Entscheidungsstichwort (Thema)

Nach Erfüllung einer Forderung muss Gläubiger eine fortbestehende Zahlungsunfähigkeit i.R.d. Stellung eines Insolvenzantrages nicht glaubhaft machen. Pflicht eines Gläubigers zur Glaubhaftmachung einer fortbestehenden Zahlungsunfähigkeit i.R.d. Stellung eines Insolvenzantrages nach Erfüllung der Forderung. Kostentragungspflicht des Schuldners gem. § 14 abs. 3 InsO bei Abweisung des Antrags als unbegründet

 

Leitsatz (amtlich)

1. Nach Erfüllung der Forderung muss der Gläubiger eine fortbestehende Zahlungsunfähigkeit nicht glaubhaft machen (a. A. AG Köln NZI 2011, 593 = ZInsO 2011, 1517). Allerdings ist bei der Anordnung einer vorläufigen Insolvenzverwaltung Zurückhaltung geboten.

2. Bei Abweisung des Antrages als unbegründet hat der Schuldner gem. § 14 Abs. 3 InsO die Kosten zu tragen.

 

Leitsatz (redaktionell)

Aus § 14 Abs. 1 Satz 3 InsO lässt sich nicht ableiten, dass die Anstragstellerin die Zahlungsunfähigkeit glaubhaft machen muss.

 

Normenkette

InsO § 14 Abs. 1 S. 2, Abs. 3

 

Tenor

Der Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Antragsgegnerin wird als unbegründet abgewiesen.

Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Wert: Bis 9.000 EUR

 

Tatbestand

A.

Die Schuldnerin ist Bestandteil der MX-Gruppe und betreibt in Form einer GmbH eine Personenbeförderung u.a. mit Krankenkraftwagen. Verwaltende Gesellschaft ist die MX-Beteiligungsgesellschaft, die Räumlichkeiten und die Verwaltungstätigkeiten wie Lohnabrechnungen zur Verfügung stellt. Die Fahrzeuge sind von der M. Krankentransport Personenbeförderungsgesellschaft mbH gemietet. Gegen die Schuldnerin wurde Ende 2010 ein Insolvenzantrag wegen ausstehender Sozialversicherungsbeiträge in Höhe von ca. 18.000 EUR gestellt. Nach Begleichung wurde der Antrag für erledigt erklärt und der Schuldnerin im Beschluss vom 25.01.2011 die Kosten auferlegt (Verfahren 74 IN 278/10 AG Göttingen). Am 28.03.2011 stellt die Antragstellerin wegen rückständiger Sozialversicherungsbeiträge für den Zeitraum September 2010 bis Februar 2011 in Höhe von 8.809,08 EUR Insolvenzantrag. Vor dem auf den 13.04.2011 anberaumten Anhörungstermin beglich die Schuldnerin die Forderung durch Überweisung vom 11.04.2011. Auf Nachfragen übersandte das Insolvenzgericht der Antragstellerin den durch gerichtsinternen Abgleich zur Akte genommenen Beschluss vom 28.03.2011 in dem Verfahren 74 IN 278/10. Mit Schreiben vom 17.06.2011 beantragte die Antragstellerin, gem. § 14 Abs. 1 Satz 2 InsO das Verfahren fortzusetzen. Der mit Beschluss vom 27.06.2011 eingesetzte Sachverständige kommt in seinem am selben Tag bei Gericht eingegangenem Gutachten vom 22.08.2011 zu dem Ergebnis, dass die Schuldnerin weder zahlungsunfähig noch überschuldet ist.

Der Sachverständige hat die Buchhaltung der Schuldnerin zum 30.06.2011 ausgewertet und ausgehend von diesem Stichtag auf die aktuellen Verhältnisse der Schuldnerin fortgeschrieben. Der Sachverständige verneint sowohl zum 30,06.2011 als auch zum Berichtszeitpunkt (22.08.2011) das Vorliegen eines Insolvenzgrundes.

Im Einzelnen führt der Sachverständige aus: Die Buchhaltung der Schuldnerin ist nicht aktuell. Der letzte Jahresabschluss (für 2008) wurde am 12.11.2009 erstellt. Für das Geschäftsjahr 2009 gibt es lediglich den Entwurf eines Abschlusses. 2010 ist nicht aktuell gebucht. Zum Zeitpunkt der Insolvenzantragstellung am 28.03.2011 bestanden die geltend gemachten Ansprüche und waren auch durch Zwangvollstreckungsmaßnahmen nicht beitreibbar gewesen. Die Schuldnerin war zum damaligen Zeitpunkt zahlungsunfähig.

Zum 30.06.2011 wies das Girokonto einen Stand von 159,78 EUR aus. Von ausstehenden Forderungen der Schuldnerin gingen bis zum 15.07.2011 Zahlungen in Höhe von 51.144,21 EUR ein. Verpflichtungen gegenüber Kreditinstituten, Arbeitnehmern, der Finanzverwaltung, aus Lieferungen und Miete bestanden nicht. Die Arbeitnehmer sind bei 12 verschiedenen Krankenkassen versichert. Für den Zeitraum April bis Juni 2011 sind insgesamt 33.245,02 EUR offen. Nach Angaben des Geschäftsführers sind mündlich Stundungsvereinbarungen getroffen und ein Ausgleich bis September 2011 zugesagt. Zum 31.12.2008 lag keine Überschuldung vor. Ob später eine bilanzielle Überschuldung vorlag, lässt der Sachverständige dahingestellt unter Hinweis auf § 19 Abs. 2 Satz 1, 2. Alt. InsO, da die Fortführung des Unternehmens überwiegend wahrscheinlich ist.

Zum Berichtszeitpunkt (22.08.2011) weisen die Auszüge der Girokonten ein Guthaben von 2.843,01 EUR aus. An Sozialversicherungsträger überwies die Schuldnerin zum Ausgleich für Rückstände und aktuelle Forderungen 34.965,56 EUR. Am 27.07.2011 wurden die vertragsgemäßen Abschlagszahlungen auf Mitarbeiterlöhne in Höhe von 20.800 EUR und nach Erstellung der Abrechnung für Juli 2011 die Restlöhne in Höhe von 29.029,06 EUR am 12.08.2011 geleistet. Im Zeitraum 25.07.bis 17.08.2011 überwies die die Fordrungen der Schuldnerin einziehende zentrale Abrechnungsstelle 100.716,42 EUR und die MX-Logistik GmbH zur Sicherstellung ...

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