Entscheidungsstichwort (Thema)

Erstattung von Kosten für die Zuziehung eines Rechtsanwalts in Höhe der ersparten Aufwendungen für eigene Anreise

 

Leitsatz (amtlich)

1. Auch wenn die Arbeitgeberin am Erfüllungsort verklagt wird, kann sie die notwendigen Kosten für die An- und Abreise zu den Gerichtsterminen nach § 91 ZPO ersetzt verlangen.

2. In dem Umfang, in dem die Partei Reisekosten erspart, kann erstinstanzlich der Ersatz der Kosten verlangt werden, der durch die Beauftragung eines Rechtsanwalts entstanden ist.

3. Die Partei hat von mehreren Möglichkeiten der Anreise die kostengünstigste zu wählen. Dieses bedeutet bei einer Anreise per Flugzeug, dass sie die günstigste Fluglinie auswählen muss.

4. Da der Partei die Benutzung der Economy Class zugemutet werden kann, kann der Ersatz erstinstanzlicher Kosten für den Prozessbevollmächtigten ebenfalls nur in diesem Umfang erfolgen.

 

Normenkette

ZPO § 91

 

Verfahrensgang

ArbG Hamburg (Beschluss vom 29.06.2009; Aktenzeichen 1 Ta 10/09)

 

Tenor

Auf die sofortige Beschwerde des Klägers wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Hamburg vom 29. Juni 2009 teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die vom Kläger an die Beklagte zu erstattenden Kosten werden auf EUR 2.746,69 nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 9. März 2009 festgesetzt.

Im Übrigen wird die sofortige Beschwerde zurückgewiesen.

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen, soweit der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen wird.

Die Gebühr nach Nr. 8614 der Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 GKG wird auf die Hälfte ermäßigt.

 

Tatbestand

I.

Die Beklagte verlangt, soweit in der Beschwerdeinstanz zu entscheiden ist, die Erstattung von Kosten für die Zuziehung eines Rechtsanwalts im erstinstanzlichen Verfahren vor dem Arbeitsgericht in Höhe ersparter Aufwendungen für die eigene Anreise.

Zwischen den Parteien bestand ein Arbeitsverhältnis. Die Beklagte verlagerte zum 1. Januar 2008 den Sitz ihrer Hauptverwaltung von H. nach K.. Die Beklagte kündigte deshalb das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger zu diesem Datum. Der Kläger verlangte im Ausgangsverfahren die Zahlung einer Sozialplanabfindung. Aufgrund eines nach Rücknahme der dagegen eingelegten Berufung rechtskräftigen Urteils des Arbeitsgerichts Hamburg vom 15. Oktober 2008 hat der Kläger die Kosten des arbeitsgerichtlichen Verfahrens zu tragen. Die Beklagte beantragte mit Schriftsatz vom 27. Februar 2009 unter anderem, für die erstinstanzliche Vertretung durch einen Rechtsanwalt die fiktiven Flugreisekosten der Beklagten als Erstattung festzusetzen. Als Bemessungsgrundlage nahm sie die Flugkosten des Prozessbevollmächtigten von Frankfurt nach H. und zurück in der Business Class in Höhe von je EUR 648,72 für zwei Flüge zu Güte- und Kammertermin an.

Durch Beschluss vom 29. Juni 2009, dem Kläger zugestellt am 6. Juli 2009, hat das Arbeitsgericht diese Kosten für die 1. Instanz antragsgemäß festgesetzt. Hiergegen hat sich der Kläger mit seiner am 10. Juli 2009 beim Arbeitsgericht eingegangen Beschwerde gewandt. Er meint, dass die Beklagte auch in Höhe ihrer fiktiven Reisekosten keinen Anspruch auf Erstattung der Kosten für die Zuziehung eines Anwalts in der ersten Instanz habe, und beantragt,

den Kostenfestsetzungsbeschluss aufzuheben mit Ausnahme der Gebühren und Auslagen für die II. Instanz vor dem Landesarbeitsgericht Hamburg.

Die Beklagte beantragt,

die sofortige Beschwerde zurückzuweisen.

Das Arbeitsgericht hat der Beschwerde durch Beschluss vom 6. August 2009 nicht abgeholfen und sie dem Landesarbeitsgericht zur Entscheidung vorgelegt.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die sofortige Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Hamburg vom 29. Juni 2009 ist zulässig und teilweise begründet, im Übrigen jedoch zurückzuweisen.

1) Die sofortige Beschwerde ist zulässig. Nach § 78 Satz 1 ArbGG gelten für sie die für die Beschwerde gegen Entscheidungen des Amtsgerichts geltenden Vorschriften entsprechend. Nach § 567 Abs. 1 Ziffer 2 ZPO ist die Beschwerde statthaft. Sie ist im Sinne des § 569 ZPO form- und fristgerecht eingelegt worden. Die vom Antragsteller eingereichte Beschwerdeschrift enthält § 569 Abs. 2 Satz 2 ZPO entsprechend hinreichend genau die Bezeichnung der angefochtenen Entscheidung und die Erklärung, dass gegen diese Entscheidung sofortige Beschwerde eingelegt werde. Die Beschwerdeschrift ging am 10. Juli 2009 beim Arbeitsgericht ein. Das war innerhalb der nach § 569 Abs. 1 Sätze 1 und 2 zu beachtenden Frist von zwei Wochen nach Zustellung des angefochtenen Beschlusses am 6. Juli 2009. Der nach § 567 Abs. 2 ZPO erforderliche Wert der Beschwer von mehr als EUR 200 ist erreicht. Der Kläger wendet sich mit der sofortigen Beschwer gegen die Festsetzung der Kosten für das erstinstanzliche Verfahren. Insoweit sind vom Arbeitsgericht EUR 1297,44 nebst Zinsen festgesetzt worden.

2) Die sofortige Beschwerde ist teilweise begründet, weil die Beklagte nur einen Anspruch auf Festsetzung von EUR 360,00 hat, im Übrigen ist sie zurückzuweisen. Die Beklagte kann ...

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