Entscheidungsstichwort (Thema)

Forderung

 

Tenor

I. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger DM 140,– nebst 4 % Zinsen hieraus seit 05.11.1998 zu zahlen.

II. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

 

Gründe

Der Anspruch des Klägers auf Zahlung der restlichen Oktobermiete 1998, die die Beklagte um DM 140,– (20 %) gemindert hat, ist begründet (§ 535 S. 2 BGB).

Die Beklagte stützt die Minderung darauf, daß zu den in einer Entfernung von ca. 100 m seit Februar 1998 installierten drei Mobilfunkantennen im Oktober 1998 zwei weitere hinzugekommen seien, die dazu geführt hätten, daß sie massive Schlaf Störungen, Kopfschmerzen und Herzbeschwerden habe.

Die Beklagte ist zur Mietminderung nicht berechtigt.

Daß die von der Beklagten behaupteten gesundheitlichen Beeinträchtigungen durch den Betrieb der zwei weiteren Mobilfunkantennen verursacht wurden, scheidet schon deshalb aus, weil deren Sendebetrieb erst seit 11.11.1998 erfolgt, wogegen die Beklagte die Beschwerden schon seit Oktober 1998 haben will. Ihre Beschwerden können daher, wenn sie nicht ganz andere Ursachen haben, bestenfalls da von herrühren, daß ihre Furcht vor möglichen Gesundheitsgefahren von Mobilfunkantennen bei ihr Mißempfindungen auslösen, die sich gesundheitlich auswirken. Ob eine solche Furcht berechtigt ist, ist umstritten und beim derzeitigen Stand der Wissenschaft nicht objektiv nachweisbar. Das Amtsgericht München hat zwar im Urteil vom 27.03.1998, Az.: 432 C 7381/95 –, auch ohne Nachweis schädlicher Einwirkungen allein die Furcht vor Gesundheitsgefährdungen von Mobilfunkantennen als eine Beeinträchtigung angesehen, die den Mieter berechtigen, die Miete um 20 % zu mindern. Demgegenüber hat aber das Landgericht Freiburg im Urteil vom 27.06.1996, Az.: 3 S 294/95, auf das sich der Kläger beruft, entschieden, daß die Befürchtung einer Gesundheitsbeeinträchtigung durch eine Funkanlage, deren elektromagnetische Wellen die von der Strahlenschutzkommission zum Schutz vor elektromagnetischer Strahlung bei Mobilfunk vom 04.02.1992 sowie im DIN Entwurf VDE 0848 Teil 2 vom Oktober 1991 empfohlenen Grenzwerte unterschreiten, einen Mietmangel nicht begründen kann, weil die vorgestellte Gefahr wissenschaftlich nicht erwiesen ist.

Die Beklagte bestreitet nicht, daß die Grenzwerte auch im vorliegenden Fall eingehalten sind. Sie verweist aber darauf, daß bei der Festsetzung der Grenzwerte die Kommission überwiegend aus Vertretern der Industrie zusammengesetzt und die warnenden Meinungen der Biophysiker und Biologen nicht berücksichtigt worden seien, außerdem im wesentlichen die athermischen Effekte unberücksichtigt geblieben seien, weil hier die bekannten naturwissenschaftlichen Kenntnisse bei der Beschreibung der Phänomene nicht immer anwendbar seien. Sie weist außerdem darauf hin, daß die Versicherungen dazu übergingen, durch elektromagnetische Felder verursachte Schäden nicht mehr zu versichern.

Ob ein sog. Umweltfehler die Tauglichkeit der Mietsache erheblich mindert und daher zu einer Herabsetzung des Mietzinses führt (§ 537 Abs. 1 BGB), ist nicht nach dem subjektiven Empfinden des einzelnen Mieters oder den Ansichten bestimmter Kreise, sondern nach der allgemeinen Verkehrsanschauung zu beurteilen (Palandt, Rd.Nr. 12 zu § 537 BGB). Diese geht dahin, daß dann, wenn die Grenzwerte eingehalten sind, die nach dem derzeitigen Stand der Wissenschaft festgelegt wurden, eine erhebliche Minderung der Tauglichkeit der Mietsache nicht gegeben ist, weil nach aller Erfahrung bei einer Unterschreitung der Grenzwerte nicht mit einer Gesundheitsbeeinträchtigung zu rechnen ist. Dies gilt vor allem auch für mögliche Gesundheitsgefahren von athermischen Wirkungen der Strahlungen, für die derzeit gesicherte Erkenntnisse nicht vorliegen. Es würde zu weit führen, wenn man einen Mangel bereits dann annehmen würde, wenn eine Gesundheitsgefährdung zwar nicht wahrscheinlich, aber auch nicht ausgeschlossen wäre. Andernfalls wäre kaum noch ein Vermieter in der Lage, eine mangelfreie Wohnung zur Verfügung zu stellen, weil nicht immer völlig auszuschließen ist, daß bestimmte Bauweisen, Baumaterialien oder Umwelteinflüsse gesundheitsgefährdend sein können. Ein Mietmangel ist daher zu verneinen, wenn – wie hier – die elektromagnetische Strahlung unterhalb der behördlich empfohlenen Werte liegt (so auch Landgericht Traunstein, NJW RR 94, 1423 zur Schadstoffkonzentration von Baumaterialien).

Kosten: § 91 ZPO.

Vorläufige Vollstreckbarkeit: §§ 708 Nr. 11, 713 ZPO.

 

Unterschriften

Schönberger Richter am Amtsgericht

 

Fundstellen

Haufe-Index 1127529

ZMR 2000, 389

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