Leitsatz (amtlich)

Ein Unfallgeschädigter, der auf Gutachtenbasis abrechnet, muss sich vom Schädiger bzw. der hinter diesem stehenden Haftpflichtversicherung nicht darauf verweisen lassen, dass das Fahrzeug preiswerter in einer markenungebundenen (freien) Fachwerkstatt repariert werden könnte. Es kommt dabei weder auf das Alter des Fahrzeuges noch auf die Frage an, ob dieses bis zum Unfall in markengebundenen Fachwerkstätten gewartet oder gegebenenfalls repariert wurde (gegen BGH, Urteil vom 20.10.2009 - VI ZR 53/09 - sog. "VW-Urteil"; vgl. auch BGH, Urteil vom 23.2.2010 - VI ZR 91/09 -). Die vom BGH vorgenommene Differenzierung vermag nicht zu überzeugen. Bei ihr wird auch verkannt, dass es bei einer Abrechnung auf Gutachtenbasis nicht auf eine individuell möglicherweise günstigere Reparaturmöglichkeit ankommen kann. Dem Schädiger bzw. der Haftpflichtversicherung bleibt in solchen Fällen nur der Einwand, dass bei einer standardisierten Betrachtung die in dem Gutachten ausgewiesenen Schadenbeträge überhöht sind und nicht als ortsüblich angesehen werden können.

 

Tenor

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 294,26 - nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 22.12.2008 sowie weitere vorgerichtliche Anwaltskosten in Höhe von 43,31 - nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 22.12.2008 zu zahlen.

Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Kläger zu 10 % und der Beklagten zu 90 % auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Dem Kläger bleibt nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch die Beklagte gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.

Dem Beklagten bleibt nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch den Kläger gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Berufung gegen dieses Urteil wird (zugunsten der Beklagten) zugelassen.

 

Tatbestand

Der Kläger verfolgt restliche Schadensersatzansprüche aus einem Unfall vom 18.12.2008. Der Kläger ist Eigentümer eines Pkws der Marke Daimler-Chrysler. Das Fahrzeug wurde am 4.1.1999 erstmals zum öffentlichen Straßenverkehr zugelassen und wies im Zeitpunkt des Unfalls einen Laufleistung von knapp 136.000 km auf. Bei dem Unfall wurde das Fahrzeug des Klägers beschädigt; die Einstandspflicht der Beklagten steht zwischen den Parteien nicht im Streit.

Noch am Schadentag beauftragte der Kläger den Sachverständigen W. mit der Begutachtung des entstandenen Schadens. Der Sachverständige ermittelte Reparaturkosten (netto) in Höhe von 2.283,43 -.

Vorgerichtlich nahm auch die Beklagte eine Berechnung des Schadens vor. Sie ging dabei davon aus, dass sich die Reparaturkosten (netto) nur auf 1.956,22 - beliefen und stützte sich dazu auf ein Gutachten der Firma C.

Mit Schreiben vom 17.2.2009 wurde die Beklagte aufgefordert, den Differenzbetrag in Höhe von 327,21 - (ursprüngliche Klageforderung) auszugleichen. In der Folgezeit beauftragte die Beklagte den Sachverständigen B. mit einer Kfz-Nachbesichtigung. Im Gegensatz zu dem vom Kläger beauftragten Sachverständigen meinte der Sachverständige B., dass der Kotflügel links zwar neu lackiert werden müsse, ein Ausbau des Teils dazu aber nicht erforderlich sei. Der Sachverständige B. kam zu einem Reparaturschaden in Höhe von (netto) 1.634,78 -.

Im Rahmen einer von dem Sachverständigen W. durchgeführten Alternativberechnung bestätigte dieser erneut einen Reparaturschaden in Höhe von (netto) 2.283,43 -.

Im Rahmen der mündlichen Verhandlung vom 26.4.2010 regte das Gericht (neben einem Vergleich zur gütlichen Beilegung des gesamten Rechtsstreits) eine Verständigung über die rein tatsächlich am Fahrzeug entstandenen Schäden an. So behauptete die Beklagte im gerichtlichen Verfahren, dass der Kotflügel tatsächlich nicht beschädigt worden sei und der Kläger daher keinen Anspruch auf Ersatz der darauf entfallenden 53,40 - habe. Weiter stellte sich die Beklagte auf den Standpunkt, dass 12,50 - an Reinigungskosten zur Vorbereitung der Lackierung nicht erforderlich seien. Diese Vorbereitungskosten seien bereits in den Lackierkosten enthalten. Das Gericht regte bezüglich des insoweit streitigen Schadens in Höhe von 65,90 - an, dass die Klage in Höhe von 32,95 - zurückgenommen werden solle. Im Gegenzug sollte die Klage von der Beklagten in Höhe von 32,95 - (nebst Zinsen) anerkannt werden. Dem folgend wurde die Klage in Höhe von 32,95 - zurückgenommen und von den Beklagtenvertretern zum Teil ein Anerkenntnis erklärt.

Sinngemäß beantragt der Kläger nun noch,

wie erkannt.

Die Beklagte hat

die Klage in Höhe von 31,95 - anerkannt und beantragt im übrigen, die Klage abzuweisen.

Die Beklagte meint, dass sich der Kläger wegen des verbliebenen Differenzbetrages auf die ihm von der Bekla...

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