Nachgehend

BVerfG (Beschluss vom 22.02.2002; Aktenzeichen 1 BvR 300/02)

 

Tenor

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Antragsteller.

 

Gründe

Die Parteien leben seit Jahren in einer eheähnlichen Lebensgemeinschaft; über die Karnevalstage kam es zum Streit. Die Antragsgegnerin wollte erreichen, dass der Antragsteller die Wohnung verlässt.

Die Antragsgegnerin zog die Polizei zu und behauptete, der Antragsteller schlage sie. Bei dem ersten Polizeieinsatz am Morgen des 12.02.2002 nahmen die Beamten von einem weiteren Einschreiten Abstand. Bei einem zweiten Einsatz gegen 18.00 Uhr wurde dem Antragsteller untersagt, innerhalb der nächsten 10 Tage in das Haus zurückzukehren, und ihm für jede Zuwiderhandlung ein Ordnungsgeld von 250,00 EUR angedroht. Das Verbot war auf § 34 a PolG NRW gestützt.

Der Antragsteller ist der Auffassung, er könne vor dem Zivilgericht gegen die Antragsgegnerin vorgehen mit der Begründung, ihr solle untersagt werden, die Polizei weiterhin für ihre wahrheitswidrigen Vorträge zu missbrauchen. Er beantragt, der Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Verfügung aufzugeben, ihm den Zutritt und den Aufenthalt in der Wohnung Bürgermeister-Schmelzing-Straße 88 in Kamp-Lintfort, 3. Obergeschoss, hinten links, bis zum 30.04.2002 zu gestatten und zu dulden.

Dieser Antrag war zurückzuweisen. Die polizeiliche Verfügung ist ein Verwaltungsakt, gegen den sich der Antragsteller auf dem Verwaltungsrechtsweg wenden kann, was er zwischenzeitlich offenbar auch getan hat. Würde das Gericht nunmehr dem Antrag des Antragstellers nachkommen, würde dadurch die von der Polizei vorgenommene Anordnung unterlaufen. Das Zivilgericht würde damit indirekt über die Rechtmäßigkeit eines Verwaltungsakt entscheiden.

Soweit der Antragsteller meint, der Antragsgegnerin müsse untersagt werden, die Polizei für ihre wahrheitswidrigen Vorträge zu missbrauchen, kommt dies zum einen im Antrag selbst nicht zum Ausdruck; zum anderen würde damit festgeschrieben, dass die Antragsgegnerin sich zum Schutz vor häuslicher Gewalt nicht mehr an die Polizei wenden könnte, ohne dass vorher geklärt würde, ob ihre Behauptungen wahrheitswidrig sind oder nicht. Dies zu beurteilen muss aber dem pflichtgemäßen Ermessen der Polizeibeamten überlassen werden. Auf den Umstand, ob die Behauptungen, die zu dem jetzigen Verwaltungsakt geführt haben, wahrheitswidrig waren oder nicht, kommt es nicht an.

Der eigentliche Antrag ist ebenfalls unbegründet. Der Antragsgegnerin könnte nur dann aufgegeben werden, den Antragsteller wieder in die Wohnung zu lassen, wenn sie ihm den Besitz entzogen hätte. Dies ist nicht der Fall; der Umstand, dass der Antragsteller die Wohnung nicht mehr betreten darf, beruht zwar indirekt auf einem Verhalten der Antragsgegnerin, doch liegt darin keine verbotene Eigenmacht; abgesehen davon könnte das Zivilgericht, wie bereits ausgeführt, nicht durch den Erlass einer einstweiligen Verfügung den Verwaltungsakt der Wohnungsverweisung unwirksam machen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO.

Streitwert: 1.000,00 EUR.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1600388

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge