Entscheidungsstichwort (Thema)

Forderung

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits mit Ausnahme der Kosten der Nebenintervention. Diese trägt die Nebenintervenientin.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

 

Tatbestand

entfällt nach § 495 a Abs. 2 Satz 1 ZPO.

 

Entscheidungsgründe

I. Die verbleibende Klage in Höhe von DM 134,92 ist unbegründet.

Die Klägerin hat keinen Anspruch gegen die Beklagten gemäß § 535 Satz 2 BGB auf Ausgleich der in den Monaten Mai und Juni 1995 von den Beklagten vorgenommenen Mietkürzungen um je DM 67,46, weil diese gemäß § 537 Abs. 1 Satz 1 berechtigt waren.

Die Beklagten mieteten von der Klägerin 1987 die streitgegenständliche Wohnung im obersten Geschoß des Anwesens … von einem niedrigen Zwischengeschoß abgesehen – unter einem Flachdach. Zu diesem Zeitpunkt befanden sich auf dem Dach keinerlei Sendeanlagen.

Nach Abschluß eines schriftlichen Mietvertrages vom 30.05./06.07.1994 zwischen der Klägerin und der Nebenintervenientin errichtete die Nebenintervenientin auf dem Dach, zum Teil direkt über der Wohnung der Beklagten, eine Mobilfunksende- und Empfangsanlage, die sie nach und nach auf insgesamt vier Träger mit sechs. Antennen ausbaute, von denen drei reine Empfangsantennen und drei Antennen Sende- und Empfangsantennen sind.

Entgegen der von der Nebenintervenientin vertretenen Rechtsansicht ist für vorliegende mietrechtliche Auseinandersetzung belanglos, daß die streitigen Anlagen im installierten Umfang rechtlich zulässig sind und alle gegenwärtig in Deutschland gültigen Grenzwerte einhalten, denn § 537 BGB setzt nicht voraus, daß die Beeinträchtigungen illegal sind. So ist das Minderungrecht eines Mieters wegen Baulärms vom Nachbargrundstück beispielsweise nicht davon abhängig, ob der Nachbar mit oder ohne Baugenehmigung (das heißt schwarz) baut.

Entscheidend ist allein, ob die Beklagten, die eine Wohnung anmieteten, über der sich bei Abschluß des Mietvertrages keine …-Anlage befand, aufgrund der nachträglichen Änderung unmittelbar über ihrer Wohnung eine zur Mietminderung berechtigende Beeinträchtigung des Wohnwertes hinnehmen müssen.

Die Erklärung des Nebenintervenientenvertreters in der mündlichen Verhandlung am 14.11.1997.

„er könne es sich gar nicht leisten, einen Prozeß zu verlieren, egal wie hoch der Aufwand sei, er habe, einen Prozeß noch nie verloren”

gehen am vorliegenden Rechtsstreit vorbei. Denn daß die Wirkungen der Anlage in der Wohnung der Beklagten meßbar sind, ist von der Nebenintervenientin gewollt. Auch dort, wie ebenfalls in den darunter liegenden Wohnungen, soll über das … Mobilnetz telefoniert werden können.

Ob die in der Wohnung der Beklagten meßbaren Wirkungen der Anlage der Nebenintervenientin, insbesonders im jahrlangen Dauerbetrieb, objektiv negative Auswirkungen auf die Gesundheit der dort wohnenden Personen haben können, ist – wovon sich das Gericht im Laufe des Prozesses überzeugen konnte – umstritten.

So hat auch die Nebenintervenientin im Schriftsatz vom 01.12.1997 eingeräumt, daß Fragen über die biologischen Wirkungen elektromagnetischer Felder und Wellen in der Wissenschaft kontrovers diskutiert werden und es neben dem abgelehnten (inzwischen pensionierten) Professor der Universität … weitere kritische Wissenschaftler gibt, die Gefährdungen sehen, auch wenn die Nebenintervenientin insbesondere im Schriftsatz vom 29.01.1998 solche Personen als im Beruf unerfüllt und in der Sache nicht qualifiziert ansieht.

Diese Frage kann im vorliegenden Prozeß offenbleiben, denn für das Wohlbefinden der Beklagten kommt es nicht auf sofort spürbare Einwirkungen der Antennenanlage an, sondern auf die Furcht vor Gesundheitsschäden, mag diese sich auch später als unbegründet darstellen.

Hier kommt es auf die Sicht eines vernünftigen Mieters an, insbesondere vor dem Hintergrund, daß wiederholt in der Vergangenheit die von neuen technischen Errungenschaften ausgehenden Gefährdungen falsch eingeschätzt wurden, wie beispielsweise beim teilweise routinemäßigen Röntgen von Schwangeren.

Nachdem das … Netz relativ jung ist, kann heute noch nichts Endgültiges über Folgen einer langjährigen Dauereinwirkung gesagt werden. Auch wenn ein vernünftiger Mieter nicht die in der Presse aufgemachten „Horror-” Meldungen über gehäufte Mißbildungen bei Menschen und Tieren im Bereich von Mobilfunksendeanlagen glauben wird, bleiben angesichts warnender Stimmen kritischer Wissenschaftler nicht unvernünftig erscheinende Zweifel.

Ein erneutes Gutachten kann aus Sicht des Gerichtes keine weiteren entscheidenden Erkenntnisse bringen, den Beklagten ihre nachvollziehbare Furcht vor Gesundheitsgefährdungen dadurch nicht genommen wird.

Diese Furcht stellt eine Beeinträchtigung i.S.v. § 537 Abs. 1 BGB dar.

Vermieter und Mieter stehen jedenfalls während eines bestehenden Mietverhältnisses in einem Treueverhältnis zueinander. Ein Mieter hat Anspruch darauf, daß sein Vermieter nicht nachträglich das Anwesen in einer bei Abschluß des Mietvertrages nicht vorhersehbaren Weise nut...

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