Leitsatz (amtlich)

Im eröffneten Insolvenzverfahren ist die Pfändung von Mietforderungen des Schuldners aufgrund eines titulierten dinglichen Anspruchs durch einen absonderungsberechtigten Grundpfandrechtsgläubiger unzulässig.

 

Tatbestand

I.

Mit notarieller Urkunde vom 26.September 2001 bestellte der Schuldner zu Gunsten der Bausparkasse X. (kurz: „Gläubigerin”) an seinem Wohnungseigentum in Wattenscheid eine Grundschuld in Höhe von 138 000 DM und unterwarf sich der sofortigen Zwangsvollstreckung in das Wohnungseigentum aus der Grundschuld. Am 30.Juli 2004 eröffnete das Insolvenzgericht Hamburg das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Schuldners und bestellte den Erinnerungsführer, Rechtsanwalt Dr. S., zum Treuhänder. Am 29.März 2005 wurde die notarielle Urkunde hinsichtlich der Zwangsvollstreckungsunterwerfung gegen den Treuhänder umgeschrieben. Mit Pfändungs- und Überweisungsbeschluss vom 26.Juli 2005 pfändete die Gläubigerin aufgrund der Zwangsvollstreckungsunterwerfung aus der notariellen Urkunde unter Berufung auf den „dinglichen Titel” die aus der Vermietung des Wohnungseigentums resultierenden Mietforderungen und ließ sie sich zur Einziehung überweisen. Hiergegen legte der Treuhänder Erinnerung ein, der der Rechtspfleger nicht abgeholfen hat.

 

Entscheidungsgründe

II.

Auf die Erinnerung, über die das Insolvenzgericht nach § 89 Abs. 3 InsO zu entscheiden berufen ist (vgl. Uhlenbruck, InsO, 12.Aufl., 2003, §89 Rz.25), ist der Pfändungs- und Überweisungsbeschluss des AG Hamburg vom 26.Juli 2005 aufzuheben. Die Pfändung und Überweisung ist unzulässig.

1. Die Unzulässigkeit der Pfändung und Überweisung ergibt sich aus §49 InsO.

Danach sind „Gläubiger, denen ein Recht auf Befriedigung aus Gegenständen zusteht, die der Zwangsvollstreckung in das unbewegliche Vermögen unterliegen (unbewegliche Gegenstände), […] nach Maßgabe des Gesetzes über die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung zur abgesonderten Befriedigung berechtigt”.

Das Absonderungsrecht der Gläubigerin berechtigt nicht zur Pfändung und Überweisung der Mietforderungen. Weitere als die in § 49 InsO zugelassenen Vollstreckungsmöglichkeiten stehen dem Absonderungsberechtigten nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht zu (so auch RGZ 52, 138; OLG Dresden, Die Rechtsprechung der Oberlandesgerichte auf dem Gebiet des Zivilrechts, Bd.15, 1907, S.285; OLG Braunschweig, Die Rechtsprechung der Oberlandesgerichte auf dem Gebiet des Zivilrechts, Bd.10, 1905, S.419f.; Stillschweig, JW 1917, 895; a.A. OLG München, Die Rechtsprechung der Oberlandesgerichte auf dem Gebiet des Zivilrechts, Bd.29, 1914, S.245); AG Rosenheim ZInsO 2000, 291f.; LG Traunstein NZI 2000, 438; LG Chemnitz Rpfleger 2004, 234; Staudinger/Wolfsteiner, BGB, Neubearb., 2002, §1123 Rz.20).

a) Die §§49ff. InsO und §§165ff. InsO gestatten die Durchsetzung von Absonderungsrechten an Immobilien … unabhängig von der Möglichkeit der Vereinbarung einer freihändigen Verwertung … ausschließlich durch Immobiliarzwangsvollstreckung. §49 InsO begrenzt nach seinem Wortlaut die Vollstreckungsalternativen des Absonderungsberechtigten auf Zwangsversteigerung und Zwangsverwaltung, wobei lediglich die Zwangsverwaltung zur Erlangung der Mietforderungen geeignet ist. Vergleicht man den Wortlaut des §49 InsO mit der Vorgängernorm des §47 KO, unterstützt der nunmehr ausdrückliche Verweis auf das Gesetz über die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung die Auslegung des §49 InsO, dass der Absonderungsberechtigte „nur nach Maßgabe des Gesetzes über die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung zur abgesonderten Befriedigung berechtigt ist”. Auch die Zusammenschau der §49 und §165 InsO spricht dafür, den Absonderungsberechtigten auf eben jene Wege der Verwertung zu verweisen, die §165 InsO dem Insolvenzverwalter … wenn auch grundsätzlich nicht dem Treuhänder (§313 Abs. 3 InsO) … zubilligt: Immobiliarvollstreckung durch Zwangsverwaltung oder Zwangsversteigerung. Für die Zulässigkeit der Pfändung kann auch nicht der Rechtszustand unter der Konkursordnung und, dass der Gesetzgeber der Insolvenzordnung diesen nicht habe ändern wollen, eingewandt werden (so aber LG Traunstein NZI 2000, 438), da die Zulässigkeit der Pfändung auch unter der Konkursordnung durchaus verneint wurde (RGZ 52, 138; OLG Dresden, Die Rechtsprechung der Oberlandesgerichte auf dem Gebiet des Zivilrechts, aaO, S.285; OLG Braunschweig, Die Rechtsprechung der Oberlandesgerichte auf dem Gebiet des Zivilrechts, aaO, S.419f.; Stillschweig, JW 1917, 895; a.A. OLG München, Die Rechtsprechung der Oberlandesgerichte auf dem Gebiet des Zivilrechts, aaO, S.245).

Der Gesetzesbegründung zu den den §49 und §165 InsO kann weder eine eindeutige Stellungnahme des Gesetzgebers zu dieser Frage noch die klare Aussage, am hergebrachten Rechtszustand nichts ändern zu wollen, entnommen werden (vgl. zu den Materialien: Schmidt-Räntsch, Insolvenzordnung, 1995, S.223f., 331).

b) Bei der hier zu beurteilenden Pfändung und Überweisung handelt es sich jedoch um … gemäß den ...

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