Tenor

1. Die einstweilige Verfügung vom 10.04.2000 wird aufrechterhalten.

2. Die Beklagte wird im Wege der einstweiligen Verfügung unter Vermeidung eines Ordnungsgeldes bis zu …, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, die am Geschäftsführer zu vollstrecken ist, verböten, im Gebäude …, oder auf den dazugehörigen Hofflächen Kameras zu installieren.

3. Die Kosten des Verfahrens trägt die Beklagte.

 

Tatbestand

Die Verfügungskläger (im folgenden: Kläger) sind aufgrund von Verträgen mit den Voreigentümern Mieter von Wohnungen im Hause … Die Verfügungsbeklagte (im folgenden: Beklagte) hat das Grundstück erworben und ist im Mai 1999 auf Vermieterseite in die Mietverträge eingetreten. In der Zeit von Januar bis März 2000 kam es insgesamt achtmal zu Schmierereien an den Wänden im Durchgang zum ersten Hof, die sich jeweils gegen den Geschäftsführer der Beklagten richteten. Außerdem wurde insgesamt zweimal der Gartenzaun mit einem Bolzenschneider durchtrennt. Am 17. März 2000 ließ die Beklagte auf dem Grundstück mehrere Videokameras installieren, um den Eingangsbereich des Hauses (Durchgang zum ersten Hof) sowie des Gartens und des Gartenhauses überwachen zu können. Die Beklagte ließ inzwischen auch Hinweisschilder anbringen mit dem Inhalt „Achtung Videoüberwachung”.

Die Kläger machen geltend, sie fühlten sich pausenlos beobachtet, sobald sie ihre Wohnungen verließen. Es sei nicht auszuschließen, daß die von den Kameras aufgenommenen Bilder gespeichert würden. Die Installation und der Betrieb der Kameras stellten einen schwerwiegenden Eingriff in ihr Persönlichkeitsrecht dar.

Auf Antrag der Kläger hat das Gericht am 10. April 2000 eine einstweilige Verfügung erlassen, durch die der Beklagten aufgegeben worden ist, sämtliche im Gebäude …, installierten Kameras zu entfernen. Die Beklagte hat dagegen Widerspruch eingelegt.

Die Kläger beantragen nunmehr,

  1. die einstweilige Verfügung vom 10. April 2000 aufrechtzuerhalten,

    hilfsweise, der Beklagten aufzugeben sämtliche im Gebäude … angebrachten Schilder zu entfernen, die auf eine Videoüberwachung des Grundstücks hinweisen;

  2. der Beklagten im Wege der einstweiligen Verfügung unter Vermeidung eines Ordnungsgeldes bis zu … ersatzweise Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, die am Geschäftsführer zu vollstrecken ist, zu verbieten, im Gebäude … oder auf den dazugehörigen Hofflächen Kameras zu installieren.

Die Beklagte beantragt,

die einstweilige Verfügung aufzuheben (bzw. den Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Verfügung zurückzuweisen).

Die Beklagte macht geltend, die Videoüberwachung sei derzeit infolge von Diebstahl und Sachbeschädigung funktionsunfähig. Sie habe im übrigen nur dem Schütze ihres Eigentums und der Gefahrenabwehr gedient und nicht der Veröffentlichung der Aufnahmen. Diese würden vielmehr nach 24 Stunden wieder gelöscht, nur wenn sich Sachbeschädigungen im Hause ereignet hätten, würden die Bänder mit den Aufzeichnungen der Polizei übergeben. Der von den Kameras überwachte Durchgang zum ersten Hof und der Garten seien allgemein zugängliche Bereiche, diese gehörten nicht zum Schutzbereich der Privatsphäre der Mieter. Ein weniger einschneidendes Mittel zur Abwehr der wiederholt vorgekommenen Eigentums- und Ehrverletzungen stehe nicht zur Verfügung.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

 

Entscheidungsgründe

Die einstweilige Verfügung vom 10. April 2000 war auf den Widerspruch der Beklagten auf ihre Rechtmäßigkeit zu prüfen. Dies führte zu ihrer Bestätigung. Im übrigen war der Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Verfügung bezüglich des Antrages zu 2. gemäß § 940 ZPO, 823, 1004 BGB Art. 1, 2 GG begründet.

Die Kläger haben wegen Verletzung ihres durch § 823 Abs. 1 in Verbindung mit § 1004 BGB geschützten, aus Artikel 1 und 2 Grundgesetz hergeleiteten allgemeinen Persönlichkeitsrechts Anspruch auf die Entfernung der von der Beklagten im Hause … installierten Videokameras und auf Unterlassung der erneuten oder anderweitigen Installation solcher Kameras auf dem Grundstück. Es ist allgemein anerkannt, daß insbesondere die Herstellung eines Bildnisses ohne Einwilligung des Abgebildeten einen unzulässigen Eingriff in dessen allgemeines Persönlichkeitsrecht darstellen kann (vgl. BGH NJW 57, 1315; BGH NJW 66, 2353; BGH NJW 75, 2075). Das gilt nicht nur, wenn Abbildungen einer Person im privaten Bereich zum Zwecke der Veröffentlichung angefertigt werden, sondern auch für die Herstellung von Bildern einer Person in öffentlich zugänglichen Bereichen und ohne Verbreitungsabsicht, z.B. durch Filmaufzeichnungen mittels Videogerät (vgl. BGH NJW 95, 1955, 1957). Ob und in welchem Umfang bereits die Fertigung solcher Bilder rechtswidrig und unzulässig oder aber vom Betroffenen hinzunehmen ist, kann nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nur unter Würdigung aller Umstände des Einzelfalls durch eine Güter- und Interessenabwägung unter Beachtung der rechtlich geschützten Positionen der Beteiligten festgestellt werden.

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