Tenor

1.

Die Klage wird abgewiesen.

2.

Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.

3.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung von 110 % des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

 

Tatbestand

Die Klägerin greift die Beschlüsse der Eigentümerversammlung vom 17.3.2021 an.

Die Klägerin ist Miteigentümerin der Eigentümergemeinschaft zu der insgesamt sechs Miteigentümer gehören.

Am 4.3.2021 hat die Hausverwaltung der Beklagten zu einer Eigentümerversammlung eingeladen, die als reine Videokonferenz abgehalten werden sollte. Den eingeladenen Miteigentümern war über einen Link die Möglichkeit eingeräumt worden, an dieser Eigentümerversammlung virtuell teilzunehmen oder eine Weisungsvollmacht zu den einzelnen Tagesordnungspunkten an die Verwalterin zu erteilen.

Alle Miteigentümer haben entweder dem Verwaltervollmacht erteilt oder waren zur Eigentümerversammlung online zugeschaltet. Die Klägerin hat online teilgenommen.

Die Klägerin ist der Auffassung, dass eine reine online – Eigentümerversammlung nicht zulässig sei, da das Gesetz zwingend eine Präsenzveranstaltung vorsehe.

Im Hinblick auf diesen schwerwiegenden Verstoß gegen Formvorschriften seien alle gefassten Beschlüsse nichtig.

Zu Tagesordnungspunkt 8 wurde mehrheitlich der Beschluss gefasst, der Klägerin für die von ihr durchgeführten Renovierungsarbeiten wegen behaupteter Durchfeuchtung der Strohmatten keine Kostenerstattung in Höhe von 834,49 EUR zu gewähren. Darüber hinaus wurde mehrheitlich beschlossen, dass von der Klägerin eine Rückforderung für einen Rechnungsbetrag zur Schimmelbeseitigung verlangt werde, für den die Beklagte in Vorlage getreten ist.

Hierzu behauptet die Klägerin, im Herbst 2020 habe sie anlässlich der Erneuerung einer Rigips – Decke festgestellt, dass die Dämmung feucht und verschimmelt gewesen sei. Da offensichtlich das Dach undicht sei und die Mängel aus dem Gemeinschaftseigentum herrührten, ist ihrer Auffassung nach die Beklagte verpflichtet, Maßnahmen zur Feuchtigkeitsbeseitigung zu ergreifen. Die von der Klägerin aufgewandten Kosten zum Einbau einer Dampfsperre müssten deshalb von der Beklagten getragen werden.

Klageerweiternd hat sie die Auszahlung des Betrages von 834,49 EUR geltend gemacht.

Sie ist der Auffassung, im Rahmen einer Präsenzveranstaltung hätten Argumente ausgetauscht werden können und die Klägerin hätte die Beklagten überzeugen können, der Kostenerstattung zuzustimmen.

Mit Schriftsatz vom 5.7.2021 hat die Klägerin gerügt, in der Einladung sei unter Tagesordnungspunkt 8 „Zensus 2021/Beschluss” angegeben worden und nicht die streitgegenständliche Kostenerstattung zugunsten der Klägerin.

Die Klageschrift vom 19.4.2021 ging per beA am selben Tag bei Gericht ein. Auf die Vorschussanforderung vom 29.4.2021 erfolgte die Einzahlung des Gerichtskostenvorschusses unter dem 6.5.2021.

Die Klägerin beantragt,

  1. festzustellen, dass sämtliche in der Eigentümerversammlung vom 17.3.2021 gefassten Beschlüsse nichtig sind sowie
  2. sämtliche Beschlüsse aus der Eigentümerversammlung vom 17.3.2021 für unwirksam zu erklären,
  3. die Beklagte zu verpflichten, die Klägerin 834,49 EUR wegen des Einbaus einer Dampfsperre zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist unbegründet.

1.

Die mit Schriftsatz vom 19.4.2021 eingereichte Beschlussklage ging 19.4.2021 unter Berücksichtigung von §§ 193 BGB, 45 WEG form- und fristgerecht bei Gericht ein.

2.

Die in der Eigentümerversammlung von 17.3.2021 gefassten Beschlüsse sind nicht nichtig, §§ 23, 25, 28 WEG.

Gemäß § 23 Abs. 4 WEG ist ein Beschluss nur dann nichtig, wenn er gegen eine Rechtsvorschrift verstößt, auf deren Einhaltung nicht verzichtet werden kann.

Zwar geht das Wohnungseigentumsrecht grundsätzlich von der Durchführung von Präsenzveranstaltungen und der Möglichkeit der Teilnahme der Wohnungseigentümer aus. Auch in Zeiten der Corona Pandemie besteht ein grundsätzlicher Anspruch der Wohnungseigentümer auf persönliche Teilnahme an Eigentümerversammlungen (allgem.: LG Frankfurt, NJW-RR 2021, 144). Sonderregelungen sind nach § 23 Abs. 3 WEG für Umlaufbeschlüsse vorgesehen. Von beiden Möglichkeiten – einer Präsenz-Versammlung oder einem Umlaufbeschluss – wurde vorliegend jedoch nicht Gebrauch gemacht.

Die Vorschriften über die Art und Weise der Einberufung und Durchführung einer Eigentümerversammlung nach § 24 WEG sind ebenso wie über die Beschlussfassung gemäß § 25. WEG abdingbar und somit keine Vorschriften, auf deren Einhaltung nicht verzichtet werden kann (allgem.: BGH, NJW 2012, 3571). Ein – angenommener-Verstoß führt deshalb unter diesem Aspekt nicht zur Nichtigkeit der dort gefassten Beschlüsse.

Zum Teil wird die Konsequenz der Nichtigkeit eines Beschlusses auch angenommen, wenn einzelne Wohnungseigentümer vorsätzlich oder gezielt von der Mitwirkung in der Eigentümerversammlung ausgeschlossen werden (allgemein: BGH, a.a..). Ein solcher...

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