Entscheidungsstichwort (Thema)

Anfechtung eines Beschlusses der Kammerversammlung (§§ 90, 91 BRAO)

 

Tenor

1. Der Antrag des Antragstellers vom 28.5.2003, den Beschluss zum Tagesordnungspunkt 6 der ordentlichen Kammerversammlung vom 29.4.2003 für nichtig zu erklären, wird zurückgewiesen.

2. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen sowie die der Antragsgegnerin erwachsenen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

3. Der Geschäftswelt wird auf 10.000,– EUR festgesetzt.

4. Die sofortige Beschwerde gegen die Entscheidung wird zugelassen.

 

Tatbestand

I.

1. Der Antragsteller ist Mitglied der Antragsgegnerin.

2. Im Kammerreport vom 18.02.2003 (Ausgabe 1/2003) kündigte die Antragsgegnerin die Durchführung der ordentlichen Kammerversammlung 2003 für den 29.04.2003 an, zu der ihr Präsident die Kammermitglieder unter Bekanntgabe der vorgesehenen Tagesordnung einlud. In der endgültigen Einladung vom 02.04.2003 zur Kammerversammlung vom 29.04.2003 (Anlage zum Sitzungsprotokoll vom 10.12.2003) lautet der Tagesordnungspunkt 6 einschließlich des Beschlussvorschlages und seiner Begründung:

„Tagesordnungspunkt 6

Zweckgebundene Ausbildungsabschnitte für die Finanzierung

der anwaltsbezogenen Ausbildungsabschnitte

der Referendarausbildung

Die Kammerversammlung möge beschließen:

Für die Finanzierung der anwaltsbezogenen Referendarausbildunggemäß § 5 Abs. 2 Nr. 4 in Verbindung mit Abs. 6 DRiG (Pflicht- bzw. Wahlpflicht-Arbeitsgemeinschaften sowie Erstellung vonAnwaltsklausuren) wird ab 01. Januar 2004 gemäß § 89 Abs. 2 Nr. 2BRAO eine zweckgebundene Umlage erhoben. Sie beträgt 25 EUROpro Jahr Kammermitglied und kann entsprechend § 4 derBeitragsordnung ermäßigt werden. Die Umlage ist jeweilszusammen mit dem Kammerbeitrag fällig.

Begründung:

Juristenausbildung: Und sie bewegt sich doch!

Am 27. März 2002 hat der Bundestag das Gesetz zur Reform der Juristenausbildung beschlossen.

Damit hat eine jahrzehntelange Reformdiskussion zwar keine Durchbruch gebracht, aber immerhin eine deutlich stärkere Berücksichtigung des anwaltlichen Berufsfeldes bei der Referendarausbildung bewirkt.

Der Kammervorstand begrüßt dies und ist bereit, an den sich daraus ergebenden Aufgaben mitzuwirken.

Zur Umsetzung der bundesgesetzlichen Regelungen ist in Hamburg nunmehr das Hamburger Juristenausbildungsgesetz in das Gesetzgebungsverfahren gelangt. Es soll am 1. Juli 2003 in Kraft treten; die erste verlängerte Rechtsanwaltsstation wird am 1. Januar 2004 beginnen.

Die Pflichtausbildung beim Rechtsanwalt wird nun nicht mehr drei, sondern neun Monate andauern und bei Einbeziehung der Wahlstation sogar zwölf Monate. Die anwaltlichen Arbeitsgemeinschaften werden jetzt Pflichtveranstaltungen für die Referendare sein. Im zweiten Staatsexamen wird die „rechtsberatende Praxis” mehr Berücksichtigung finden.

Der Kammervorstand ist nunmehr gemäß § 73 Abs. 2 Nr. 9 BRAO verpflichtet, Arbeitsgemeinschaftsleiter und Prüfer vorzuschlagen sowie an der Ausbildung und der Prüfung der Referendare mitzuwirken.

  1. Der Kammervorstand hat zur Umsetzung dieser Verpflichtung der Justizbehörde ein konzept für die inhaltliche Ausgestaltung der Anwalts-Arbeitsgemeinschaften vorgeschlagen.

    Es besteht aus einer dreiwöchigen Pflicht-Arbeitsgemeinschaft. Von diesen liegen zwei Wochen zu Beginn der Rechtsanwaltsstation. Darin sollen anwaltliche Fähigkeiten, Kompetenzen und Grundfertigkeiten vermittelt werden. Dazu gehören die Gesprächsführung, auch und gerade mit Mandaten, die Strukturierung von Schriftsätzen, die Fristenkontrolle, die Verhandlungsführung, die Zeugenbefragung und Glaubwürdigkeitslehre, die Beweiswürdigung, das Anwaltliche Gebührenrecht und das Gerichtskostenrecht, die Anwaltshaftung und eine Einführung in das anwaltliche Berufsrecht. Auf dieses Grundwissen kann der ausbildende Rechtsanwalt in der praktischen Situation zurückgreifen.

    Während der Dauer der Rechtsanwaltsstation soll der Referendar möglichst an zwei Wahlpflicht-Arbeitsgemeinschaften teilnehmen, die einem Fächerkatalog entstammen werden, der die wichtigsten Tätigkeitsgebiete abdeckt (z.B. Allgemeines Zivilrecht, Arbeits- und Sozialrecht, Strafrecht, Familienrecht, Gesellschaftsrecht, Allgemeines Verwaltungsrechts, Urheber- und Presserecht, Verkehrsrecht, Zwangsvollstreckungsrecht, Mahnverfahren, Wettbewerbsrecht, Privates Baurecht, Steuerrecht, Erbrecht, Mietrecht, Immobilienrecht, WEG, IPR, Meditation).

    Am Schluss der 9-monatigen Rechtsanwaltsstation steht die dritte Woche der Pflicht-Arbeitsgemeinschaft mit einer der Berufsfeldorientierung dienenden Veranstaltung, in deren Verlauf der zukünftige Rechtsanwalt auf alle Fragen hinsichtlich Gründung und/oder Kauf einer Kanzelei, Eintritt in eine Kanzlei, Formen der beruflichen Zusammenarbeit, Anwaltswerbung und Spezialfragen des anwaltlichen Berufsrechts sowie Existenzgründungsmöglichkeiten Anworten erhalten soll.

    Den größten Teil der Referendarausbildung, unter anderem die Vergütung, finanziert weiterhin der Staat.

    Der Finanzierungsanteil der Anwaltschaft beschränkt sich fast ausschl...

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