzung des Vergleichsmehrwertes

Hieraus folgt nach den weiteren Ausführungen des Bay. LSG, dass hinsichtlich der mit verglichenen anderweitig anhängigen Gegenstände ein Vergleichsmehrwert nicht festzusetzen ist. Dies gelte ebenso für die in dem Verfahren vor dem SG Augsburg anhängig gewesenen Forderungen i.H.v. insgesamt 11.527,07 EUR. Folglich sei ein Vergleichsmehrwert nur für diejenigen Ansprüche festzusetzen, die weder in dem Verfahren vor dem SG Augsburg noch in den anderen gerichtlichen Verfahren anhängig gewesen sind. Folglich seien die mit verglichenen anderweitig anhängigen Ansprüche i.H.v. insgesamt 368.220,92 EUR abweichend von der Auffassung der Klägerin und ihres Prozessbevollmächtigten bei der Festsetzung des Vergleichsmehrwertes nicht zu berücksichtigen. Denn insoweit falle keine gerichtliche Vergleichsgebühr nach Nr. 7600 GKG KV an. Ein Vergleichsmehrwert sei nämlich nur dann festzusetzen, wenn auch Gerichtsgebühren – hier die gerichtliche Vergleichsgebühr – erhoben würden. Hinsichtlich dieser mit verglichenen, anderweitig anhängigen Ansprüche komme eine Streitwertfestsetzung ausschließlich nur durch das Gericht in Betracht, vor dem die jeweiligen Ansprüche anhängig seien.

Dem steht nach den weiteren Ausführungen des Bay. LSG auch nicht die von dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin herangezogene Entscheidung des BGH (AGS 2018, 141 = RVGreport 2018, 315 [Hansens]) entgegen. In diesem Verfahren ging es lediglich darum, dass der unbemittelte Beteiligte einen Anspruch auf Erweiterung der ihm bewilligten Verfahrenskostenhilfe (VKH) unter Beiordnung seines Bevollmächtigten hat, wenn die Beteiligten in einer Familiensache einen Vergleich unter Einbeziehung nicht anhängiger Verfahrensgegenstände geschlossen haben. Der Mehrvergleich hat sich im Fall des BGH somit ausschließlich auf nicht anhängige Verfahrensgegenstände bezogen. Das Bay. LSG hat darauf hingewiesen, dass sich der BGH mit der Frage, ob bei der Festsetzung eines Vergleichsmehrwertes auch mitverglichene anderweitig anhängige Ansprüche zu berücksichtigen seien, nicht auseinandergesetzt hat. I.Ü. – so ist zu ergänzen – ging es in der Entscheidung des BGH lediglich um die Erweiterung der Bewilligung der VKH unter Beiordnung der Rechtsanwältin und nicht um die Festsetzung eines für die Gerichtsgebühren maßgeblichen Vergleichsmehrwertes.

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