Entscheidungsstichwort (Thema)

Sperrfrist für einen Eigenantrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels Masse nach Abweisung eines Gläubigerantrags

 

Normenkette

InsO § 4a Abs. 1 S. 1

 

Verfahrensgang

BGH (Urteil vom 03.12.2009; Aktenzeichen IX ZR 29/08)

BGH (Beschluss vom 03.07.2008; Aktenzeichen IX ZB 182/07)

BGH (Beschluss vom 17.02.2005; Aktenzeichen IX ZB 176/03)

 

Tenor

wird wegen Zahlungsunfähigkeit heute, am 01.07.2013, um 15:03 Uhr das Insolvenzverfahren eröffnet.

Die Eröffnung erfolgt aufgrund des am 14.05.2013 bei Gericht eingegangenen Antrags der Schuldnerin.

Der Antrag auf Stundung der Kosten des Insolvenzverfahrens wird gem. § 4a Abs. 1 Satz 1 InsO zurückgewiesen. Aus den von d. Schuldn. vorgelegten Angaben ergibt sich, dass die Insolvenzmasse diese Kosten voraussichtlich decken wird.

[…]

Die Schuldnerin hat Restschuldbefreiung beantragt.

[…]

 

Tatbestand

I.

Eine Gläubigerin beantragte im Jahr 2012 die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Schuldnerin. Mit der Zustellung dieses Antrags und des Anhörungsbogens wies das Insolvenzgericht die Schuldnerin u.a. auf die Möglichkeit eines Eigenantrags auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens nebst Antrag auf Erteilung der Restschuldbefreiung hin; diese Anträge sollten ggf. binnen drei Wochen ab Zustellung des Gläubigerantrags gestellt werden. Werde das Insolvenzverfahren auf einen Gläubigerantrag eröffnet, ohne dass die Schuldnerin einen eigenen Insolvenzantrag gestellt habe, könne dieser nicht mehr nachgeholt werden, und es könne auch keine Restschuldbefreiung mehr beantragt werden. Hierauf reagierte die Schuldnerin nicht. Der Gläubigerantrag wurde schließlich mit Beschluss vom 25.04.2013 mangels Masse abgewiesen.

Am 14.05.2013 stellte die Schuldnerin einen Eigenantrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über ihr Vermögen nebst Anträgen auf Restschuldbefreiung und Stundung der Verfahrenskosten.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die Anträge der Schuldnerin sind zulässig und begründet.

Insbesondere konnte die Schuldnerin nicht erst nach Ablauf einer Sperrfrist von drei Jahren seit dem Beschluss über die Abweisung mangels Masse des vorangegangenen Gläubigerantrags zulässige eigene Anträge auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens, Restschuldbefreiung und Verfahrenskostenstundung stellen, nachdem sie trotz ordnungsgemäßer Belehrung bis zur Entscheidung über den Eröffnungsantrag eines Gläubigers nicht mit eigenen Anträgen reagiert hatte (so aber LG Düsseldorf, Beschl. v. 27.03.2013 – 25 T 122/13, NZI 2013, 446). Nach Abweisung eines Gläubigerantrags auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels Masse kann der betroffene Schuldner vielmehr ohne Einhaltung einer Sperrfrist jederzeit eigene Anträge auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens, Restschuldbefreiung und Verfahrenskostenstundung stellen.

Eine Sperrfrist nach Abweisung eines Gläubigerantrags mangels Masse ist im Gesetz nicht vorgesehen.

Auch über die (ohnehin umstrittene, vgl. AG Göttingen, Beschl. v. 19.04.2011 – 74 IK 88/11, NZI 2011, 545 m.w.N.) Sperrfristrechtsprechung des BGH lässt sich eine solche Sperrfrist im vorliegenden Fall nicht begründen (so bereits Siebert, VIA 2013, 46).

Der BGH hat ausgeführt (BGH, NZI 2010, 196, 196 [BGH 03.12.2009 – IX ZR 29/08]): „Die Pflicht des Insolvenzgerichts, den Schuldner auf die Möglichkeit der Eigenantragstellung verbunden mit dem Antrag auf Restschuldbefreiung hinzuweisen und ihm eine richterliche Frist zur Antragstellung zu setzen […], würde ihrer verfahrensfördernden und -beschleunigenden Funktion beraubt, wenn die Nichtbefolgung dieser Hinweise wegen der Befugnis zur Einleitung eines weiteren Insolvenzverfahrens ohne verfahrensrechtliche Konsequenzen bliebe. Der Schuldner könnte die Gerichte sofort wieder mit einem erneuten Verfahren belasten, obwohl er Gelegenheit gehabt hat, in dem auf Antrag eines Gläubigers betriebenen Verfahren einen Eigenantrag zu stellen und damit mehrere, innerhalb kurzer Fristen nacheinander durchzuführende Verfahren zu vermeiden. Dies wäre mit Sinn und Zweck der Belehrungsregeln, die auch verhindern sollen, dass das aufwändige und kostenintensive Verfahren innerhalb kurzer Zeiträume wiederholt durchgeführt werden muss, nicht zu vereinbaren”.

Nach dieser Entscheidung des BGH sollen die Belehrungsregeln und damit auch die Sperrfrist verhindern, dass ein aufwändiges und kostenintensives Verfahren innerhalb kurzer Zeiträume wiederholt durchgeführt werden muss. Im vom BGH entschiedenen Fall war das Insolvenzverfahren eröffnet und erst nach knapp zweieinhalb Jahren aufgehoben worden. Das aufwändige und kostenintensive Insolvenzverfahren wird bei einer Abweisung mangels Masse jedoch gerade nicht durchgeführt, da es nicht zu einer Verfahrenseröffnung kommt. Zuzugeben ist zwar, dass bereits das Insolvenzeröffnungsverfahren einen gewissen Aufwand erfordert, indem Ermittlungen von Amts wegen angestellt und insbesondere teilweise kostenintensive Gutachten eingeholt werden können. Dieser Aufwand ist mit der Durchführung eines gesamten Insolvenzverfahrens i...

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