Leitsatz (amtlich)

Bei der Beratung über Trennungsunterhalt und über die Voraussetzungen der Ehescheidung handelt es sich um zwei verschiedene Angelegenheiten.

 

Normenkette

BerHG § 2 Abs. 2; RVG § 44; BerHG § 1

 

Tenor

Auf die Erinnerung des Antragstellers vom 07.05.2009 wird der Beschluss des Amtsgerichts Detmold vom 17.06.2009 aufgehoben und dem Antragsteller Beratungshilfe gewährt.

Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei.

 

Gründe

Gemäß § 44 RVG erhält der Rechtsanwalt für die Tätigkeit im Rahmen der Beratungshilfe eine Vergütung nach § 2 Abs. 2 RVG i. V. m. Nrn. 2500 bis 2508 RVG-VV. Voraussetzung ist die Erteilung eines Berechtigungsscheins für Beratungshilfe außerhalb eines gerichtlichen Verfahrens in bestimmten Angelegenheiten (§ 2 Abs. 2 BerHG), die durch den Rechtsuchenden oder durch einen Rechtsanwalt beantragt werden kann. Dabei muss der Sachverhalt, für den Beratungshilfe beantragt wird, angegeben werden, und das Amtsgericht stellt dem Rechtsuchenden unter genauer Bezeichnung der "Angelegenheit" (§ 6 Abs. 2 BerHG) einen Berechtigungsschein für die Beratungshilfe durch einen Rechtsanwalt seiner Wahl aus.

Dabei erhält der Rechtsanwalt bei mehreren Angelegenheiten die vorgesehenen Festgebühren mehrmals, bei einer Angelegenheit nur einmal, auch wenn mehrere Besprechungen dieser einen Angelegenheit erfolgten. Auf den Umfang der Tätigkeit kommt es nicht an (vgl. zum Ganzen OLG Stuttgart, Beschluss vom 04. Oktober 2006, 8 W 360/06).

Begehrt der Rechtsanwalt - wie hier - Vergütung für mehrere Angelegenheiten im Sinne von § 2 Abs. 2 BerHG, kann er diese daher nur erhalten, wenn zum einen im Berechtigungsschein für die Beratungshilfe mehrere Angelegenheiten bezeichnet sind und er nachfolgend Tätigkeiten in mehreren benannten Angelegenheiten erbringt. So liegt der Fall hier.

Die Anträge auf nachträgliche Bewilligung der Beratungshilfe vom 18.03.2009 und 19.03.2009 umfassen zwei Angelegenheiten im Sinne von § 2 Abs. 2 BerHG:

Dies sind zum einen unter dem 18.03.2009 die Angelegenheit "Voraussetzung der Ehescheidung", zum anderen unter dem 19.03.2009 die Angelegenheit "Abwehr von Ehegattenunterhaltsanspruch".

§ 16 Nr. 4 RVG nimmt dieselbe Angelegenheit für eine Scheidungssache und die Folgesachen (§ 621 Abs. 1 Nr. 1 bis 9, § 623 Abs. 1 bis 3, Abs. 5 ZPO) an. Von diesen Begriffsbestimmungen ausgehend kann hierunter die Regelung des Zeitraums der Trennung vor der Ehescheidung nicht fallen. Die Trennungszeit wird nicht von der Scheidungssache umfasst und ihre Regelung gehört nicht zu den Folgesachen, in denen eine Entscheidung für den Fall der Scheidung zu treffen ist.

Die ZPO zieht eine zeitliche Grenze: Regelungen für die Zeit vor Rechtskraft der Scheidung können nicht mit dem Scheidungsausspruch verbunden werden. So kann Unterhalt für die Zeit vor Rechtskraft der Scheidung nicht als Folgesache geltend gemacht werden. Im Verbundverfahren kann ein Ehegatte vom anderen nur Unterhalt für die Zeit ab Rechtskraft der Scheidung verlangen (§§ 1569 ff BGB).

Für den Zeitraum vor der Scheidung gelten diese Regeln aber nicht. Entscheidender Zeitpunkt nach dem Gesetz ist die Scheidung. Begehrt der Antragsteller also einmal Beratung für den Trennungsunterhalt, also den Unterhalt vor Scheidung, und zum anderen Beratung dahingehend, ob die Voraussetzungen der Scheidung gegeben sind, liegen zwei Angelegenheiten vor.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 11 Abs.4 RPflG.

 

Fundstellen

Haufe-Index 3018282

FamRZ 2009, 2029

AG/KOMPAKT 2010, 15

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