Entscheidungsstichwort (Thema)

Unterlassung

 

Tenor

1. Dem Antragsgegner wird aufgegeben, es zu unterlassen, seine Räumlichkeiten im Rückgebäude des Anwesens … in … – im Aufteilungsplan mit Nr. … bezeichnet – zu gesellschaftlichen oder religiösen Zusammenkünften des Vereins zu nutzen oder durch Dritte nutzen zu lassen.

2. Der Antragsgegner trägt die Gerichtskosten mit Ausnahme der durch die Anrufung des Amtsgerichts Mannheim – Zivilprozessabteilung – verursachten Kosten; diese fallen dem Antragsteller zur Last.

Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

3. Der Geschäftswert wird auf EUR 3.000 festgesetzt.

4. Dem Antragsgegner wird für jeden Fall der Zuwiderhandlung der in Ziffer 1 dieses Beschlusses bezeichneten Verpflichtung die Verhängung eines Ordnungsgeldes von bis zu EUR 250.000,– und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, Ordnungshaft von bis zu sechs Monaten angedroht. Die Ordnungshaft ist am ersten Vorsitzenden des Antragsgegners zu vollstrecken.

 

Tatbestand

I.

Die Beteiligten sind Mitglieder der Wohnanlage … in …. Diese besteht aus einem viergeschossigem Haupt- und einem zweistöckigen Rückgebäude. Letzteres eignet der Antragsgegner, ein eingetragener Verein zur islamischen Aufklärung und Bildung. In der Teilungserklärung ist dieses wie folgt beschrieben:

Miteigentumsanteil zu 115/1.000, verbunden mit dem Sondereigentum an den im Hintergebäude im Erdgeschoss und Obergeschoss gelegenen Wohnräumen,…

In den mit der Abgeschlossenheitsbescheinigung identischen Aufteilungsplänen sind die folgenden Beschreibungen enthalten:

Trockenraum, Abstellraum, Flur, Bad, Wohn-Schlafz., Wohnen, Schlafzimmer.

Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits ist die Frage, ob der Antragsgegner seine Räume nach eigenem Eingeständnis nur zweimal wöchentlich zu gemeinsamen Buchlesungen, Gebeten und religiösen Gesprächen nutzen könne, die den Antragsteller als Eigentümer der angrenzenden Erdgeschosswohnung im Haupthaus in seinem Ruhebedürfnis beeinträchtigen sollen.

Der Antragsteiler behauptet,

der Antragsgegner nutze den Innenhof nahezu täglich bis spät in die Nacht als Aufenthalts- und Freizeittort. Weder Ruhezeiten, noch Sonn- und Feiertage würden eingehalten, der Lärmpegel sei unerträglich, die Störungen seien zu unterlassen. Die unzulässige Nutzung des Wohnungseigentums als Gebetshaus stelle einen unzulässigen Eingriff in sein Miteigentum dar. Keinesfalls handele es sich beim Beklagten um eine friedliebende Vereinigung, das Hinterhaus diene als konspirativer Treff von Fundamentalisten.

Die Antragsteller beantragt,

den Antragsgegner zu verpflichten, die Nutzung des Sondereigentums am Hinterhaus als Gebetshaus zu unterlassen.

Der Antragsgegner beantragt,

Zurückweisung des Antrages.

Er trägt vor,

der Hof werde nur als Durchgang, nicht als Aufenthaltsraum benutzt. Der zulässige Lärmpegel werde keinesfalls überschritten. Die behaupteten Beeinträchtigungen würden bestritten, sie gingen auf ein türkisches Café und einen Karnevalsverein in der Nachbarschaft zurück. Acht von elf Eigentümern hätten sich schriftlich für die konkrete Nutzung des Hinterhauses als Vereinshaus ausgesprochen.

Mit rechtskräftigem Beschluss vom 6.10.2004 hat das Prozessgericht den Rechtsstreit an die Abteilung für Wohnungseigentumssachen verwiesen.

Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze samt Anlagen verwiesen.

 

Entscheidungsgründe

II.

1. Das erkennende Gericht der freiwilligen Gerichtsbarkeit ist zuständig, weil das Prozessgericht den Rechtsstreit mit bindender Wirkung abgegeben hat (§ 46 Abs. 1 Satz 3 WEG). Der Bindungswirkung steht nicht entgegen, dass der Beschluss des Prozessgerichts den Rechtsstreit begründungslos „verwies”, während das Gesetz nur eine mit Gründen versehene Abgabe kennt (§ 46 Abs. 1 Satz 1 WEG). Dieser Mangel wäre nur dann erheblich, wenn der Abgabebeschluss jegliche Rechtsgrundlage entbehrt und damit auf Willkür beruht (BayObLG, WE 1997, 432). Dies ist nicht der Fall.

Nach § 43 Abs. 1 Nr. 1 WEG ist das WE-Gericht dazu berufen über die Rechte und Pflichten der Wohnungseigentümer untereinander zu entscheiden. Hierzu gehören Streitigkeiten über den Gebrauch des gemeinschaftlichen Eigentums und des Sondereigentums durch den Antragsgegner (Bärmann/Pick/Merle, WEG, 9. Aufl., § 43 Rdnr. 9 und 10), dessen Zulässigkeit der Antragsteller beanstandet. Nicht die Rechtsgrundlage ist entscheidend, sondern der Umstand, ob das in Anspruch genommene Recht oder die den Antragsgegner treffende Pflicht aus dem Gemeinschaftsverhältnis erwächst (BGH, NJW-RR 1991, 907). Da sich der Antragsteller zur Rechtfertigung seiner Ansprüche auf die Gemeinschaftsordnung stützt, war das ohne weiteres zu bejahen. Die vorgenommene „Verweisung” ist als Abgabe gemäß § 46 Abs. 1 Satz 1 WEG möglich und gerechtfertigt, sie ist für das erkennende Gericht bindend.

2. Der Antrag war begründet.

a) Der Antrag war nach Klarstellung durch den Verfahrensbevollmächtigten des Antragstellers dahin auszulegen, dass er die Unterlassung der...

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