Entscheidungsstichwort (Thema)

Unternehmerischer Insolvenzschuldner ist mit seinem Wert bei Wertfestsetzung i.R.d. Fortführung des Unternehmens durch den Konkursverwalter während des eröffneten Verfahrens zu berücksichtigen. Auswirkungen der Fortführung eines insolventen Unternehmens durch den Konkursverwalter während des eröffneten Verfahrens auf die kostenrechtliche Wertfestsetzung. Berechnung des Unternehmenswerts aus dem Erlös aus der Veräußerung des Unternehmens sowie dem Einnahmeüberschuss. Ansatz des während der Betriebsfortführung nach Abzug der geschäftlich veranlassten Ausgaben erwirtschafteten Einnahmeüberschusses

 

Leitsatz (amtlich)

1. Hat der Konkursverwalter das schuldnerische Unternehmen während des eröffneten Verfahrens fortgeführt, so ist das Unternehmen bei der kostenrechtlichen Wertfestsetzung mit seinem Wert zu berücksichtigen.

2. Der Wert errechnet sich aus dem Erlös aus der Veräußerung des Unternehmens sowie dem Einnahmeüberschuss, der zuvor während der Betriebsfortführung nach Abzug der geschäftlich veranlassten Ausgaben erwirtschaftet worden ist (gegen OLG Düsseldorf, Beschluss vom 27.07.2010 – I-10 W 60/10, NZI 2010, 861 = ZZIP 2010, 1911).

 

Normenkette

GKG 2004 § 58; GKG 1994 § 37; EGInsO Art. 103 S. 1; GKG § 37 Abs. 1, 3, § 58 Abs. 1

 

Verfahrensgang

BVerfG (Entscheidung vom 09.02.1989; Aktenzeichen 1 BvR 1165/87)

 

Tenor

1. Der Gegenstandswert des Verfahrens wird auf 1.716.675,19 EUR festgesetzt.

2. Auf die Erinnerung des Konkursverwalters vom 06.04.2011 wird die an ihn gerichtete vorläufige Kostenrechnung vom 23.03.2011 aufgehoben und die Sache zur erneuten Entscheidung auf der Grundlage des festgesetzten Gegenstandswerts an den Kostenbeamten zurückverwiesen.

3. Das Verfahren über die Erinnerung ist gerichtsgebührenfrei, Kosten werden nicht erstattet.

 

Tatbestand

I.

Das vorliegende Konkursverfahren wurde auf Antrag der Schuldnerin am 18. 11. 1998 eröffnet. Das Amt des zunächst bestellten Konkursverwalters A endete mit Beschluss des Konkursgerichts vom 9.1.2002 aus wichtigem Grunde; an seine Stelle trat als Konkursverwalter Rechtsanwalt B. Beide Verwalter führten den Geschäftsbetrieb der Schuldnerin, einen Feinkosthandel, bis Juni 2002 fort. Mit Vertrag vom Mai 2002 wurde der Geschäftsbetrieb als Ganzes veräußert.

Das Verfahren steht kurz vor dem Abschluss. Im Schlussbericht vom 8.9.2010 hat der Konkursverwalter die Einstellung mangels Masse (§ 204 KO) angeregt; in der daraufhin durchgeführten Gläubigerversammlung vom 18.5.2011 hat niemand einen Kostenvorschuss zur Fortsetzung des Verfahrens angeboten.

Aufgrund des Schlussberichts und der Schlussrechnung des Konkursverwalters hat der Kostenbeamte am 23.3.2011 eine vorläufige Kostenrechnung erlassen, in der die Gerichtsgebühren auf der Grundlage eines Gegenstandswertes in Höhe von 61.639.926 DM angesetzt worden sind. Bei diesem Wertansatz hat der Kostenbeamte die Summe sämtlicher Einnahmen der beiden Konkurs-verwalter abzüglich des Wertes des Aus- und Absonderungsgutes zugrunde gelegt. Die Kosten der Betriebsfortführung, die nach dem Schlussbericht insgesamt 29.534.031,04 EUR (= 57.763.543,93 DM) betragen haben, sind nicht abgesetzt worden.

Gegen diese Kostenrechnung wendet sich der Konkursverwalter mit der Erinnerung vom 6.4.2011. Nach seiner Ansicht ist in der Berechnungsgrundlage für die Gerichtsgebühren der Wert des schuldnerischen Geschäftsbetriebs nur mit dem erwirtschafteten Überschuss und dem Erlös der Betriebsveräußerung zu berücksichtigen.

Der angehörte Vertreter der Staatskasse hält die Berechnungsgrundlage des Kostenbeamten für zutreffend. Der Kostenbeamte hat der Erinnerung nicht abgeholfen und die Sache dem Richter zur Entscheidung vorgelegt.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die Erinnerung des Konkursverwalters ist zulässig und begründet.

A.

Maßgebend für die Beurteilung der Zulässigkeit und Begründetheit der vorliegenden Erinnerung ist die am 31.12.1998 geltende Fassung des Gerichtskostengesetzes (im Folgenden: GKG 1994). Nach Art. 103 Satz 1 EGInsO sind auf Konkursverfahren, die vor dem Inkrafttreten der Insolvenz-ordnung am 1.1.1999 beantragt worden sind, und auf deren Wirkungen auch nach diesem Tag weiter die bisherigen gesetzlichen Vorschriften anzuwenden. Dies gilt auch für das Gerichtskostenrecht (vgl. Begr. RegE EGInsO, BT-Drucks. 12/3803, S.117 zu Art.107; MünchKomm-InsO/Schmahl, 2. Aufl. 2008, § 359 RdNr. 26).

B. Die Erinnerung genügt den formellen Anforderungen des § 5 Abs. 1, 3 GKG 1994. Auch in der Sache sind die Einwendungen des Konkursverwalters gegen die angefochtene Kostenrechnung berechtigt. Der Gegenstandswert ist metho-disch falsch berechnet.

1.

Nach § 37 Abs. 1, 3 GKG 1994 werden die Gebühren für den Antrag auf Eröffnung des Konkursverfahrens und für die Durchführung des Konkurs-verfahrens nach dem Betrag der Aktivmasse zur Zeit der Beendigung des Verfahrens erhoben. Gegenstände, die zur abgesonderten Befriedigung dienen, werden nur in Höhe des für diese nicht erforderlichen Betrags angesetzt.

a)

Die Aktivmasse im Sinne dieser Vors...

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