I.  Die Berufung des Klägers hat im Wesentlichen Erfolg. Er schuldet dem beklagten Rechtsanwalt für die von diesem in einem gegen den Kläger gerichteten Strafverfahren entfaltete Tätigkeit nicht, wie das LG (in seinem in AGS 2008, 108 veröffentlichten Urteil) mit dem Beklagten rechtsirrtümlich meint, vertragliches Honorar jedenfalls in Höhe des angeblich nicht rückzahlbaren Vorschusses (1.160,00 EUR), sondern nur gesetzliches Honorar in Höhe der von ihm zugestandenen 313,20 EUR zuzüglich Fotokopiekosten und Reisekosten (jeweils zzgl. 16 % MWSt), insgesamt 429,72 EUR. Daraus folgt, dass der Beklagte von dem empfangenen Vorschuss den überwiegenden Teilbetrag von 730,28 EUR (1.160,00 EUR – 429,72 EUR) an den Kläger zurückzuzahlen hat. Es handelt sich dabei allerdings nicht, wie das LG im rechtlichen Ansatz irrtümlich meint, um einen bereicherungsrechtlichen Anspruch aus § 812 Abs. 1 S. 1 BGB, sondern um einen Herausgabeanspruch aus § 667 BGB, § 10 Abs. 2 RVG. Denn der von dem Beklagten auf der Grundlage des entgeltlichen Rechtsbesorgungsvertrags (§§ 611, 675 BGB, § 3 BRAO) gem. § 9 RVG beanspruchte und an ihn auch gezahlte Vorschuss ist nur in Höhe von 429,72 EUR vertragsgemäß für die gesetzlichen Gebühren verbraucht worden, so dass der Überschuss bedingungsgemäß zurückzuzahlen ist (vgl. BGH NJW-RR 1988, 1264; Palandt/Sprau, BGB, 67. Aufl., § 669 Rn 3). Im Einzelnen gilt das Folgende:

1.  Richtig ist die Rechtsauffassung des LG, der Beklagte habe keinen Anspruch auf das von ihm ursprünglich auf der Grundlage der Vergütungsvereinbarung in Rechnung gestellte Zeithonorar, welches – unter Berücksichtigung des gezahlten Vorschusses – in Höhe von restlichen 4.097,23 EUR (5.257,23 EUR – 1.160,00 EUR) Gegenstand seiner Honorarnoten gewesen ist.

a) Das vom Kläger (nur) per Telefax gegebene Honorarversprechen ist unwirksam, soweit es die gesetzliche Vergütung übersteigt. Eine solche Überschreitung ist im Laufe der Bearbeitung des Mandats durch den Beklagten unstreitig eingetreten. Die Unwirksamkeit eines solchen Honorarversprechens beruht auf § 4 Abs. 1 S. 1 RVG (in der hier noch maßgeblichen, seit dem 1.7.2004 geltenden Fassung, künftig: RVG a.F.), der vorschreibt, dass es nur verbindlich ist, wenn der Mandant es dem Rechtsanwalt in Schriftform (§ 125 BGB) erteilt. Die Übermittlung per Telefax erfüllt nicht die Schriftform (vgl. OLG Hamm OLGR 2006, 336 = MDR 2006, 1139), sondern allenfalls die Textform (§ 126b BGB). Erst durch die seit dem 1.7.2008 in Kraft getretene und deshalb hier nicht anwendbare Gesetzesfassung (§ 4 Abs. 1 S. 1 RVG n.F.) ist das Schriftformerfordernis abgeschwächt und durch die Textform ersetzt worden.

b) Ohne Erfolg kommt der Beklagte zurück auf seinen schon im ersten Rechtszug vorgebrachten Einwand, auf die Einhaltung des Schriftformgebots sei aus Gründen von Treu und Glauben im Rechtsverkehr (§ 242 BGB) zu verzichten, weil der Kläger die von ihm unterzeichnete Honorarvereinbarung „vorsätzlich“ nur per Telefax übermittelt habe. Damit ist arglistiges Verhalten des Klägers nicht schlüssig dargelegt. Ein solches könnte nur dann festgestellt werden, wenn dem Kläger die Formunwirksamkeit des nur per Telefax gegebenen Honorarversprechens im Zeitpunkt der Übermittlung bekannt gewesen wäre und er den Beklagten mit diesem Wissen arglistig daran gehindert hätte, auf der schriftlichen Übermittlung des Honorarversprechens zu bestehen (vgl. BGH NJW 1991, 3095; 2004, 2818 m. w. Nachw.). Davon kann indes keine Rede sein. Der Beklagte nennt kein einziges Indiz, welches den Schluss auf ein solches Wissen des Klägers im maßgeblichen Zeitpunkt zulassen könnte. Im Übrigen ist der Beklagte nicht schutzwürdig; von ihm als Rechtsanwalt kann erwartet werden, dass er das Schriftformgebot kennt, den Mandanten darauf aufmerksam macht und aus diesem Grunde auf dessen Einhaltung besteht (vgl. BGH NJW 2004, 2818, 2819).

c) Aus den gleichen Gründen scheitert auch das erneute Vorbringen des Beklagten im Berufungsrechtszug, der Kläger schulde jedenfalls in Höhe des umstrittenen Vorschusses Schadensersatz. Ausreichende Anhaltspunkte für ein schuldhaft vertragspflichtwidriges oder gar vorsätzlich deliktisches Verhalten des Klägers, der juristischer Laie ist, hat der Beklagte nicht vorgebracht. Der bloße und im Prozess hervorgetretene Wille des Klägers, an dem formwidrigen Honorarversprechen nicht festgehalten zu werden, lässt keine i.S.d. § 286 ZPO gesicherten Rückschlüsse auf seine Motive bei Vertragsschluss zu.

2. Das LG meint, der Vorschuss sei jedenfalls gem. § 4 Abs. 1 S. 3 RVG a.F. deshalb nicht zurückzuzahlen, weil der Kläger ihn im Sinne dieser Bestimmung „freiwillig und ohne Vorbehalt“, nämlich in Kenntnis der Gebührenüberschreitung geleistet habe. Dieser Rechtsauffassung folgt der Senat nicht.

a)  Sinn und Zweck von § 4 Abs. 1 S. 3 RVG a.F. sind es, den Mandanten, der bei der Leistung einer vereinbarten Honorarzahlung positiv weiß, dass sie die gesetzliche Vergütung überschreitet, und dessen vorbehaltloser und freier Wille es...

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