Leitsatz (amtlich)

Der Umstand, dass ab einer Geldbuße von 40 EUR eine Eintragung ins Verkehrszentralregister droht, führt dazu, dass die Angelegenheit für den Betroffenen von überdurchschnittlicher Bedeutung ist. Dadurch kann unterdurchschnittlicher Aufwand ausgeglichen werden.

 

Tenor

Der Kostenbescheid der Stadt Bielefeld vom 25.6.2010 wird abgeändert und die dem Betroffenen zu erstattenden Auslagen auf insgesamt 464,10 EUR festgesetzt.

Die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen des Betroffenen trägt die Staatskasse.

 

Gründe

I.

Der Verteidiger des Betroffenen beantragt,

den Kostenfestsetzungsbescheid der Stadt Bielefeld vom 25.6.2010 abzuändern und die Kosten des Bußgeldverfahrens gemäß dem Antrag vom 20.4.2010 festzusetzen.

Die Stadt Bielefeld hat gegen den Betroffenen am 3.8.2009 einen Bußgeldbescheid wegen Nichteinhaltung des erforderlichen Sicherheitsabstandes zum vorausfahrenden Fahrzeug erlassen. Dem Betroffenen wurde eine Geldbuße von 315 EUR auferlegt. Hiergegen hat der Verteidiger des Betroffenen Einspruch eingelegt und diesen mit Schreiben vom 3.9.2009 nochmals begründet. Bereits zuvor wurde im Verwaltungsverfahren mit Schreiben vom 31.7.2009 von dem Verteidiger eine Einlassung abgegeben. Mit Verfügung vom 14.4.2010 nahm die Stadt Bielefeld den Bußgeldbescheid zurück und stellte das Verfahren ein.

Mit Kostenentscheidung vom selben Tag wurden die dem Betroffenen entstandenen notwendigen Auslagen der Stadtkasse auferlegt. Mit Rechnung vom 20.4.2010 beantragten die Prozessbevollmächtigten des Betroffenen die Gebührenfestsetzung wie folgt:

Grundgebühr, Nr. 5100 VV RVG

85,00 EUR

Verfahrensgebühr, Nr. 5103 VV RVG

135,00

Zusatzgebühr, Nr. 5115 VV RVG

135,00

Dokumentpauschale für Ablichtungen, Nr. 7000 Nr.1 VV RVG

3,00

14,50

Auslagenpauschale, Nr. 7002 VV RVG

20,00

Akteneinsichtskosten

12,00 E

Umsatzsteuer 19%, Nr. 7008 VV RVG

74,10 E

Gesamtbetrag

464,10

Mit Kostenfestsetzungsbescheid vom 25.6.2010 setzte sie Stadt Bielefeld die Kosten wie folgt fest:

Grundgebühr, Nr. 5100 VV RVG

85,00

EUR

Verfahrensgebühr, Nr. 5103 VV RVG

75,00

Zusatzgebühr, Nr. 5115 VV RVG

75,00

EUR

Kopiekosten, Nr. 7000 VV RVG

3,00

Auslagenpauschale, Nr. 7002 VV RVG

20,00

EUR

Umsatzsteuer 19%, Nr. 7008 VV RVG

49,02

EUR

Akteneinsichtskosten

12,00

Gesamtbetrag

319,02 E

Zur Begründung führt die Stadt Bielefeld aus, der Umfang und die Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit seien in diesem Verfahren als unterdurchschnittlich einzuordnen. Außerdem ging es vorliegend um eine Geldbuße von 315 E, also um ein Bußgeld im Bereich des unteren Beitragsrahmens. Zudem habe die Sache für die Betroffene wirtschaftlich auch nur eine geringe Bedeutung gehabt. Es sei kein Fahrverbot verhängt worden. Es seien somit eine Grundgebühr und eine Verfahrensgebühr jeweils im unteren Bereich des Gebührenrahmens von 75 EUR angemessen.

Zudem sei die Aktenversendungspauschale lediglich ein durchlaufender Posten, der nicht der Umsatzsteuer unterliegt.

Dagegen wenden sich die Prozessbevollmächtigten des Betroffenen und tragen vor, dass hier die Mittelgebühr anzusetzen ist, da es sich um einen Durchschnittsfall handele. Zudem könne die Höhe der verhängten Geldbuße nicht allein Anknüpfungspunkt der Bemessung der anwaltlichen Tätigkeit sein. Abzustellen sei auch auf die drohenden Punkte im VZR, eine etwaige Vorbelastung oder ein drohendes Fahrverbot bzw. eine Fahrerlaubnisentziehung durch die Verwaltungsbehörde

Das Gericht hat ein Gebührengutachten der Rechtsanwaltskammer Köln eingeholt.

Nachdem die notwendigen Auslagen des Betroffenen nach der Kostenentscheidung der Stadt Bielefeld von dieser zu tragen sind, hat die Stadt Bielefeld grundsätzlich der Betroffenen die Gebühren ihres Prozessbevollmächtigten zu erstatten.

Die Stadt Bielefeld hat in diesem Fall die Gebühren nach Nrn. 5103 und 5115 VV RVG fehlerhaft jeweils auf 75 EUR gekürzt.

Bei den im Ordnungswidrigkeitenverfahren anfallenden Rahmengebühren hat der Rechtsanwalt gemäß § 14 Abs.1 RVG die Gebühr im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände, vor allem des Umfangs und Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, der Bedeutung der Angelegenheit sowie der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Auftraggebers nach billigem Ermessen zu bestimmen. Auch wenn die Gebühr von einem Dritten zu ersetzen ist, gelten die gleichen Kriterien wie gegenüber dem Mandanten. Denn es ist nicht ersichtlich, dass unter Berücksichtigung aller Kriterien von einer Unterdurchschnittlichkeit ausgegangen werden kann; ebenso ist eine Überschreitung der Mittelgebühr nicht gerechtfertigt. Soweit die Stadt Bielefeld hierbei auf den Umfang der anwaltlichen Tätigkeit abstellt, so bezieht sich dies allein auf die nach außen getretene Tätigkeit, ohne den gesamten zeitlichen Aufwand der Mandatsbearbeitung zu berücksichtigen. Mit dem Kriterium des Umfangs der anwaltlichen Tätigkeit ist der zeitliche Aufwand gemeint, der jedoch in Ordnungswidrigkeitenverfahren maßgeblich durch den Mandantenkontakt und weniger durch nach außen tretende Schriftsätze ...

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