Geschäftsgebühr wird hälftig angerechnet
Soweit in einem gerichtlichen Verfahren die Geschäftsgebühr tituliert ist, muss sie nach § 15a Abs. 2 RVG im nachfolgenden Kostenfestsetzungsverfahren hälftig angerechnet werden. Dabei ist unerheblich, ob die Geschäftsgebühr durch Urteil oder aufgrund eines Vergleichs tituliert worden ist.
Problem: Quotierte Geschäftsgebühr
Probleme bereitet die Anrechnung, wenn in einem Urteil oder Vergleich nicht eine volle Geschäftsgebühr nach dem betreffenden Wert tituliert worden ist, sondern eine Quote.
Beispiel
Der Anwalt klagt neben der Hauptsache (8.000,00 EUR) eine 1,3-Geschäftsgebühr (Nr. 2300 VV) daraus ein, also:
1. | 1,3-Geschäftsgebühr, Nr. 2300 VV | 592,80 EUR | |
(Wert: 8.000,00 EUR) | |||
2. | Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV | 20,00 EUR | |
Zwischensumme | 612,80 EUR | ||
3. | 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV | 116,43 EUR | |
Gesamt | 729,23 EUR |
Die Parteien schließen sodann einen Vergleich, wonach der Beklagte 7.856,31 EUR zahle, nämlich 90 % der Klageforderung (also 7.200,00 EUR auf die Hauptforderung und 656,31 EUR auf die Kosten).
Anrechnung auch nur nach Quote
Nach § 15a Abs. 2 RVG kann sich der Beklagte auf die Anrechnung berufen, soweit die Geschäftsgebühr tituliert worden ist. Tituliert worden sind hier aber nur 90 % der Geschäftsgebühr. Folglich dürfen auch nur 90 % der hälftigen Geschäftsgebühr, höchstens 90 % einer 0,75 Gebühr im nachfolgenden Kostenfestsetzungsverfahren angerechnet werden.
Anrechnung der Geschäftsgebühr auf die Verfahrensgebühr bei Prozessvergleich mit Vereinbarung über vorprozessuale Kosten
Schließen die Parteien zur Beendigung des Verfahrens einen Vergleich, in welchem sich der Beklagte auch verpflichtet, dem Kläger 90 % der diesem entstandenen vorprozessualen Geschäftsgebühr zu erstatten, so ist gem. der Vorbem. 3 Abs. 4 VV die außergerichtliche Geschäftsgebühr mit 90 % eines Gebührensatzes von 0,75 auf die Verfahrensgebühr anzurechnen.
OLG Düsseldorf, Beschl. v. 8.12.2011 – I-15 W 91/11, AGS 2012, 357 = JurBüro 2012, 141 = NJW-Spezial 2012, 316
Im Kostenfestsetzungsverfahren kann der Kläger also folgende Vergütung zur Erstattung anmelden.
1. | 1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV | 592,80 EUR | |
(Wert: 8.000,00 EUR) | |||
2. | gem. Vorbem. 3 Abs. 4 VV anzurechnen, | – 266,76 EUR | |
90 % einer 0,65-Gebühr aus 8.000,00 EUR | |||
3. | 1,2-Terminsgebühr, Nr. 3104 VV | 547,20 EUR | |
(Wert: 8.000,00 EUR) | |||
4. | Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV | 20,00 EUR | |
Zwischensumme | 893,24 EUR | ||
5. | 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV | 169,72 EUR | |
Gesamt | 1.062,96 EUR |
AGKompakt 10/2020, S. 105
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