Nach § 12a Abs. 1 S. 1 ArbGG ist zwar die Erstattung der von einer Partei gezahlten Anwaltsvergütung ausgeschlossen. Dazu zählen auch die Reisekosten des beauftragten Anwalts.

Reisekosten des Anwalts sind in Höhe der ersparten Reisekosten der Partei erstattungsfähig

Die Rechtsprechung nimmt hier allerdings eine Erstattungsfähigkeit an, soweit durch die Reise des Anwalts Reisekosten der Partei, die erstattungsfähig gewesen wären, vermieden worden sind. Die Regelung des § 12a Abs. 1 S. 1 ArbGG soll nur das Prozessrisiko für die unterliegende Partei begrenzen; ihr soll jedoch kein ungerechtfertigter Kostenvorteil verschafft werden, wenn der Anwalt anstelle der Partei reist. Daher sind die durch die Zuziehung eines Rechtsanwalts entstandenen Kosten bis zur Höhe ersparter Reisekosten der Partei erstattungsfähig (LAG Hessen AGS 2010, 258 = AGkompakt 2010, 45; LAG Hamburg AGS 2010, 259 = JurBüro 2010, 309 = ArbRB 2010, 17 = RVGreport 2010, 33 = JurBüro 2010, 296; LAG Schleswig, Beschl. v. 18.3.2009 – 4 Ta 31/09; Beschl. v. 18.3.2009 – 3 Ta 30/09; Beschl. v. 11.3.2009 – 6 Ta 33/09; LAG Nürnberg RVGreport 2008, 465; LAG München NZA-RR 2002, 161; LAG Rheinland-Pfalz, Beschl. v. 18.3.2009 – 11 Ta 11/09; AnwBl 1988, 299; LAG Berlin NZA-RR 2006, 538).

Erstattung in Höhe der fiktiven Reisekosten der Partei möglich

Folglich können tatsächlich entstandene Reisekosten des Anwalts in der Höhe erstattet verlangt werden, die die Partei für eine sonst notwendige Reise aufgewandt hätte. Das können Reisekosten der Partei zwecks Aufnahme der Klage zur Niederschrift der Geschäftsstelle sein, aber auch Reisekosten zum Verhandlungstermin vor dem Arbeitsgericht. Der Höhe nach sind diese ersparten Reisekosten begrenzt durch die tatsächlich angefallenen Anwaltskosten. Für die Berechnung der ersparten Reisekosten gilt § 91 Abs. 1 S. 2 ZPO i.V.m. den Vorschriften des JVEG.

 

Beispiel 3

Wie Beispiel 1; jedoch lässt sich die Partei durch einen in B ansässigen Anwalt vertreten. An der Güteverhandlung nimmt die Partei neben ihrem Anwalt teil; den späteren Kammertermin nimmt nur der Anwalt wahr.

Für die Teilnahme am Gütetermin kann die Partei wiederum ihre Reisekosten wie in Beispiel 1 i.H.v. 23,00 EUR zur Erstattung anmelden. Für den Kammertermin sind keine Reisekosten der Partei angefallen, wohl aber Anwaltskosten (Vorbem. 7 Abs. 2; Nrn. 7003 ff. VV RVG):

 
1. 2 x 40 km x 0,30 EUR/km (Nr. 7003 VV RVG)   24,00 EUR
2. Abwesenheitsgeld (Nr. 7006 VV RVG)   25,00 EUR
3. Parkgebühren (netto)   2,52 EUR
  Zwischensumme 51,52 EUR  
4. 19 % Umsatzsteuer (Nr. 7008 VV RVG)   9,79 EUR
Gesamt   61,31 EUR

Hätte der Kläger keinen Anwalt eingeschaltet, sondern den Kammertermin selbst wahrgenommen, wären Parteireisekosten angefallen, und zwar wiederum in Höhe von 23,00 EUR (s.o.). Daher sind die tatsächlichen anwaltlichen Reisekosten in Höhe der fiktiven (hypothetischen) Reisekosten der Partei erstattungs- und festsetzungsfähig. Insgesamt sind also 2 x 23,00 EUR = 46,00 EUR erstattungsfähig. Hätte der Kläger auch am Kammertermin teilgenommen, so würde sich nichts Abweichendes ergeben. Seine (tatsächlichen) Reisekosten in Höhe von insgesamt 46,00 EUR wären erstattungsfähig. Die Reisekosten des Anwalts wären dagegen jetzt nicht erstattungsfähig, da wegen der eigenen Anreise des Klägers keine Parteikosten erspart worden wären.

AGKompakt, S. 96 - 97

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