Tenor

Das Verfahren über den Eröffnungsantrag wird fortgesetzt (§ 306 Abs. 1 InsO).

  • 1.

    Die Durchführung des gerichtlichen Schuldenbereinigungsplanverfahrens wird abgelehnt, weil der Schuldenbereinigungsplan nach der freien Überzeugung des Gerichts voraussichtlich nicht angenommen wird.

    Der von der Schuldnerin eingereichte Schuldenbereinigungsplan unterscheidet sich inhaltlich nur unwesentlich von dem vorgerichtlichen Schuldenbereinigungsplan.

    Da der vorgerichtliche Schuldenbereinigungsplan von sämtlichen Gläubigern abgelehnt wurde, erscheint die Durchführung eines Schuldenbereinigungsplanverfahrens aussichtslos.

  • 2.

    Der Schuldnerin werden

    für das Eröffnungsverfahren und das Hauptverfahren die Verfahrenskosten gem. § 4 a Abs.1, 3 InsO gestundet.

    Eine Entscheidung über den Antrag betreffend das Restschuldbefreiungsverfahren (Wohlverhaltensperiode) ist derzeit untunlich, da offen ist, ob und wann dieser Verfahrensschritt durchgeführt wird.

 

Gründe

I.

Die Schuldnerin stellte bereits am 10.04.2012 einen ersten Eigenantrag auf Eröffnung eines Verbraucherinsolvenzverfahrens über ihr Vermögen nebst Anträgen auf Restschuldbefreiung und Verfahrenskostenstundung. Da sie einer Aufforderung zur Ergänzung des Antrags binnen einer Frist von einem Monat nicht vollständig nachkam, galt ihr damaliger Eröffnungsantrag gemäß § 305 Abs. 3 S. 2 InsO als zurückgenommen.

Die Schuldnerin beantragt nunmehr erneut die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über ihr Vermögen, die Erteilung von Restschuldbefreiung sowie die Stundung der Verfahrenskosten für das Eröffnungsverfahren, das Hauptverfahren und das Restschuldbefreiungsverfahren. Die Anträge sind zulässig.

Insbesondere steht der Zulässigkeit des Antrags auf Restschuldbefreiung - und damit einhergehend der Zulässigkeit und Begründetheit des Stundungsantrags - die Fiktion der Rücknahme eines früheren Verbraucherinsolvenzantrags der Schuldnerin gemäß § 305 Abs. 3 S. 2 InsO nicht entgegen.

Im Anschluss an eine gemäß § 305 Abs. 3 S. 2 InsO fingierte Zurücknahme des Insolvenzantrags eines Schuldners ist dessen erneuter Antrag auf Restschuldbefreiung im Rahmen eines erneuten Eigenantrags auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens über sein Vermögen ohne Einhaltung einer Sperrfrist zulässig (so bereits AG Hamburg, ZInsO 2011, 2048; LG Frankenthal, BeckRS 2013, 00068).

Teilweise wird insoweit zwar vertreten, dass die in der Rechtsprechung entwickelte dreijährigen Sperrfrist für die Wiederholung von Restschuldbefreiungsanträgen bei Eigenanträgen eines Schuldners mit vorausgegangenen Erstverfahren auch dann anzuwenden sei, wenn der Erstantrag des Schuldners im Rahmen der Rücknahmefiktion des § 305 Abs. 3 S. 2 InsO als zurückgenommen gilt (AG Hamburg, NZI 2011, 981; AG Ludwigshafen, ZInsO 2012, 1586; differenzierend nach der Art des Mangels AG Essen, ZInsO 2012, 850 und ZInsO 2012, 1730). Begründet wird dies mit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, wonach ein Schuldner einen Antrag auf Restschuldbefreiung in einem weiteren Insolvenzverfahren erst nach einer Sperrfrist von drei Jahren stellen könne, wenn er es in einem vorangegangenen Insolvenzverfahren an einem lauteren und/oder einem auf eine effiziente Verfahrensförderung bedachten Verhalten hat vermissen lassen.

Diese Auffassung verkennt jedoch die Reichweite der Sperrfrist-Rechtsprechung des BGH (so bereits Wedekind, VIA 2012, 24; Siebert, VIA 2012, 55). Der BGH hat bislang nur in einem Fall ausdrücklich eine Sperrfrist aufgrund des Unterlassens eines verfahrensfördernden und -beschleunigenden Verhaltens eines Schuldners, das nicht zugleich auf einer Unredlichkeit des Schuldners beruhte bzw. zur Versagung der Restschuldbefreiung in einem früheren Insolvenzverfahren hätte führen können, angenommen (BGH, NZI 2010, 195). In diesem Fall hatte der Schuldner nach einem Gläubigerantrag trotz Belehrung keinen Eigenantrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens nebst Antrag auf Restschuldbefreiung gestellt. Erst nach Durchführung des gesamten Insolvenzverfahrens über knapp drei Jahre stellte der Schuldner ca. vier Monate nach Aufhebung des Verfahrens einen Eigenantrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Der BGH hat zur Begründung der Annahme einer Sperrfrist ausgeführt: "Die Pflicht des Insolvenzgerichts, den Schuldner auf die Möglichkeit der Eigenantragstellung verbunden mit dem Antrag auf Restschuldbefreiung hinzuweisen und ihm eine richterliche Frist zur Antragstellung zu setzen [...], würde ihrer verfahrensfördernden und -beschleunigenden Funktion beraubt, wenn die Nichtbefolgung dieser Hinweise wegen der Befugnis zur Einleitung eines weiteren Insolvenzverfahrens ohne verfahrensrechtliche Konsequenzen bliebe. Der Schuldner könnte die Gerichte sofort wieder mit einem erneuten Verfahren belasten, obwohl er Gelegenheit gehabt hat, in dem auf Antrag eines Gläubigers betriebenen Verfahren einen Eigenantrag zu stellen und damit mehrere, innerhalb kurzer Fristen nacheinander durchzuführende Verfahren zu vermeiden. Dies wäre mit Sinn und Zweck der Belehrungsrege...

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