Leitsatz (amtlich)

Für die Entscheidung über Einwendungen gegen die Zwischen- oder Schlussrechnung des Insolvenzverwalters ist das Insolvenzgericht nur zuständig, wenn sich die Einwendungen gegen ein Verteilungsverzeichnis oder das Schlussverzeichnis richten. In der Eigenverwaltung gilt Gleiches für die Rechnungslegung des Schuldners.

In der Eigenverwaltung einer juristischen Person ist das Insolvenzgericht für eine Entscheidung über die Vergütung der organschaftlichen Vertreter der Schuldnerin nicht zuständig. Die Vergütung richtet sich nach dem Anstellungsvertrag der Organmitglieder mit der Schuldnerin. Für den Abschluss oder die Änderung dieses Vertrages bleiben die Gesellschaftsorgane zuständig.

 

Tenor

Der Antrag der Insolvenzgläubigerin A vom 27.09.2005 auf gerichtliche Entscheidung über ihre Einwendungen gegen die Schlussrechnung der Schuldnerin über die Amtsführung während der Eigenverwaltung wird zurückgewiesen.

 

Tatbestand

I.

Die bei Verfahrenseröffnung am 01.09.2002 angeordnete Eigenverwaltung wurde am 01.03.2004 auf Antrag der Schuldnerin (eines Unternehmens des ehemaligen B-Konzerns) aufgehoben; das Verfahren wird seither in Fremdverwaltung fortgeführt. Mit Bericht vom 23.03.2004 nebst Anlagen hat der einzige verbliebene Geschäftsführer der Schuldnerin, Rechtsanwalt X, über seine Amtsführung während der Eigenverwaltung Rechnung gelegt. In der Rechnung ist u.a. als ”Kosten des Insolvenzmanagements” die Vergütung des Geschäftsführers für die Zeit der Eigenverwaltung ausgewiesen. Sie beträgt 3 % der Insolvenzmasse bei Beendigung der Eigenverwaltung und ist bereits ausgezahlt; der Gläubigerausschuss sowie der damalige Sachwalter und nunmehrige Insolvenzverwalter haben ihr zugestimmt.

Nach Prüfung durch den vom Gericht beauftragten Wirtschaftsprüfer E, den Gläubigerausschuss und den Sachwalter wurde die Rechnungslegung in der Gläubigerversammlung am 12.05.2005 und – nach Vertagung – am 27.09.2005 erörtert. Die Beteiligte A (Antragstellerin) hat in der Versammlung vom 27.09.2005 Einwendungen gegen die Bemessungsgrundlage und die Höhe der Geschäftsführervergütung erhoben und eine Entscheidung des Insolvenzgerichts über diese Einwendungen beantragt (GA Bd. IV, Bl. 908 f.). Der Rechtspfleger hat in der Versammlung den Beschluss mit kurzer mündlicher Begründung seinem wesentlichen Inhalt nach verkündet und anschließend mit dem zuständigen Insolvenzrichter Rücksprache genommen. Der Richter hat daraufhin wegen der auftretenden grundsätzlichen Rechtsfragen die Abfassung des schriftlichen Beschlusses an sich gezogen (§ 18 Abs. 2 RPflG).

 

Entscheidungsgründe

II.

Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung ist unzulässig. Das Insolvenzgericht ist zu einer rechtlich bindenden Entscheidung über die Einwendungen der Antragstellerin gegen die Geschäftsführervergütung im Rahmen der Eigenverwaltung nicht befugt. Das Gesetz sieht eine Zuständigkeit des Insolvenzgerichts für eine solche Entscheidung nicht vor. Die Einwendungen können nur im Wege eines Zivilprozesses weiterverfolgt werden (§ 13 GVG, § 1 ZPO, § 2 Abs. 1 InsO).

1. Wird die Eigenverwaltung während des laufenden Verfahrens aufgehoben, so hat der Schuldner wie ein vorzeitig ausgeschiedener Insolvenzverwalter einer Gläubigerversammlung über seine Geschäftsführung in der Zeit der Eigenverwaltung Rechnung zu legen (§ 270 Abs. 1 Satz 2, § 281 Abs. 3, § 66 Abs. 1). Bei einer juristischen Person trifft diese Pflicht die Mitglieder ihres geschäftsführenden Organs.

2. Für die Behandlung dieser Rechnungslegung in der Gläubigerversammlung gilt § 197 Abs. 1 Nr. 1, 2 InsO entsprechend. Die Gläubiger haben Gelegenheit zur Erörterung des Rechnungswerks. Bei Meinungsverschiedenheiten können das Gericht und die Beteiligten auf eine gütliche Einigung hinwirken. Kommt diese jedoch nicht zustande, so sieht das Gesetz eine Entscheidungszuständigkeit des Insolvenzgerichts nur bei Einwendungen gegen ein vor-läufiges Verteilungsverzeichnis (§ 194 InsO) oder gegen das Schlussverzeichnis vor (§ 197 Abs. 1 Nr. 2 InsO). Um solche Einwendungen geht es im vorliegenden Fall aber nicht. Die Bedenken der Antragstellerin richten sich nicht gegen den Inhalt eines Verteilungsverzeichnisses (§ 188 InsO), sondern gegen die Begründung und Erfüllung einer Masseverbindlichkeit durch die Organe der schuldnerischen Gesellschaft während der Eigenverwaltung (§ 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO), welche die verteilbare Masse möglicherweise zu Unrecht verkürzt hat.

Die Bestimmungen des § 197 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 3 InsO über die Entscheidungszuständigkeit des Insolvenzgerichts sind hier weder unmittelbar noch entsprechend anzuwenden. § 197 Abs. 1 InsO unterscheidet zwischen der Schlussrechnung einerseits (Nr. 1) und dem Schlussverzeichnis andererseits (Nr. 2). Nach allgemeiner Meinung ist unter der Schlussrechnung das gesamte Rechnungswerk zu verstehen, das der Verwalter bei Abschluss des Verfahrens bzw. bei Ende seines Amtes zu erstellen hat. Dazu gehört neben der Einnahmen- und Ausgabenrechnung, der Schlussbilanz und dem Schlussberich...

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