Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 550,– DM abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

 

Tatbestand

Die Beklagt hat auf Grund schriftlichen Mietvertrages bei dem Beklagten die Wohnung im Anwesen Kirchstraße 21 in Darmstadt, 3. Obergeschoß, angemietet, für die Monate Januar bis Juni 1986 zahlte sie die monatlich im voraus bis spätestens zum 03. Werktag fällige Miete in Höhe von 316,24 DM monatlich nicht, im Hinblick darauf hat der Kläger mit der Klageschrift vom 06.06.1986 Räumungsklage erhoben und in dieser Räumungsklage sogleich die fristlose Kündigung wegen des Zahlungsverzuges erklärt. Die Klageschrift ist der beklagten am 28.06.1986 durch Niederlegung zugestellt worden.

Der Kläger ist der Auffassung, mit der Zustellung durch Niederlegung seien auch die an den Zugang einer Willenserklärung zu stellenden Anforderungen erfüllt.

Der Kläger beantragt,

die beklagte zu verurteilen, die von ihr innegehaltene Wohnung im Anwesen Kirchstraße 6100 Darmstadt, 3. Obergeschoß Osten, bestehend aus 3 Zimmern, Küche, Diele, Bad, Dusche und einem Bodenraum, zu räumen und an den Kläger herauszugeben.

Die beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die beklagte ist der Auffassung, der Zugangstatbestand sei nicht erfüllt. Sie trägt im übrigen vor, die Niederlegung sei nicht ordnungsgemäß vorgenommen worden. Eine Mitteilung über die Niederlegung habe sich nicht in ihrem Briefkasten befunden. Von der Rechtshängigkeit der Räumungsklage und der Kündigung habe sie nur mittelbar dadurch Kenntnis erhalten, daß ihr der ergänzende Schriftsatz des Klägers vom 24.06.1986 übermittelt worden sei.

Der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung vom 25.07.1986 trotz gerichtlichen Hinweises auf die Möglichkeit, eine Postauskunft zur Frage des Abholens der niedergelegten Zustellung zu beantragen, erklärt, es werde kein Sachvortrag dazu gehalten und lediglich Schriftsatznachlaß beantragt. Wegen der weiteren Einzelheiten des beiderseitigen Vorbringens wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

Die Klage ist nicht begründet. Zwar muß davon ausgegangen werden, daß die in der Klageschrift geschilderten Mietrückstände tatsächlich bestehen. Der Stand des Mietkontos unterliegt der eigenen Wahrnehmung der Beklagten, die sich darüber durch Rückfrage bei ihrem Ehemann vergewissern kann. Ein Bestreiten mit Nichtwissen ist deshalb unzulässig (§ 138 Abs. 4 ZPO). Der Kläger wäre deshalb sicher Berechtigt das Mietverhältnis gemäß § 554 Abs. 1 BGB fristlos zu kündigen. Indessen ist die Kündigungserklärung der Beklagten nicht zugegangen. Der Kläger hat im Termin zur mündlichen Verhandlung nicht bestritten, daß die am 28.06.1986 niedergelegte Sendung durch die Beklagte nicht abgeholt worden sei. Eine Gewährung von Schriftsatznachlaß gemäß § 283 ZPO kam nicht in Betracht. Auf das Bestreiten des Zugangs durch die Beklagte kam es nämlich im Endergebnis gar nicht an. Zur Schlüssigkeit der Räumungsklage gehört nämlich der Vortrag, daß das Mietverhältnis durch Zugang einer Kündigungserklärung beendet worden sei. Der Kläger hätte deshalb nicht nur die Erklärungen der Beklagten bestreiten, sondern sogar positiv behaupten müssen, daß die Willenserklärung zugegangen sei. Dies hat er nicht getan, obwohl das Gericht auf die Möglichkeit des Einholens einer Auskunft der Bundespost hingewiesen hat.

Demgemäß ist für die Entscheidung davon auszugehen, daß lediglich eine Niederlegung der Kündigungserklärung dargetan ist. Dies ist aber nicht ausreichend, um den Zugangstatbestand auszufüllen. Die durch den Kläger im nicht nachgelassenen Schriftsatz zitierte Entscheidung des Bundesgerichtshofes ist dem Gericht nicht bekannt, da nur der Leitsatz vorliegt, kann es sich indessen nach Auffassung des Gerichts auch nur um eine mißverständliche Wiedergabe der Urteilsgründe in dem diese verkürzenden Leitsatz handeln. Die durch den Gesetzgeber getroffene Entscheidung ist nämlich klar und eindeutig. Nach dem unmißverständlichen Wortlaut des § 132 Abs. 1 BGB kann nämlich bei empfangsbedürftigen Willenserklärungen der Zugang dann und nur dann durch die Zustellung durch Niederlegung ersetzt werden, wenn die Zustellung durch Vermittlung eines Gerichtsvollziehers bewirkt wird. Deshalb geht auch die Kommentarliteratur einhellig davon aus, daß die Mitwirkung des Gerichtsvollziehers unverzichtbar sei und weder eine Zustellung im unmittelbaren Parteiauftrag noch eine solche unter Vermittlung durch die Geschäftsstelle den Erfordernissen des § 132 Abs. 1 BGB genügten.

Diese durch den Gesetzgeber getroffene Entscheidung, an die das Gericht gebunden ist, ist auch keinesfalls so widersinnig, wie es auf den ersten Blick erscheinen mag. Dem Kläger ist zuzugeben, daß vom äußeren Erscheinungsbild her der Zustellungsvorgang bei einem Zustellungsersuchen des Gerichtsvollziehers...

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