Tenor

Der Beschluss der Eigentümerversammlung vom 17.05.2017 der Wohnungseigentümergemeinschaft L.straße in L. zu Tagesordnungspunkt 06 wird für ungültig erklärt.

Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Beklagten.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Den Beklagten wird nachgelassen, die Vollstreckung der Klägerin durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

 

Tatbestand

Die Klägerin begehrt die Ungültigerklärung eines Beschlusses der Wohnungseigentümergemeinschaft betreffend die Verteilung der Selbstbeteiligung aus einer Wohngebäudeversicherung.

Die Parteien bilden die Wohnungseigentümergemeinschaft. Nach § 2 Ziff. 1, 1.6 der Teilungserklärung vom 18.10.2013 gehören Leitungen für Kalt- und Warmwasser sowie Entwässerung der Wohnung vom Eintritt in das Sondereigentum zum Sondereigentum des Wohnungseigentümers. Nach § 4 Ziff. 2.3 der Teilungserklärung haftet der Sondereigentümer für Schäden am Gemeinschaftseigentum oder anderem Sondereigentum, die von den in seinem Sondereigentum stehenden Räumen ausgehen, bei eigenem oder fremden Verschulden. Nach § 4 Ziff. 4 der Teilungserklärung tragen die Wohnungseigentümer die Betriebskosten, u.a. auch Kosten für Versicherungen, nach Miteigentumsanteilen. Änderungen der in der Gemeinschaftsordnung getroffenen Vereinbarungen, die das Gemeinschaftsverhältnis unter den Eigentümern betreffen, können nach § 4 Ziff. 6.3.2 der Teilungserklärung in der Eigentümerversammlung mit 75 % der vorhandenen Stimmen beschlossen werden, sofern sachliche Gründe für eine beschlussweise Neuregelung vorliegen und dadurch keine unbillige Benachteiligung überstimmter Eigentümer eintritt. Wegen des genauen Inhalts der Teilungserklärung wird auf Bl. 11-31 d.A. Bezug genommen.

Für die Wohnungseigentumanlage besteht eine Wohngebäudeversicherung, die sowohl das Gemeinschaftseigentum, als auch das Sondereigentum an den Wohnungen umfasst. Die Selbstbeteiligung beträgt 2.000,00 EUR je Schadensfall. In den Jahren 2013 bis zur Eigentümerversammlung vom 17.05.2017 waren insgesamt 10 Leitungswasserschäden, davon 3 in 2017, aufgetreten. Auf der Eigentümerversammlung vom 17.05.2017 beschloss die Wohnungseigentümergemeinschaft zu Tagesordnungspunkt (künftig: TOP) 06 mehrheitlich, dass die Kosten der Selbstbeteiligung der Wohngebäudeversicherung bei Wasserschäden im Bereich des Sondereigentums und zwar für Schäden an Leitungen nach der ersten Absperrmöglichkeit durch den Wohnungseigentümer zu tragen sind, in dessen Wohnung der Wasserschaden aufgetreten ist.

Die Klägerin ist der Ansicht, der Wohnungseigentümergemeinschaft fehle die Beschlusskompetenz für die angefochtene Beschlussfassung. Die Regelung benachteilige den einzelnen Wohnungseigentümer, da sie diesem verschuldensunabhängig die Kosten der Selbstbeteiligung auferlege, obwohl die gesamte Wohnungseigentümergemeinschaft von den aufgrund der Selbstbeteiligung niedrigeren Versicherungsprämien profitiere.

Die Klägerin beantragt,

wie zuerkannt.

Die Beklagten beantragen,

die Klage abzuweisen.

Sie behaupten, die Wohngebäudeversicherung habe wegen der zahlreichen Schadensfälle nur mit gestiegenen Prämien und mit der Selbstbeteiligung abgeschlossen werden können. Die Verwalterin habe den Wohnungseigentümern mehrfach empfohlen, die im Bereich des Sondereigentums liegenden Wasserleitungen überprüfen und ggfls. austauschen zu lassen. Einige Wohnungseigentümer seien dieser Empfehlung auch gefolgt.

 

Entscheidungsgründe

Die Klage ist begründet. Der angefochtene Beschluss widerspricht den Grundsätzen ordnungsgemäßer Verwaltung i.S.d. § 21 Abs. 4 WEG.

I.

Der angefochtene Beschluss ist nicht bereits mangels Beschlusskompetenz der Wohnungseigentümergemeinschaft nichtig. Vielmehr folgt die Beschlusskompetenz der Wohnungseigentümergemeinschaft aus § 16 Abs. 3 WEG. Danach können die Wohnungseigentümer bei den in der Vorschrift näher bezeichneten Betriebs- und Verwaltungskosten den bestehenden Umlageschlüssel durch Mehrheitsbeschluss ändern, soweit dies ordnungsmäßiger Verwaltung entspricht. Die Prämien einer Wohngebäudeversicherung stellen in Ansehung des § 2 Nr. 9 BetrkV Betriebskosten dar. Dies gilt auch für die Kosten der Selbstbeteiligung der Wohnungseigentümergemeinschaft für jeden Schadensfall. Die Selbstbeteiligung ist Bestandteil der Versicherungsprämie, da die Vereinbarung einer Selbstbeteiligung unmittelbare Auswirkungen auf die Höhe der Versicherungsprämie hat, mithin letztlich eine besondere Form der Prämienberechnung darstellt (Jennißen in Jennißen, WEG, 5. Aufl., § 16 Rn. 99; Dötsch, Gebäudeversicherung der Wohnungseigentümer, ZMR 2014, 169 [178]). Die Beschlusskompetenz der Wohnungseigentümergemeinschaft betreffend die Verteilung der Selbstbeteiligung im Schadensfall folgt danach aus § 16 Abs. 3 WEG (Dötsch, a.a.O.; die Beschlusskompetenz – ohne Begründung – ebenfalls bejahend OLG Köln, NZM 2003,...

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