Leitsatz (amtlich)

1. Eine Tatsache, wie das Bestehen eines noch zu vollziehenden Haftbefehls, ist das ein Dienstgeheimnis, wenn sie nur einem bestimmten begrenzten Personenkreis in seiner Eigenschaft als Amtsträger (z.B. Polizeibeamte) bekannt wird.

2. Unbefugt ist die Weitergabe, wenn der Amtsträger Informationen an die Presse gibt, wozu er weder durch das einschlägige Beamtengesetz ermächtigt, noch durch eine Aussagegenehmigung befugt ist.

3. Eine Tatsache bleibt so lange ein Dienstgeheimnis bis über sie eine Pressemitteilung herausgegeben oder über sie in allgemein zugänglichen Quellen berichtet wird.

4. Die Verletzung des Dienstgeheimnisses verursacht mittelbar die konkrete Gefahr eines Nachteils, wenn dadurch das Vertrauen der Allgemeinheit in die Unparteilichkeit, Unbestechlichkeit und Funktionsfähigkeit der öffentlichen Verwaltung erschüttert wird. Auch im Bekanntwerden des Geheimnisbruches als solchem kann eine Gefährdung öffentlicher Interessen liegen.

5. Strafschärfend ist im Rahmen der Strafzumessung bei § 353b StGB zu berücksichtigen, wenn Art und Weise der Offenbarung über die eigentliche Geheimnisverletzung hinaus medienwirksam inszeniert wird

 

Normenkette

StGB § 353b Abs. 1

 

Tenor

  • 1.

    Der Angeklagte ist der Verletzung des Dienstgeheimnisses schuldig.

  • 2.

    Gegen ihn wird deshalb eine Geldstrafe von 90 Tagessätzen zu je 80,00 EUR

    verhängt.

  • 3.

    Der Angeklagte hat die Verfahrenskosten und die notwendigen Auslagen zu tragen.

 

Gründe

I.

Der 59jährige Angeklagte ist Polizeihauptmeister. Sein Einkommen beträgt monatlich 2.400,00 EUR netto. Der Angeklagte hat keine Schulden.

Der Angeklagte ist ledig und hat keine Kinder.

Der Bundeszentralregisterauszug des Angeklagten weist keine Eintragungen auf.

Über disziplinarische Verfehlungen des Angeklagten ist nichts bekannt.

II.

a) Die Vorgeschichte:

Seit bereits mindestens einem Jahr vor der streitgegenständlichen Tat pflegte der Angeklagte ein persönliches Verhältnis zu der Bildzeitungsreporterin XY. Dieses war geprägt von zahlreichen gegenseitigen - überwiegend telefonisch - durchgeführten Kontaktaufnahmen. Nach Angaben des Angeklagten im Ermittlungsverfahren entstand der Kontakt zwischen seiner Person und XY im Zusammenhang mit der damals bestehenden Tätigkeit des Angeklagten für den Tierschutzvereine. Aus diesem zunächst - zumindest für die Reporterin XY - beruflichen Kontakt entwickelte sich ein reger persönlicher Austausch. Die genaue Ausgestaltung der Beziehung zwischen dem Angeklagten und XY ist nicht bekannt.

Fest steht jedoch, dass im Zeitraum vom 19.08.2009 (Beginn der Erhebung der Telekommunikationsverbindungsdaten) für die zweite Hälfte des Augustes 20 telefonische Kontakte sowie zusätzlich mehrere Einwählversuche von beiden Seiten zu verzeichnen sind. Es folgt im September eine Anzahl von ebenfalls 20 Anrufen, für den Oktober 10 Anrufe, für den November wiederum 20 Anrufe nebst zahlreicher Einwählversuche, für den Dezember 2009 16 Anrufe. Hieraus ist zu folgern, dass die Beziehung zwischen dem Angeklagten und XY von nicht unerheblicher Intensität war, ob von einem freundschaftlichen Umgang gesprochen werden kann, vermochte das Gericht nicht zu beurteilen. Vor dem Hintergrund, dass im Laufe des Ermittlungsverfahrens nicht nur die Verbindungsdaten der auf den Angeklagten angemeldeten Telefone, sondern auch dessen E-Mail sowie - im Zusammenhang mit der Durchsuchung - dessen Postverkehr überprüft wurde, war festzustellen, dass der Angeklagte neben dem sozialen Kontakte zu XY keine nennenswerten anderen Sozialkontakte - zumindest auf den genannten Wegen - pflegte.

Im Hinblick auf den persönlichen Umgang zwischen dem Angeklagten und der Reporterin XY wurden im Verfahren - neben dem Treffen anlässlich der streitgegenständlichen Tat - zwei weitere persönliche Zusammenkünfte bekannt:

Am 27.11.2009 besuchte der Angeklagte zusammen mit XY, die er zuvor mit seinem Pkw abgeholt hatte, eine Feier in einem griechischen Restaurant in Mannheim-Mallau, anlässlich derer man sich gemeinsam an einem Tisch sitzend, den Abend über unterhielt.

Kurze Zeit nach einen Tötungsdelikt in Edingen am 05.12.2009 tauchte der Angeklagte in der ...-Redaktion in Mannheim auf, setzte sich zu der Journalistin XY auf deren Schreibtisch und betrachtete dort gemeinsam mit ihr die der Zeitungs-Reporterin von dem Tötungsdelikt vorliegenden Lichtbilder. Dabei unterhielten sich die beiden über den Fall und der Angeklagte identifizierte für die Reporterin abgebildete Personen und Verfahrensbeteiligte. Dabei fiel von Seiten des Angeklagten der Satz: "Du hast ja mehr Bilder als wir!".

Die Reporterin rief den Angeklagten immer wieder an, um von ihm Auskünfte über laufende staatsanwaltschaftliche Ermittlungsverfahren, Polizeiermittlungen und Einzelheiten über bekannt gewordene Straftaten zu erfragen. Diese Auskünfte wurden der Reporterin vom Angeklagten auch erteilt mit dem Wissen, dass XY diese Informationen in ihren veröffentlichten Artikeln benutzen würde. XY bezeichnete den Angeklagten ihren Reporterkollegen in der ....

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