Entscheidungsstichwort (Thema)

Ehescheidung und deren Folgen

 

Tenor

1. Der Gebührenstreitwert der Folgesache „elterliche Sorge” wird vorläufig mit 2.500,– DM, der Gebührenstreitwert der Folgesache „Versorgungsausgleich” abschließend mit 4.791,36 DM, der des Unterhaltsantrags im SdH I (einstweilige Anordnung) abschließend mit 5.007,72 DM festgesetzt.

2. Das Verfahren auf vorläufige Festsetzung des Gebührenstreitwerts für den Verfahrensgegenstand „Ehescheidung” wird gemäß Art. 100 I gg ausgesetzt.

3. Es wird die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zu der Auffassung eingeholt:

§ 12 Abs. 2 Satz 1 GKG in der derzeitigen Fassung ist mit dem Grundgesetz insoweit unvereinbar und deshalb nichtig, als danach auch für Ehescheidungssachen der Gebührenstreitwert für die Gerichtskosten und – gemäß § 8 Abs. 1 Satz 1 BRAGO – zugleich und vor allem für die Rechtsanwaltskosten unten anderem auch nach den „Einkommens- und Vermögensverhältnissen der Parteien” nach Ermessen zu bestimmen ist.

 

Tatbestand

A. I.

Die jetzt 41 Jahre alte Antragstellerin und der jetzt 42 Jahre alte Antragsgegner haben einander in jeweils erster Ehe am 26.01.1973 geheiratet. Aus ihrer Ehe ist der am 03.01.1975 gebotene Sohn Goetz hervorgegangen. In 1979 haben die Eheleute die am 24.06.1972 geborene Tochter Antje adoptiert, die seit Ende 1984 in einer Pflegestelle der Stadt Altena lebt. Die Ehefrau ist mit 14 (aus 28) Stunden, der Ehemann voll beschäftigt; ihr Einkommen wird mit ca. 1.770,– DM/Monat netto, das seine mit 4.750,– bis 4.950,– DM/Monat netto angegeben. Daneben soll die Ehefrau noch Zinserträge aus angelegtem Kapital mit monatlich 200,– bis 400,– DM haben. Die Parteien haben das Einfamilienhaus je zu 1/2-Anteilen erworben, in dem sie zusammen wohnten und in dem – nach der Trennung seit 01.02.1985 – der Ehemann mit dem Sohn Goetz wohnt. Der Verkehrswert des Hauses ist nicht bekannt. Die Ehefrau gibt den Mietwert mit 1.440,– DM, der Ehemann diesen mit 1.000,– DM an. Seine monatlichen Aufwendungen für das Haus gibt sie mit 1.850,– DM, er mit 1.950,– DM an. Dabei handelt es sich um Grundbesitzabgaben, Kreditversicherungsprämien, Tilgung und vor allem Zinsen. Die Ehefrau soll ca. 45.000,– DM ererbtes Kapital haben. Als Unterhalt für Antje zahlt der Ehemann monatlich 558,50 DM (an die Pflegestelle), seinen Unterhalt für Goetz nehmen beide mit 625,– DM an. Die Ehefrau zahlt für Antje 326,50 DM Unterhalt, und an die Ehefrau zahlt der Ehemann monatlich 400,– DM Unterhalt.

Der Ehemann war dem Scheidungsbegehren der Ehefrau vom Januar 1986 (nach 1jähriger Trennung) nicht entgegengetreten. Beide, schlugen vor, die elterliche Sorge für Goetz ungeteilt zu lassen. Dasselbe strebte der Ehemann wegen der elterlichen Sorge für Antje an, während die Ehefrau insoweit die elterliche Sorge für sich allein begehrte. Kurz vor dem (ersten) Termin vom 26.05.1986 wurde mitgeteilt, die Ehefrau sei jetzt mit den Vorstellungen des Ehemanns einverstanden. Das Jugendamt berichtete, beide Eltern hätten sich nicht genügend um Antje gekümmert, es schlage vor, die elterliche Sorge für Antje dem Jugendamt als Vormund zu übertragen. Das Jugendamt hatte ferner mitgeteilt, die Parteien hätten dort erklärt, durch Gespräche über Antjes weiteres Schicksal hätten sie sich wieder unterhalten, eine Rücknahme des Scheidungsantrags sei denkbar. Auf die Frage des Richters (§ 279 ZPO) zu Beginn der Sitzung an die Ehefrau, ob sie noch scheidungswillig sei, erklärte sie, eine Aussöhnung sei denkbar, das habe sie vorher auch schon ihrem Anwalt gesagt, sie wolle jedenfalls zur Zeit nicht geschieden werden. Die Sache wurde deshalb auf unbestimmte Zeit vertagt (neuer Termin auf Antrag).

II.

Die Anwälte haben die Festsetzung der Gebührenstreitwerte beantragt, soweit diese schon jetzt ermittelt werden können, und die vorläufige Festsetzung für die Verfahrensgegenstände, in denen die Werte noch Änderungen unterliegen könnten.

Diese Anträge sind zulässig, § 9 Abs. 2 BRAGO (i.V.m. § 17 BRAGO). Die Sache ist z.Z. zur Ruhe gekommen, die Anwälte könnten Vorschüsse von den Parteien verlangen, und deren Höhe bestimmt sich im wesentlichen nach der Höhe der ihnen schon entstandenen und voraussichtlich noch entstehenden Gebühren; diese wiederum hängen von der Höhe der Streitwerte ab. Auch die Parteien selbst haben ein berechtigtes Interesse an der Feststellung der Gebührenwerte um überschauen zu können, was bisher an Kosten entstanden ist und welche noch auf sie zukommen könnten. Eine Festsetzung des Wertes in nicht vermögensrechtlichen Angelegenheiten führt, wenn die Festsetzung vor Abschluß der Sache erfolgt, deshalb immer nur zu einem vorläufigen Wert (Gerold/Schmidt, BRAGO, 8. Aufl., 1984, Nr. 39 zu § 9, Seite 223), weil (u.a.) Bedeutung und Umfang der Sache (§ 12 II Satz 1 GKG) sich noch ändern können.

Die Werte für den Versorgungsausgleich und das Verfahren auf einstweilige Anordnung sind gemäß §§ 17 a, 20 II GKG einfach zu errechnen und beruhen auf diesen Vorschriften (Jahresbetrag des Versorgungsausgleichs...

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