Tenor

1. Es wird festgestellt, dass der Beklagte nicht berechtigt ist, von den Klägern als Nachforderung zu den Betriebskosten die Zahlung von 119,82 EUR für das Jahr 2001 und 119,82 EUR für das Jahr 2002 zu verlangen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 % des aufgrund dieses Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leisten.

4. Die Berufung wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Kläger begehren die Feststellung, dass eine Nachberechnung einer im Jahr 2003 erhöhten Grundsteuer für die Jahre 1999 bis 2002 unzulässig ist.

Die Kläger sind Mieter, der Beklagte Vermieter einer Wohnung des Hauses in Berlin. Der Mietvertrag bestimmt eine kalenderjährliche Abrechnung der Nebenkosten.

Am 03.12.2003 erhielt der Beklagte Bescheide über Grundsteuernachbelastungen für die Jahre 1999 bis 2002, welche auf 16 Mietparteien umgelegt werden konnten.

Die Bescheide legte der Beklagte am 08.12.2003 seinem Steuerberater zur Prüfung vor. Er erhielt am 29.12.2003 die Stellungnahme, dass die Bescheide rechtmäßig seien.

Mit Schreiben vom 20.01.2004 berechnete der Beklagte den Klägern die Nachbelastungen für das Jahr 1999 in Höhe von 99,85 EUR, das Jahr 2000 in Höhe von 131,81 EUR, das Jahr 2001 in Höhe von 119,82 EUR und das Jahr 2002 in Höhe von 119,82 EUR.

Mit Schreiben vom 02.02.2004 wiesen die Kläger die Nachbelastung als nicht unverzüglich zurück. Mit Schreiben seiner Hausverwaltung vom 05.02.2004 hielt der Beklagte an der Nachberechnung fest. Auf die ausdrückliche Aufforderung der Kläger mit Schreiben vom 17.11.2004 und 20.05.2005, die nachberechnete Grundsteuer nicht mehr gegenüber den Klägern geltend zu machen, reagierte der Beklagte nicht.

Die Kläger sind der Ansicht, die Nachberechnung sei gem. § 556 Abs. 3 BGB bzw. § 20 Abs. 3 NMV 1970 ausgeschlossen, da sie verspätet erfolgt sei.

Die Kläger beantragen,

festzustellen, dass der Beklagte nicht berechtigt ist, von den Klägern die Zahlung von insgesamt 471,30 EUR zu verlangen, die er als Nachforderung zu den Betriebskosten für die Jahre 1999 bis 2002 (für das Jahr 1999: 99,85 EUR, das Jahr 2000: 131,81 EUR, das Jahr 2001: 119,82 EUR und das Jahr 2002: 119,82 EUR).

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte ist der Ansicht, ihm sei eine dreimonatige Frist zur Nachberechnung einzuräumen. Er habe die Rechtsmittelfrist der Steuerbescheide von einem Monat ausschöpfen dürfen.

 

Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig und im entschiedenen Umfang begründet.

I.

Ein Feststellungsinteresse ist gegeben. Die Kläger haben ein berechtigtes Interesse, zu wissen, ob sie die nachberechnete Grundsteuer an den Beklagten zahlen müssen. Der Beklagte hat auf den Widerspruch der Kläger gegen die Nachberechnung seine Forderung ausdrücklich aufrecht gehalten. Auf die entsprechende Forderung der Kläger, von einer Geltendmachung Abstand zu nehmen, hat er keine Erklärungen abgegeben. Die Kläger sind damit weiterhin der Gefahr ausgesetzt, dass der Beklagte gegebenenfalls unter Inanspruchnahme gerichtlicher Hilfe die Nachberechnung geltend macht. Wie § 556 BGB verdeutlicht, wird ein rechtliches Interesse eines Mieters, ob und inwieweit er mit Nachforderungen aus Betriebskostenabrechnungen rechnen muss, auch vom Gesetzgeber ausdrücklich anerkannt, indem nach Ablauf eines Jahres Nachforderungen ausdrücklich ausgeschlossen werden. In Folge der Nachberechnung und des fehlenden anschließenden Verzichtes auf die nachberechneten Nebenkosten besteht ein rechtliches Interesse der Kläger, ob und inwieweit sie dem Beklagten zur Zahlung tatsächlich verpflichtet sind. Die Kläger sind nicht gehalten, abzuwarten, ob überhaupt und wenn, an einem von ihnen nicht zu beeinflussenden Zeitpunkt, der Beklagte die nachberechnete Forderung gegebenenfalls gerichtlich im Wege der Leistungsklage ihnen gegenüber tatsächlich einfordert.

II.

Der Beklagte ist mit einer Nachberechnung der Grundsteuern für die Jahre 1999 in Höhe von 99,85 EUR und 2000 in Höhe von 131,81 EUR nicht ausgeschlossen (vgl. LG Berlin, GE 2005, 1249 f).

1.

§ 556 Abs. 3 S. 3 BGB ist auf die Abrechnungsjahre 1999 und 2000 nicht anwendbar. Diese Vorschrift betrifft gem. Art. 229 § 3 Abs. 9 EGBGB nur Abrechnungszeiträume, die nach dem 01.09.2001 geendet haben.

2.

§ 20 Abs. 3 NMV ist auf die nachträgliche Abrechnung von Nebenkosten bei nicht preisgebundenem Wohnraum nicht analog anwendbar.

Die Neubaumietverordnung beinhaltet besondere Vorschriften für den Bereich des preisgebundenen Wohnraums und weicht daher insoweit bewusst von den allgemeinen Regelungen des Bürgerlichen Gesetzbuches ab. Aufgrund des Aufnahmecharakters der NMV gegenüber dem BGB ist eine analoge Anwendung auf lediglich dem BGB unterliegende Mietverhältnisse ausgeschlossen. Das streitgegenständliche Mietverhältnis betrifft keinen preisgebunden...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge