Leitsatz

Sind die Voraussetzungen für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe gegeben, so ist einer Partei für das gesamte Urkundenverfahren Prozesskostenhilfe zu bewilligen. Eine Beschränkung der Prozesskostenhilfe für das Vor- oder Nachverfahren kommt nicht in Betracht.

OLG Saarbrücken, Beschl. v. 19.3.2002 – 1 W 52/02

1 I. Der Fall

Nach Erhebung der Urkundenklage hatte der Beklagte beantragt, ihm für die Rechtsverteidigung Prozesskostenhilfe unter Beiordnung seines Anwalts zu bewilligen. Das Gericht hatte daraufhin den Prozesskostenhilfeantrag für das Vorverfahren zurückgewiesen und für das Nachverfahren bewilligt. Die hiergegen erhobene Beschwerde hatte Erfolg.

2 II. Die Entscheidung

Dem Beklagten war uneingeschränkt Prozesskostenhilfe zu bewilligen, da an seiner Bedürftigkeit keine Zweifel bestanden und die Rechtsverteidigung auch im Ergebnis Aussicht auf Erfolg hatte.

Nach § 119 Abs. 1 ZPO ist Prozesskostenhilfe für jeden Rechtszug besonders zu bewilligen.

Urkunden- und Nachverfahren sind eine Instanz

Im Urkundenprozess bilden Vorbehalts- und Nachverfahren grundsätzlich eine rechtliche Einheit. Zwar soll nach der Rspr. ausnahmsweise zum Nachteil des Klägers die Gewährung von Prozesskostenhilfe auf das Verfahren bis zum Vorbehaltsurteil beschränkt werden können, wenn die Erfolgsaussichten für das Sachverfahren als unsicher zu bewerten sind (MüKo-ZPO/Wax, 3. Aufl., § 119 Rn 17; Zöller/Philippi, ZPO, 23. Aufl., § 119 Rn 17).

Beschränkte Bewilligung für Nachverfahren ist unzulässig

Hier verhält es sich jedoch anders. Es liegt der umgekehrte Fall vor. Einem Beklagten kann nicht deshalb Prozesskostenhilfe für das Vorbehaltsverfahren versagt werden, weil lediglich im Nachverfahren für ihn Erfolgsaussichten bestehen. Hier ist vielmehr eine Gesamtbetrachtung vorzunehmen und Prozesskostenhilfe für den gesamten Rechtszug (§ 119 ZPO) zu gewähren. Abgesehen davon kann der Beklagte seine Rechte im Nachverfahren nur wahrnehmen, wenn er bereits im Vorbehaltsverfahren anwaltlich vertreten war und dem Klageanspruch widersprochen hat (§ 599 ZPO). Bedarf es aber einer Vertretung im Vorverfahren, um die eigenen Rechte im Nachverfahren erfolgversprechend geltend machen zu können, ist auch schon für das Vorbehaltsverfahren Prozesskostenhilfe zu gewähren.

3 III. Der Praxistipp

Für den Anwalt sind Urkunden- und Nachverfahren gesonderte Angelegenheiten

Für den Anwalt bilden Urkunden, Scheck- und Wechselverfahren einerseits und Nachverfahren bzw. Verfahren nach Abstandnahme andererseits zwar zwei verschiedene Gebührenangelegenheiten (§ 17 Nr. 5 RVG). Prozessual handelt es sich jedoch um ein einziges Verfahren. Auch nach dem GKG liegt nur ein Verfahren vor, in dem die Gebühren auch nur einmal erhoben werden. Daher muss für Urkunden, Scheck- und Wechselverfahren sowie Nachverfahren bzw. Verfahren nach Abstandnahme einheitlich Prozesskostenhilfe bewilligt werden.

Teilbewilligung für Vor- oder Nachverfahren ist unzulässig

Schon bedenklich erscheint, dass einem Kläger nur für das Vorbehaltsverfahren Prozesskostenhilfe bewilligt werden kann, wenn seine Klage letztlich aussichtslos ist. Zutreffend dürfte in diesem Fall die Prozesskostenhilfe insgesamt zurückzuweisen sein. Es geht aber keinesfalls an, für einen Beklagten die Prozesskostenhilfe auf das Nachverfahren zu beschränken. Erfolg hat der Rechtsstreit insgesamt. Entscheidend ist also, was bei dem letztlich instanzabschließenden Schlussurteil zu erwarten ist und nicht, ob für bestimmte Zwischenschritte, hier also ein Vorbehaltsurteil, Erfolgschancen bestehen, die letztlich wertlos sind.

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