Wertaddition entspricht ganz h.M.

In der Sache ist die Entscheidung zutreffend. Es ist ganz überwiegende Auffassung, dass die Werte verschiedener Gegenstände für den Gebührenstreitwert zusammenzurechnen sind, unabhängig davon, ob sie zeitgleich oder nacheinander geltend gemacht worden sind.

  OLG Koblenz AGS 2007, 151 = WuM 2006, 45 = DWW 2006, 72 = MietRB 2006, 268 = GuT 2006, 88;
  OLG Hamm AGS 2007, 516 = OLGR 2007, 324;
  KG AGS 2008 = MDR 2008, 173 = JurBüro 2008, 148 = KGR 2008, 216, 188;
  OLG Celle AGS 2008, 466 = OLGR 2008, 630 = NJW-Spezial 2008, 668;
  a.A. OLG Dresden OLGR 2007, 470 = JurBüro 2007, 315.

Streitwertfestsetzung nach Zeitabschnitten ist unbrauchbar

Der Fall ist aber auch ein Schulbeispiel dafür, wie unsinnig Streitwertfestsetzungen nach Zeitabschnitten sind. Nach § 63 Abs. 2 S. 1 GKG hat das Gericht den Wert „für die zu erhebenden Gebühren durch Beschluss“ festzusetzen. Hier steht nichts von Zeitabschnitten oder Ähnlichem. Das Gericht hat einen einzigen Wert festzusetzen, nach dem der Kostenbeamte dann problemlos anhand der Gebührentabelle des GKG die anfallende Gerichtsgebühr für das Verfahren im Allgemeinen festsetzen kann. Eine Wertfestsetzung nach Zeitabschnitten ist wenig aussagekräftig, wie dieser Fall zeigt. Aufgrund der ersten Streitwertfestsetzung wären drei Varianten in Betracht gekommen:

  1. Variante: Der Betrag in Höhe von 1.480,27 EUR ist in dem Betrag von 3.770,00 EUR in vollem Umfang enthalten. Dann wäre nur dieser Betrag maßgebend gewesen. Der Wert des Verfahrens hätte sich auf 3.770,00 EUR belaufen.
  2. Variante: Es handelt sich um völlig verschiedene Gegenstände. Dann wären die Werte von 3.770,00 EUR und 1.480,27 EUR zusammenzurechnen gewesen. Es hätte sich dann ein Gesamtwert in Höhe von 5.250,27 EUR ergeben.
  3. Variante: Die Gegenstände, die den Wertfestsetzungen von 1.480,27 EUR und 3.770,00 EUR zugrunde liegen, sind teilweise identisch. Dann liegt der Streitwert irgendwo zwischen 1.480,27 EUR und 3.770,00 EUR.

Letzterer Fall war hier gegeben, so dass der Kostenbeamte gar nicht in der Lage gewesen wäre, eine ordnungsgemäße Gerichtskostenrechnung zu erstellen. Nach teilweiser Klagerücknahme waren nämlich von der ursprünglichen Hauptforderung noch 1.162,00 EUR verblieben. Dieser Betrag war durchweg rechtshängig.

Eine Festsetzung nach Zeitabschnitten ist deshalb unsinnig, weil die Gerichtsgebühren nicht nach Zeitabschnitten erhoben werden. Dies mag früher noch anders gewesen sein, als es noch gesonderte Urteilsgebühren gab. Das ist aber schon lange nicht mehr der Fall. Im Zivilprozess wird nur eine Gerichtsgebühr für das Verfahren im Allgemeinen erhoben. Folglich ist auch nur dieser eine Wert festzusetzen.

Nur für Mehrwert eines Vergleichs ist eine gesonderte Festsetzung erforderlich

Nur dann, wenn es zu einem Vergleich mit Mehrwert kommt und daraus eine weitere Gebühr nach Nr. 1900 GKG-KostVerz. anfällt, muss für diese Gebühr ein weiterer (Mehr-)Wert nach § 63 Abs. 2 GKG festgesetzt werden.

Gesonderte Festsetzung von Amts wegen für Terminsgebühr ist unzulässig

Auch nach Abhilfe hat das AG seine abschnittweise Wertfestsetzung nicht völlig losgelassen und zumindest für die Terminsgebühr eine gesonderte Festsetzung vorgenommen. Auch dies war fehlerhaft. Nach § 63 Abs. 2 S. 1 GKG hat das Gericht nur den Wert für die Gerichtsgebühren festzusetzen und nicht für die Anwaltsgebühren. Dass eine Wertfestsetzung für die Anwaltsgebühren gegebenenfalls erforderlich ist, mag sein; dennoch ist das Gericht nicht berechtigt, von Amts wegen festzusetzen. Eine Wertfestsetzung für die anwaltlichen Gebühren erfolgt nur im Verfahren nach § 33 Abs. 1 RVG und auch dann nur auf Antrag.

Dies muss auch schon deshalb so sein, weil sich anderenfalls nicht feststellen lässt, im Verhältnis welcher Parteien die Wertfestsetzung denn binden soll.

Abgesehen davon konnte das Gericht gar nicht wissen, welche Werte hier für die Terminsgebühr anzusetzen waren. Das Gericht konnte z.B. nicht wissen, ob nicht vor Klagerücknahme Besprechungen der Anwälte untereinander stattgefunden hatten, die nach Vorbem. 3 Abs. 3, 3. Var. VV zu einer Terminsgebühr geführt hätten. Die Terminsgebühr wird nämlich nicht nur durch gerichtliche Termine ausgelöst, sondern auch durch außergerichtliche Besprechungen. Das aber ist im Verfahren nach § 33 RVG festzustellen, wobei ohnehin fraglich ist, ob im Verfahren nach § 33 RVG gesonderte Wertfestsetzungen nach Gebühren vorzunehmen sind.

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